Sozialpolitik:Koalitionäre widersprechen Forderungen zur Rente

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Wirtschaftsweise Schnitzer fordert, die Beitragssätze jetzt anzuheben, um die Babyboomer-Generation, noch an der Finanzierung ihres Ruhestands zu beteiligen. (Foto: imago images/Greatstock)

Die Wirtschaftsweise Schnitzer will das Eintrittsalter an die Lebenserwartung koppeln, SPD und Grüne lehnen dies ab.

Von Roland Preuß

Die Forderungen der Wirtschaftsweisen Monika Schnitzer zur Finanzierung der Renten rufen bei den Regierungsfraktionen der Ampelkoalition Widerspruch hervor. Insbesondere Schnitzers Vorschlag, das gesetzliche Rentenalter mit der allgemeinen Lebenserwartung zu verknüpfen, wurde parteiübergreifend kritisiert. "Wir haben keine Pläne, das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung zu koppeln, und das wäre auch nicht sinnvoll", sagte Martin Rosemann, der sozialpolitische Sprecher der SPD im Bundestag, am Montag. Der Sozialdemokrat verwies darauf, dass die Regelaltersgrenze bis 2031 ohnehin schrittweise ansteigt bis auf 67 Jahre.

Ähnlich äußerte sich der Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch. "Es wird mit der Ampel weder Rentenkürzungen noch eine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters geben", sagte er. Die Koalition werde den Beitragssatz der Beschäftigten zur Rente "stabil unter 20 Prozent" halten.

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Schnitzer hatte im Interview mit der SZ gefordert, dass Beschäftigte für jedes Jahr zusätzlicher Lebenserwartung acht Monate länger arbeiten sollen. Hochgerechnet würde dies ein Renteneintrittsalter von 69 Jahren im Jahr 2061 bedeuten. Sie verlangte zudem, die Beitragssätze jetzt anzuheben, um die Babyboomer-Generation, die bald in Rente geht, noch an der Finanzierung ihres Ruhestands zu beteiligen. Daneben sollten besonders hohe Renten in Zukunft abgeschmolzen werden. Wer doppelt so viel in die Rentenkasse eingezahlt hat, würde damit nicht mehr automatisch doppelt so viel herausbekommen, hatte Schnitzer gesagt.

Rosemann sagte dagegen, den eingezahlten Beiträgen in die Rentenkasse müssten auch entsprechende Leistungen gegenüberstehen. Dieses Prinzip sei verfassungsrechtlich geschützt. Der FDP-Sozialexperte Pascal Kober sagte, man wolle durch eine stärkere Zuwanderung von Fachkräften und die sogenannte Aktienrente die Lage der Rentenkasse verbessern. Für die Aktienrente will der Bund zehn Milliarden Euro am Kapitalmarkt anlegen, um damit später einen Teil der Renten zu finanzieren. Fachleute sind sich allerdings einig, dass dieser Betrag noch viel zu gering ist und erst in einigen Jahren Wirkung entfalten könnte. Höhere Rentenbeiträge, die von Beschäftigten und Arbeitgebern getragen werden müssten, lehnte Kober ab. Gerade in der gegenwärtigen Situation müsse man mit weiteren Belastungen für Bürger und Unternehmen "sehr vorsichtig sein".

Auch aus der Unionsfraktion kam Kritik an Schnitzers Forderungen. Er sehe derzeit "keinen Handlungsbedarf, die Regelaltersgrenze weiter zu erhöhen", sagte der sozialpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Stracke. Eine Abschmelzung hoher Renten sei "im höchsten Maße ungerecht", wenn so ausgerechnet den Leistungsträgern der Gesellschaft die Rente gekürzt würde. Die Münchner Wirtschaftsprofessorin Schnitzer sitzt dem Sachverständigenrat der Wirtschaftsweisen vor, die die Bundesregierung beraten.

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