Münchner Bahnhofsviertel:Einigung im Millionenstreit um Motel One

Der seit August 2021 bestehende Baustopp für das Motel One an der Schillerstraße ist beendet.

Der seit August 2021 bestehende Baustopp für das Motel One an der Schillerstraße ist beendet.

(Foto: Robert Haas)

Erst ging es ums Grundwasser, dann um angebliche Straftaten - am Ende aber einfach um viel Geld: Investor und Nachbarn legen ihren Rechtsstreit um das Projekt an der Schillerstraße bei, das Hotel kann gebaut werden.

Von Sebastian Krass

Das Ende dieser außergewöhnlichen und phasenweise kuriosen Geschichte aus dem Immobilienmarkt kommt nach knapp zwei Jahren, und es kommt mit ein paar wenigen Sätzen. Es lohnt sich, sie in Gänze wiederzugeben: "Die Veröffentlichungen u.a. vom 28.01.2022, 29.01.2022 und 05.02.2022 berichteten über die Nachbarschaftsauseinandersetzungen bei dem Projekt ,Motel One' in der Schillerstraße in München. Die damals von der Bauherrin erhobenen Anschuldigungen werden nicht aufrechterhalten. Die Parteien erklären, eine einvernehmliche Einigung erzielt zu haben. Die Parteien haben Stillschweigen vereinbart und bitten von weiteren Anfragen abzusehen."

Die Sätze bedeuten zunächst eines: Der Streit um ein angebliches Grundwasserproblem ist - mutmaßlich gegen Zahlung einer Millionensumme - beigelegt und der seit August 2021 bestehende Baustopp somit hinfällig, das neue Hotel an der Schillerstraße 3, direkt am Hauptbahnhof, kann gebaut werden. Zugleich runden die Sätze ein kleines Sittengemälde aus der Münchner Immobilienbranche ab. Sie zeigen, dass sich auch die ärgsten vermeintlichen Probleme und Vorwürfe - etwa überschwappendes Grundwasser, Angst vor neuer Konkurrenz, Baustopp, Erpressung, Verleumdung - aus der Welt schaffen lassen, wenn nur die richtige Menge Geld fließt.

Rückblende zum Beginn der Geschichte: Die Grünwalder Immobilienfirma Concrete Capital, gegründet vom Unternehmer und Autorennfahrer Hubert Haupt, will gemeinsam mit Motel One ein 269-Zimmer-Haus für die Hotelkette bauen. Das passt der Unternehmerfamilie Milchiker nicht, die nebenan das Hotel Schiller 5 betreibt. Mit ihrem Anwalt Benno Ziegler reichen sie im Frühjahr 2021 eine Petition im Landtag ein. Sie führen an, dass die neue Tiefgarage nebenan das Grundwasser aufstauen und Schäden an ihrem Gebäude verursachen könnte. Sie klagen auch gegen die von der Stadt München erteilte wasserrechtliche Erlaubnis für das Bauvorhaben und bekommen in zwei Instanzen Recht.

Die Gerichtsurteile führen zum Baustopp. Denn ohne die fragliche Genehmigung der Stadt darf Concrete Capital nicht bauen. 200 000 Euro pro Monat koste sie das, sagt Peter Fritsche, Geschäftsführer und Mitgesellschafter von Concrete. Zur Einordnung: Das gesamte Investitionsvolumen ist auf 100 Millionen Euro beziffert. Es gibt Verhandlungen über eine gütliche Einigung. 1,5 Millionen Euro soll Concrete-Gründer Haupt den Nachbarn bieten, damit sie ihre Rechtsmittel zurückziehen. Später sollen sogar 2,8 Millionen Euro im Raum stehen, im Herbst 2021 gibt es wohl einen entsprechenden "Letter of intent".

Auf Nachfragen halten beide Seiten dicht

Doch dann wechselt Concrete die Strategie, Haupt und Fritsche engagieren den - inzwischen verstorbenen - Star-Anwalt Wolf-Rüdiger Bub und lassen den Deal platzen. Im Januar 2022 lädt Bub, vermittelt von einem PR-Agenten aus Berlin, ausgewählte Journalisten zu Einzelterminen in seine Kanzlei. In düsteren Farben stellt er die Gegenseite als kriminell dar: Sie habe sich der versuchten Erpressung schuldig gemacht, sie nutze ihren juristischen Vorteil aus, indem sie eine im Vergleich zum drohenden Grundwasserschaden "völlig unangemessene Geldsumme" fordere. Bub beruft sich auf ein eigens angefertigtes Rechtsgutachten. Strafanzeige erstatten wollen er und Concrete gleichwohl nicht. Der gegnerische Anwalt Ziegler wiederum reagiert mit der Ankündigung, Strafanzeige wegen Verleumdung zu stellen.

Strafrechtlich passiert ist dann nichts. Stattdessen liefen die Gespräche weiter, mit einer für Concrete unangenehmen Verhandlungsposition. Rechnet man den reklamierten monatlichen Verlust hoch, hat allein der Baustopp mindestens 3,4 Millionen Euro gekostet. Und da sind die in der Zwischenzeit explodierten Baukosten und Zinsen nicht eingerechnet.

Natürlich wüsste man gern, welches Preisschild die "einvernehmliche Einigung" nun hat. Aber auf Nachfragen halten beide Seiten dicht. Dass es letztlich vor allem ums Geld ging, das dementiert aber keiner. Bleibt die Frage, wie schnell die Bauarbeiten nun weitergehen und wann das neue Hotel fertig wird. Doch auch das will Concrete nicht mitteilen.

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