Artenschutz:Nicht karg genug für die Ödlandschrecke

Artenschutz: Auf Betreiben von Norbert Steinmeier (Zweiter von Links) und seinen Mitstreitern vom Bund Naturschutz veranlasst Martina Hermes (vorne) die überfällige Pflege des Biotops.

Auf Betreiben von Norbert Steinmeier (Zweiter von Links) und seinen Mitstreitern vom Bund Naturschutz veranlasst Martina Hermes (vorne) die überfällige Pflege des Biotops.

(Foto: privat)

Der Bund Naturschutz moniert, dass die Autobahndirektion eine künstliche Kiesbank bei Aschheim zuwachsen lässt. Die will sich nun um das Biotop kümmern.

Von Anna-Maria Salmen, Aschheim

Biotope müssen dicht begrünt und von wild wachsenden Pflanzen geprägt sein - das ist die gängige Vorstellung. Was man in Aschheim nahe dem Speichersee und östlich des Birkenhofs versteckt zwischen Feldern entdeckt, passt auf den ersten Blick überhaupt nicht zu diesem Bild. Die circa 1,1 Hektar große, von trockenem Schilf und kahlem, rötlich schimmernden Weidengestrüpp gesäumte Fläche besteht vor allem aus Kies. Üppiges Grün sucht man hier vergebens, das Areal wirkt karg und alles andere als einladend für Tiere. Doch der Schein trügt, sagt Norbert Steinmeier, Vorsitzender der Ortsgruppe des Bundes Naturschutz (BN) für Aschheim, Feldkirchen und Kirchheim. Das Biotop - eine Ausgleichsfläche der Autobahn-GmbH des Bundes - könne gerade wegen seines nährstoffarmen Bodens zum wertvollen Lebensraum für bestimmte Arten werden.

Artenschutz: Vögel wie der Flussregenpfeifer brüten normalerweise auf Kiesbänken an Flüssen. Sie sollen in dem Gebiet eine Heimat finden.

Vögel wie der Flussregenpfeifer brüten normalerweise auf Kiesbänken an Flüssen. Sie sollen in dem Gebiet eine Heimat finden.

(Foto: Erhard Nerger/imago images/imagebroker)

In der Natur entstehen ähnliche Flächen normalerweise durch Hochwasser an Flüssen, wie Steinmeier erläutert. Denn fließendes Gewässer transportiert Kies, der sich dann zu Bänken ablagert. Auf die dort herrschenden schwierigen Bedingungen haben sich dem Naturschützer zufolge gewisse Tiere spezialisiert, darunter Vögel wie Bachstelzen oder Flussregenpfeifer, die dort während der Durchreise rasten und nach Nahrung suchen können.

Artenschutz: Auch Insekten wie die Blauflügelige Ödlandschrecke sind auf Kiesflächen angewiesen.

Auch Insekten wie die Blauflügelige Ödlandschrecke sind auf Kiesflächen angewiesen.

(Foto: F. Perseke/dpa)

Auch verschiedene Heuschrecken, zum Beispiel die Blauflügelige Ödlandschrecke, finden hier die passende Umgebung. Nährstoffarme Kiesflächen wirken zwar zunächst lebensfeindlich, aber, so Steinmeier: "Diese Arten brauchen weniger Nährstoffe und sind gut an diesen Lebensraum angepasst." Auf nährstoffreichen Flächen würden sie wiederum gegen die herkömmlichen Arten nicht bestehen können. "Wir brauchen also beides."

"Das Ziel für diese Fläche ist eigentlich wenig bis gar keine Vegetation."

Aktuell jedoch verhindern die wild wuchernden Weiden, dass das Biotop in Aschheim seine Funktion optimal erfüllen kann. "Das Ziel für diese Fläche ist eigentlich wenig bis gar keine Vegetation", sagt Steinmeier. "Normalerweise versucht man ja, so viel Natur wie möglich zu erhalten, aber in diesem Fall muss es sein, dass man die Weiden entfernt."

Dass das gar nicht so einfach ist, haben die Mitglieder des BN bereits festgestellt, wie Steinmeier erzählt. Mit Biotoppflegeteams habe man in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde und der Autobahndirektion schon versucht, den Bewuchs zu entfernen. Schnell habe sich aber gezeigt, dass per Hand wenig zu erreichen ist. Steinmeier demonstriert das an einem winzigen, nicht einmal kniehohen Gestrüpp: Auch wenn er fest daran zieht, bleibt es im Boden, es ist schon zu tief verwurzelt.

Um die Weiden zu entfernen, ist also der Einsatz für Maschinen nötig, zuständig ist dafür die Niederlassung Südbayern der Autobahn-GmbH, die ehemalige Autobahndirektion Südbayern. Dass das bislang noch nicht umgesetzt wurde, begründet deren Vertreterin Martina Hermes mit der enormen Zahl der Ausgleichsflächen, die im Einsatzbereich der Direktion gepflegt werden müssen. Mehr als 1400 Hektar solcher Areale gibt es in ganz Südbayern. Sie stets alle gleichzeitig perfekt in Schuss zu halten, ist laut Hermes so gut wie unmöglich.

Für das Aschheimer Biotop ist nun jedoch eine Lösung in Sicht. Wie Hermes mitteilt, soll die beauftragte Firma in Kürze mit der Entfernung der Weiden beginnen. Noch vor Ende Februar müssen die Arbeiten abgeschlossen sein, denn dann beginnt die Nistzeit. Bald soll das Biotop also wieder einen optimalen Lebensraum für die an Kiesflächen gewöhnten Tiere bieten.

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