Natur- und Umweltschutz:Wassersport in Ruhezonen

Lesezeit: 3 min

Wenn die Kite-Surfer wie hier am Starnberger See im vorigen Winter mit hohem Tempo auf dem Wasser gleiten, sollten sie die Ruhezonen für rastende Vögel besser meiden. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Kite-Surfer und SUP-Fahrer fahren auch im Winter auf die Seen. Damit schrecken sie Zugvögel auf und nehmen den Tieren so die nötigen Kraftreserven. Umweltschützer setzen auf Einsicht durch Aufklärung.

Von Benjamin Engel, Starnberg/Bad Tölz-Wolfratshausen

Wenn die Vögel wie hier an der Roseninsel im Starnberger See aufgescheucht werden, verbrauchen sie unnötig wichtige Kraftreserven. (Foto: Andrea Gehrold/oh)

Wer im Winter zum Kitesurfen oder mit dem Stand-Up-Board auf die Voralpenseen geht, muss Freude daran haben, sich bei den kühleren Temperaturen auf dem Wasser zu bewegen. Was den Menschen gut tut, kann für Wasservögel aber schnell problematisch werden. Der Starnberger See zählt - neben dem Ammer- und Chiemsee - zu deren wichtigsten Überwinterungszielen in Bayern und ist obendrein wie die beiden anderen Gewässer Ramsar-Schutzgebiet. In einer freiwilligen Vereinbarung ist geregelt, dass Wassersportler zwischen November und März die Ruhezone im südlichen Teil einer Linie von Ambach nach Bernried meiden sollen. Denn die scheuen Wasservögel schrecken bei Störungen besonders rasch auf und verbrauchen so Energiereserven, die sie für den späteren Weiterflug dringend benötigen.

Trotzdem hat die Sankt Heinricher Fischermeisterin Susanne Huber das Gefühl, dass immer mehr Stand-Up-Paddler selbst im Winter ihr Board auf ihrem Grund ganz am Südostzipfel des Starnberger Sees zu Wasser lassen. "Welche besondere Bedeutung der See als Rückzugsgebiet hat, wissen viele nicht", meint sie, nachdem sie einige Wassersportler angesprochen hat. Auf ihre Mitinitiative hin will der Landesbund für Vogelschutz (LBV) am See heuer neue Hinweistafeln aufstellen lassen, um für die Problematik zu sensibilisieren. Mehr derartige Aufklärungstätigkeit und dafür zusätzliches Personal nach dem Vorbild der Isarranger hätte auch Friedl Krönauer gerne, der Vorsitzende des Bund Naturschutz im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen.

Der Starnberger See ist Ramsar-Schutzgebiet. Dort überwintern seltene Vögel wie der Eistaucher,... (Foto: Christian Haass/oh)
...Ohrentaucher... (Foto: Ev i& Hauke Clausen-Schaumann/oh)
...oder die Eisente. (Foto: Peter Witzan/oh)

Doch erst einmal zurück an den Starnberger See. Dort überwintern laut LBV-Gebietsbetreuerin Andrea Gehrold derzeit knapp 20 000 Vögel. Darunter fänden sich bis zu 30 verschiedene Arten - von den weit verbreiteten Blässhühnern, Tafel- und Kolbenenten bis zu Prachttauchern, seltenen Eistaucher-Exemplaren oder Hauben- und Ohrentauchern. Für viele Vögel seien gerade die Flachwasserzonen mit Schilfgürteln wichtige Rückzugsgebiete, erklärt Gehrold. "Um an Wasserpflanzen und Muscheln als Nahrung zu kommen, können die meisten Wasservögel nur bis zu einer gewissen Tiefe tauchen."

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Der südliche Teil des Starnberger Sees unterhalb einer Linie zwischen Ambach und Bernried, ein Streifen vor Ammerland, aber auch der Nordbereich oberhalb von Berg und Pöcking zählen daher zu den Ruhezonen für den Winter. Für kleinere Seeflächen wie an der Sankt Heinricher Bucht, bei Seeseiten, im Karpfenwinkel und an der Roseninsel gilt dies sogar ganzjährig. So sollen die Vögel dort möglichst ungestört bleiben. Dafür existieren freiwillige Vereinbarungen mi Wassersportlern, Fischern, Jägern und Werften. Vorzeige-Charakter hätten die Segler, die ihren Betrieb im Winter ganz einstellten, sagt Gehrold. Doch auch die Betreiber von Surf- und Stand-Up-Paddle-Schulen sowie von Verleihstationen hielten sich an die Regelung. Wer aber nur privat an den See fahre, sein Brett startklar mache und aufs Wasser gehe, wisse oft gar nichts davon.

Daher auch das Projekt mit den Hinweistafeln, so Gehrold. "Da soll eine Ruhezonenkarte drauf, um sich grob orientieren zu können. Außerdem soll erklärt werden, warum es für die Vögel wichtig ist, nicht aufgeschreckt zu werden." Gerade die Zugvögel reagierten besonders scheu auf Störungen. Daher sollten die Wassersportler mindestens 300 bis 400 Meter Abstand von ihnen halten und abdrehen, wenn sie einen großen Vogelschwarm sehen. Das Freiwilligkeitsprinzip sollte aber nach Ansicht von Gerhold für alle Regeln gelten. "Wenn wir nur alles verbieten, können wir die Leute nicht so mitnehmen", sagt sie. An sich sei es etwas Schönes, wenn sich die Leute in der Natur bewegten. Gewisse Plätze müssten aber frei von Menschen bleiben, damit es noch Wildnis geben könne.

Vor allem bei Föhnwind lockt es Surfer und Kite-Surfer an den Kochelsee. (Foto: Manfred Neubauer)

Als Spaßverderber will auch der Tölzer BN-Kreisvorsitzende Krönauer nicht auftreten. Die Menschen sollten ihren Freizeitsport ausüben, sagt er. "Wir haben aber nicht das unbegrenzte Recht, die Natur für unser Vergnügen in Anspruch zu nehmen." Der Druck von Ausflüglern auf den Kochelsee sei immens. An starken Föhntagen seien selbst im Winter sofort die Kite-Surfer auf dem Wasser. Gleichzeitig überwinterten dort viele seltene und geschützte Vogelarten. Das Gebiet um die Loisach-Kochelseemore sei eine Special Protection Area (SPA), ein Vogelschutzgebiet von europäischer Bedeutung. Die Flachwasserzonen und Schilfgürtel böten beste Bedingungen für Nahrung und Deckung. "Das sind die idealtypischen Attribute für ein Überwinterungsgebiet."

Wassersportler sollen daher die Zone am Nordwestufer und vor dem Sporn südlich des Kurparks ganzjährig meiden. Daran hielten sich laut Krönauer aber beileibe nicht alle. Die bisherige Beschilderung werde nicht ausreichend wahrgenommen, so der BN-Vorsitzende. Die Regelungen müssten besser kommuniziert werden. Zugleich brauche es mehr Besucherlenkung. Ähnlich wie am Walchensee sollten seiner Vorstellung nach Ranger eingesetzt werden, um aufzuklären. "Wir müssen Grenzen aufzeigen, das gebietet der Zustand." Obendrein seien die Loisach-Kochelseemoore im Sommer noch Wiesenbrütergebiet.

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