Reutlingen:Ermittlungen wegen Mordverdachts nach Brand in Pflegeheim

In dem Heim für psychisch Kranke in Reutlingen war am Dienstagabend ein Feuer ausgebrochen. Unter Verdacht steht eine Bewohnerin, die selbst schwer verletzt wurde.

Nach dem Brand mit drei Toten in einem Pflegeheim für psychisch kranke Menschen in Reutlingen ermittelt die Tübinger Staatsanwaltschaft wegen Mordverdachts. Im Fokus steht laut Mitteilung der Polizei vom Mittwoch eine 57 Jahre alte Bewohnerin, die bei dem Brand schwer verletzt wurde. Gegen sie werde wegen Verdachts des dreifachen Mordes und elffachen Mordversuchs ermittelt, teilten die Behörden mit. Bei dem Brand waren zwei Männer und eine Frau ums Leben gekommen, elf Bewohner des Hauses wurden verletzt.

Nach bisherigen Erkenntnissen sei das Feuer am Dienstag gegen 19.40 Uhr im Obergeschoss des Hauses im Zimmer der Verdächtigen ausgebrochen. Die kriminaltechnische Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen. Auch über ein mögliches Tatmotiv der Frau, die eine psychische Erkrankung habe, sei noch nichts bekannt. Die 57-Jährige sei derzeit noch nicht ansprechbar und werde in einer Spezialklinik behandelt. Nach Polizeiangaben handelt es sich bei den drei Toten um eine 53-jährige Frau und zwei Männer im Alter von 73 und 88 Jahren. Sie kamen den Rettungskräften zufolge durch Rauchgasvergiftungen ums Leben.

Erste Löschwagen seien sechs Minuten nach Eingehen des Notrufs am Brandort gewesen, sagte Einsatzleiter Martin Reicherter. Zu diesem Zeitpunkt sei das Feuer aber bereits weitgehend erloschen gewesen. "Der Zustand der Räumlichkeiten ließ aber auf eine hohe Intensität schließen", sagte Reicherter.

In der Pflegeeinrichtung in der baden-württembergischen Stadt leben psychisch kranke Menschen mit gleichzeitigem Pflegebedarf. Nach Angaben des ärztlichen Leiters ist das Heim eine Einrichtung der Eingliederungshilfe für Menschen, die mindestens 50 Jahre alt sind. Sie leben längerfristig dort. Als der Brand ausbrach, befanden sich der Polizei zufolge 37 Bewohner und fünf Pflegekräfte in dem Gebäude. Der vom Brand betroffene Teil des Gebäudes ist nicht mehr bewohnbar, die Schadenshöhe dürfte laut ersten Schätzungen im sechsstelligen Bereich liegen.

Unklar ist noch die genaue Situation in der Wohngruppe während des Brandes. Feuerwehr und Stadt geben an, es hätten außer der Tür zu dem Raum, in dem das Feuer ausgebrochen sei, "20 weitere Türen geöffnet" werden und weitere Räume durchsucht werden müssen. Da die Menschen in ihren eigenen Wohnungen wohnten, könnten sie diese auch abschließen, sagte der Reutlinger Oberbürgermeister Thomas Keck (SPD). Nicht geklärt ist bislang, ob auch einzelne Zimmer abgeschlossen waren. Die Stiftung Patientenschutz fordert in derartigen Einrichtungen Generalschlüssel, die in einem Schlüsselsafe hinterlegt werden. Dieser müsse sich bei Auslösen einer aufgeschalteten Brandmeldeanlage automatisch öffnen.

Oberbürgermeister Keck hatte sich nach dem Brand erschüttert gezeigt. "Es ist ein schwarzer Abend für Reutlingen", sagte er am Dienstagabend bei der Pressekonferenz am Unglücksort. Der Geschäftsführer der Einrichtung, Gerhard Längle, sagte: "Es ist schlichtweg eine Katastrophe." Einsatzleiter Reicherter berichtete: "Es war eine enorme psychische Belastung auch für die Trupps, die da drin waren." Man habe die "psychologische Nachsorge alarmiert".

Zur SZ-Startseite

SZ PlusDresdner Juwelendiebstahl
:"Ich war der Meisterdieb, mit dem alle reden und feiern wollten"

Im Prozess um den Einbruch ins Grüne Gewölbe legen drei Angeklagte Geständnisse ab. Sie schildern, wie sie einen der spektakulärsten Museumseinbrüche planten und durchzogen - und welche Rolle ein Schulausflug dabei spielte.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: