Österreich:Vorstoß gegen politische Korruption

Lesezeit: 2 min

Die Regierungsklausur soll demonstrieren, wie gut die Koalition in Österreich kooperiert: Bundeskanzler Karl Nehammer (r.) und Vizekanzler Werner Kogler. (Foto: Georges Schneider/Imago)

Die Regierungskoalition in Wien präsentiert verschärfte Gesetze gegen Mandatskauf und Bestechlichkeit im Amt.

Von Cathrin Kahlweit, Wien

Die schwarz-grüne Koalition in Österreich, die in Umfragen gemeinsam nur noch auf etwas mehr als 30 Prozent der Stimmen kommt, ist vor den Toren Wiens zu einer Arbeitsklausur zusammengekommen, die zeigen soll, dass die Regierung höchst aktiv ist und gut kooperiert.

Präsentiert wurden von Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) mehrere Maßnahmen, die unter die Rubrik Klimaschutz fallen, wiewohl das eigentliche Klimaschutzgesetz weiter auf sich warten lässt: Umweltverträglichkeitsprüfungen beschleunigen, Photovoltaik erleichtern, Biogasproduktion ausbauen - Österreichs Medien interpretierten die Ergebnisse als ehrenwert, aber wenig weitreichend. Nehammer zeigte sich in einem ORF-Interview am Mittwochabend denn auch sichtlich angefasst, als der Moderator vor allem nach all dem fragte, was seit Langem versprochen ist und doch liegen geblieben sei.

Den Clou hatte man sich, nach eigener Lesart, aber ohnehin für den Donnerstag aufgehoben, als Justizministerin Alma Zadić (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) die ebenfalls auf der Klausur beschlossene und lange erwartete Reform des Korruptionsstrafrechts vorstellten. Kernpunkte sind zwei große Lücken, die man nun endlich geschlossen habe, wie Zadić sagte: das Verbot des Mandatskaufs und die Strafbarkeit von Zusagen für "pflichtwidrige Amtsgeschäfte" durch Bewerber für politische Ämter.

Schon Kandidaten machen sich strafbar, wenn sie Sittenwidriges versprechen

Ersteres bedeutet, dass es künftig verboten ist, Parteiverantwortliche dahingehend zu bestechen, dass sie dem Wunschkandidaten des Auftraggebers zu einem politischen Mandat etwa als Abgeordneter verhelfen. Hintergrund ist unter anderem ein konkreter Fall, in dem Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, gegen eine Millionenzahlung von ukrainischen Oligarchen, 2013 einen quasi Unbekannten in den Nationalrat gehievt haben soll. Die Ermittlungen wurden eingestellt - auch, weil "die Erstellung einer Wahlliste kein Amtsgeschäft und damit Mandatskauf als Bestechlichkeit nicht strafbar" war.

Künftig soll es außerdem strafbar sein, "wenn ein Kandidat für ein Amt einen illegalen Vorteil fordert oder sich versprechen lässt". Das bedeutet, dass sich nicht nur Amtsträger selbst, sondern auch schon Kandidaten für politische Ämter strafbar machen, wenn sie für die Zeit nach ihrer Wahl Sittenwidriges versprechen.

Kostenlos abonnieren
:SZ Österreich-Newsletter

Was ist los in Österreich? Alles zu Österreich in der SZ. Jeden Freitag per Newsletter. Gleich kostenlos anmelden.

Auch für diesem Reformschritt gibt es in der österreichischen Politik ein schmerzliches Beispiel: Im Video von einem Treffen Straches mit einer vermeintlichen Oligarchennichte auf Ibiza verspricht der Politiker, der bald darauf Vizekanzler der Regierung von Sebastian Kurz werden sollte, zahlreiche Geschäfte, die den Tatbestand des Amtsmissbrauchs und der Untreue erfüllt hätten.

Zudem plant die Koalition den automatischen Amtsverlust für Mandatsträger nach einer Verurteilung zu mehr als sechs Monaten Haft sowie schärfere Strafen bei Bestechungsdelikten mit mehr als 300 000 Euro. Dabei wagte sich Verfassungsministerin Edtstadler mit ihrem Diktum, dies sei vermutlich das "schärfste Antikorruptionsgesetz der Welt", erstaunlich weit vor. Denn etwa die Erhöhung von Strafen bei hohen Bestechungssummen fordert die OECD seit Langem; und dass Mandatskauf möglich war, galt immer als Absonderlichkeit des österreichischen Rechts. Pikant war die Pressekonferenz auch, weil beide Koalitionspolitikerinnen auf die massiven Korruptionsvorwürfe gegen die ÖVP aus den vergangenen Jahren nicht eingingen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

MeinungÖsterreich
:Zum Staunen und Wundern

Das Comeback eines engen Vertrauten von Ex-Kanzler Sebastian Kurz und Mitbeschuldigten in der Inseratenaffäre beweist: In Österreichs Politik ist offenbar alles möglich.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: