Sozialpolitik:Bayern verfehlt selbst gestecktes Ziel der Barrierefreiheit bis 2023

Sozialpolitik: Ulrike Scharf, (CSU) Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales, nimmt nach der Sitzung des bayerischen Kabinetts an einer Pressekonferenz teil.

Ulrike Scharf, (CSU) Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales, nimmt nach der Sitzung des bayerischen Kabinetts an einer Pressekonferenz teil.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Ministerin Ulrike Scharf verweist auf Erfolge etwa bei staatlichen Gebäuden. Landtagsgrüne sprechen von trauriger Bilanz.

Von Johann Osel

Bayerns Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) hat eingeräumt, dass es bei der Barrierefreiheit im Freistaat nicht so schnell vorangeht wie einst gedacht - verwies aber auf Fortschritte bei staatlichen Gebäuden. Im Kabinett von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) stellte der bayerische Behindertenbeauftragte am Montag seinen Bericht vor. Der Journalist Holger Kiesel, der sich aufgrund seiner Körperbehinderung seit der Schulzeit in Vereinen und Initiativen für das Thema engagiert, ist übrigens der einzige der acht Beauftragten der Staatsregierung, der nicht als Berufspolitiker im Landtag sitzt.

Vor gut zehn Jahren hatte der damalige Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) verkündet, Bayern werde 2023 "komplett barrierefrei" sein. Sozialministerin Scharf sagte am Montag nach dem Kabinett, sie sei überzeugt, dass die Teilhabe von behinderten Menschen in Bayern selbstverständlicher geworden ist, "in der Bewusstseinsbildung sind wir sehr weit gekommen". Sie ergänzte aber, dass die Ansage mit dem barrierefreien Freistaat binnen zehn Jahren damals zu ehrgeizig gewesen sei.

"Bayern barrierefrei" bleibe das Ziel: zum Beispiel rund 63 Prozent der 3000 staatlichen Gebäude seien bereits barrierefrei zugänglich. "Der Wert wird sicherlich beim nächsten Bericht noch besser sein", sagte die Ministerin. Die Landtagsgrünen dagegen nannten die 63 Prozent "beschämend" und eine "traurige Bilanz", er beziehe sich auch nur auf Gebäude wie Ministerien oder staatliche Museen. "Die meisten Menschen im Land betrifft das kaum."

Die Chancengleichheit für Menschen mit Behinderung sei generell zentrales Thema, rund zwölf Prozent der Bevölkerung betreffe das, so Scharf. Der Freistaat unterstütze Inklusion mit jährlich fast fünf Milliarden Euro, etwa für Behinderten- und Eingliederungshilfe, den Übergang von Beschäftigten von Werkstätten in den allgemeinen Arbeitsmarkt oder Freifahrten im Nahverkehr. Mit Blick auf die Landtagswahl am 8. Oktober kündigte sie an, dass die Wahllokale barrierefrei sein sollen und Wahlunterlagen für alle verständlich ohne Hürden formuliert werden; daran werde gerade zusammen mit dem Innenministerium gearbeitet.

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