SZ-Kulturpreis Tassilo:In der Musik zu Hause

SZ-Kulturpreis Tassilo: Jakob Muehleisen hat sich im Alter von 17 Jahren als Musiker selbstständig gemacht.

Jakob Muehleisen hat sich im Alter von 17 Jahren als Musiker selbstständig gemacht.

(Foto: Nila Thiel)

Jakob Muehleisen hat sich mit 17 Jahren als Singer-Songwriter selbstständig gemacht, zu seinen Förderern zählt die Band "Jamaram". Aktuell arbeitet der Weßlinger an seinem dritten Album.

Von Patrizia Steipe, Weßling

"An der Musik richte ich mein Leben aus, sie ist das Licht, das mich leitet, der Ankerpunkt, der hilft." Wenn der 22-jährige Weßlinger Jakob Muehleisen von seiner Leidenschaft spricht, fangen seine Augen zu leuchten an. Und da es für ihn nichts anderes als Musik gibt, hat er folgerichtig nach seiner Mittleren Reife an der Realschule Herrsching keine Ausbildung begonnen oder sich auf der Fachoberschule angemeldet. "Ich habe mich 2018 mit 17 Jahren mit meiner Musik selbstständig gemacht", sagt er. Es sind seitdem zwar erst ein paar Jahre vergangen, aber für ihn ist die Entscheidung "das Beste, was ich machen konnte".

Im Grunde seines Herzens ist Jakob Muehleisen, der in Dießen und Herrsching aufgewachsen ist, Straßenmusiker. Mit neun Jahren hatte er seine ersten Auftritte am Ammersee. Neben dem Applaus für das Gitarrenspiel gab es reichlich Münzen für den jungen Künstler, "das hat mich total begeistert". Dabei war der kleine Jakob ein zurückhaltendes Kind und litt unter seinem Stottern. "In der Grundschulzeit war das schlimm für mich", erinnert er sich. Rückblickend sei es die Musik gewesen, die ihn therapiert habe. "Ohne sie wäre ich heute wohl komplexbeladen", resümiert er.

Die ersten eigenen Songs entstanden mit neun Jahren

Die Musikstücke im Gitarrenunterricht nachzuspielen, langweilten den Jungen bald. Die ersten eigenen Songs entstanden mit neun Jahren. So wie andere ihre Träume und Erlebnisse in Tagebüchern festhalten, verarbeitet der Singer-Songwriter sie in seinen Liedern. Es sind oft nachdenkliche, melancholische Stücke. Dazu passt die Stimme mit dem warmen Timbre und der leichten Rauheit, die etwas Jungenhaftes ausstrahlt. Mittlerweile gesellen sich zu den ruhigen Stücken welche mit "deutlich mehr Pep", so Muehleisen, viele mit einem Rock- und Reggae-Einschlag. Er habe erst lernen müssen "richtig loszulassen und sich freizusingen".

Seit vier Jahren ist Muehleisen Mitbewohner in der Weßlinger-WG der Band "Jamaram", die Muehleisen schon mehrmals als Support auf die Bühne geholt hat. Im Übungsraum im Keller sind seine Gitarren, die anderen Instrumente und das Tonstudio.

Während der Corona-Pandemie war das finanzielle Überleben für den jungen Künstler natürlich schwer. Die Zeit hat er aber genutzt, um an seiner Technik zu feilen. Neben Gitarre und Bass spielt er ein wenig Klavier und Schlagzeug. Langsam pendeln sich seine Engagements wieder auf dem Level von vor 2020 ein. "2019 hatte ich etwa 80 Konzerte im Jahr, 2022 waren es von März an bereits wieder 60", freut er sich - und das in ganz Deutschland und im benachbarten Ausland.

Der Gitarrist tritt in verschiedenen Formationen auf. "Das Hauptprojekt sind meine Solokonzerte als Jakob Muehleisen." Viel Erfolg hat seine Band "A Story for Reflection", die 2015 gegründet wurde und mit der er 2020 den Kulturpreis der Stadt Landsberg am Lech gewonnen hat. Die Fans der Indie-Pop-Rock-Konzerte schätzen die gute Partystimmung bei den Auftritten. Am 31. März tritt er mit den Musikern Tom Hauser und Melli Zech für ein "Triple Concert" in den Groundlift Studios in Stegen am Ammersee auf. Im Moment kann sich Muehleisen seine Auftritte noch nicht aussuchen, er nimmt auch Angebote an, die nicht so prickelnd sind. Aber auch das gehört dazu, um weiterzukommen. Für Muehleisen steht auf alle Fälle fest: "Es geht mir nie besser, als auf Tour zu sein und jeden Abend auf der Bühne zu stehen."

Daneben produziert Muehleisen Songs. Auf Youtube am erfolgreichsten ist das Lied "In Memories" mit der Band "A Story for Reflection" mit rund 440 000 Klicks. Am 27. Januar erscheint ein neuer Song vom Album "Directions Never Change".

Seit drei Jahren arbeitet der Musiker an einer Trilogie, die "Liberty, Love, Time" heißen soll. In ihnen spiegelt sich ein wenig die Reifung von einem Schüler zu einem selbstständigen jungen Mann. Im ersten Album "A Butterfly Sees the Moon" geht es um das Ende der Schulzeit, um das Wohin und die Freiheit. Das zweite - "An Island in Argentina - dreht sich um Liebe und Gefühle und beim dritten, "A Scenario We Are Living In", das bald erscheinen soll, stehen gesellschaftliche Fragen im Mittelpunkt. "Das ist das Album, an dem ich am längsten arbeite", gesteht er. Es ist Muehleisens Drang zum Perfektionismus, der das Projekt verzögert, denn: "Jede Sekunde soll spannend und interessant sein." Außerdem wartet der Bürokram, Social Media müssen bestückt, E-Mails beantwortet, Termine ausgemacht, Kontakte geknüpft und Akquise in eigener Sache betrieben werden.

Er kann sich vorstellen, nach Wien zu ziehen

Bei all dem bleibt für Straßenmusik kaum Zeit. Ein "Barde unterwegs" ist Muehleisen aber geblieben. Oft packt er einen kleinen Koffer und seine Gitarre, setzt sich in den Zug und reist an Orte, an denen er Inspiration für seine Songs bekommt. Zum Beispiel im kleinen Bauernhaus in der Nähe des Gardasees, das dem Großvater gehört, oder in eine quirlige Metropole wie Wien, wo er sich vorstellen könnte, einmal hinzuziehen.

Sein nächstes Projekt sind Lieder mit deutschen Texten. Bisher sei es auf Englisch leichter und "nicht so peinlich" gewesen, gerade Gefühle auszudrücken, berichtet Muehleisen. Doch mittlerweile hat er genug Selbstbewusstsein und Lust, sich "mit dem deutschen Wortschatz gezielter auszudrücken". Einen Song auf Deutsch gibt es sogar schon, er heißt "Maulwurf". Der temperamentvolle, leicht ironische Refrain lädt zum Mitsingen ein: "Bist überall dabei, doch nirgendwo richtig, aber die Nikes sitzen gut und du bist so wichtig - was wären wir ohne dich." Und dann möchte sich Muehleisen mit einem Aufnahmegerät auf die Reise machen und seine Erlebnisse gemeinsam mit Musikern, die er auf dem Weg trifft, musikalisch als Reisealbum umsetzen.

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