3:1 gegen Hertha BSC:Bochum zieht sich am eigenen Schopf aus der Abstiegszone

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Alles richtig gemacht: Keven Schlotterbeck feiert den ersten Sieg im ersten Spiel mit Bochum. (Foto: Christof Koepsel/Getty)

Dem aus Freiburg geliehenen Keven Schlotterbeck gelingt beim 3:1 gegen Hertha BSC ein fulminanter Einstand. Auch dank Torjäger Philipp Hofmann feiert der VfL unter dem neuen Trainer Thomas Letsch den fünften Sieg im neunten Spiel.

Von Ulrich Hartmann, Bochum

Multitasking ist kein Problem für einen wie Keven Schlotterbeck. Der Schwabe ist 25 Jahre alt, in seiner Generation versteht man sich blind auf die parallele Bewältigung verschiedenster elektronischer Herausforderungen. Nun ist Schlotterbeck vor allem Fußballprofi, aber auch als solcher hat er in seinem ersten Spiel für den Ruhrgebietsklub VfL Bochum genau das hingekriegt: ein traumwandlerisches Multitasking.

Beim 3:1 (2:0)-Sieg im Kellerduell gegen Hertha BSC hat Schlotterbeck, soeben vom SC Freiburg nach Bochum verliehen, in der Innenverteidigung auf Anhieb ein überzeugendes Spiel abgeliefert, in der 44. Minute hat er nach einem Eckball per Kopf auch noch die 2:0-Führung erzielt und zwischendurch hat er sogar mal einen Blick auf die Anzeigetafel werfen können, wo immer wieder die Zwischenstände seines Heimat- und Herzensklubs Freiburg aufflackerten, der zur gleichen Zeit beim VfL Wolfsburg eine unschöne 0:6-Klatsche erlitt. Nach seinem ersten Spiel für Bochum ist Schlotterbeck deshalb gefragt worden, ob dem SC Freiburg nun womöglich ein versierter Innenverteidiger fehle, und da hat er erst mal laut gelacht.

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In Freiburg war Schlotterbeck in dieser Saison kaum zum Einsatz gekommen, deshalb ist ihm die Leihe nach Bochum sehr recht. Der VfL-Trainer Thomas Letsch schenkte ihm auch gleich im ersten Pflichtspiel das Vertrauen und stellte ihn in der Startelf an die Seite des Ukrainers Ivan Ordets. Nach elf Minuten erlitt Bochum zwar einen kleinen Schock, weil Herthas Lucas Tousart vermeintlich die Berliner Führung erzielte. Doch weil der Ball 20 Sekunden zuvor im Tor-Aus gewesen war, zählte der Treffer nicht - trotz wütender Proteste der Berliner gegen den Eingriff des Videoreferees. Das Ruhrstadion atmete auf, die Bochumer Spieler atmeten auf, Schlotterbeck atmete auf. Zumal der VfL seinerseits kurz darauf durch ein Kopfballtor des Sturmhünen Philipp Hofmann (1:0/22.) bereits die Weichen auf Sieg stellte.

Keven Schlotterbeck erzielt das 2:0. (Foto: Sebastian Räppold/Matthias Koch/Imago)

Mit einer 2:0-Pausenführung gegen konsternierte Berliner brachte Bochum den dritten Ligasieg in Serie und den vierten Heimsieg nacheinander souverän ins Ziel. Durch Hofmanns sechsten Saisontreffer zum 3:0 in der 57. Minute und trotz des Berliner Ehrentreffers durch Suat Serdar (87.) gelang Schlotterbeck in Bochum ein perfektes Debüt. Der VfL sprang erstmals in dieser Saison aus der Abstiegszone.

Unter dem Trainer Thomas Reis mit sechs Niederlagen in die Saison gestartet, holten die Bochumer unter dem neuen Coach Letsch, Ende September von Vitesse Arnheim gekommen, bislang in neun Ligaspielen fünf Siege und also 15 Punkte. "Nie mehr zweite Liga", sangen die Fans am Samstag immer wieder, weil sie das Gefühl haben, dass es passt mit Letsch. Der Trainer und die Mannschaft scheinen sich menschlich und fußballerisch zu verstehen.

Die WM-Pause hat Bochum offenbar geholfen

Die fast zweieinhalbmonatige WM-Pause hat den Bochumern zusätzlich geholfen. Eine Saisonvorbereitung mit dem VfL hatte Letsch ja nicht, da kam ihm die ellenlange Winterruhe sehr gelegen, um seinen Spielern tiefergehend zu erklären, wie er sich Fußball vorstellt. "Wir spielen jetzt noch mehr so, wie der Trainer das will", sagt der Mittelstürmer Hofmann, der aus nicht ganz uneigennützigen Gründen froh ist, dass Letsch der Mannschaft auch predigt, doch bitte öfter aufs Tor zu schießen und öfter in den Strafraum zu flanken, weil dort der baumhohe Hofmann lauert.

"Ich sage den Kollegen immer wieder: Bringt den Ball in die Box!", witzelt Hofmann - und Letsch gibt seinem Torjäger Recht: "Die Physis ist Philipps Stärke, er liebt es, sich in die Gegenspieler hineinzuwerfen, er ist ein echter Neuner und für uns ein wichtiger Spieler." Sechs Saisontore sind schon jetzt eine starke Bilanz für den 29-Jährigen, der zuvor nie in der Bundesliga gespielt hat, sondern für Paderborn, Ingolstadt, Kaiserslautern, Fürth und Karlsruhe immer in der zweiten Liga.

So zieht sich der VfL Bochum, ganz im Gegensatz zur abstürzenden Hertha, sukzessive am eigenen Schopf aus dem Schlamassel, mit einem Torjäger namens Hofmann und mit einem neuen Innenverteidiger namens Schlotterbeck, der der ältere Bruder ist von jenem Nationalspieler Nico Schlotterbeck, der mittlerweile bei Borussia Dortmund spielt und also auch nicht mehr beim SC Freiburg. Für Keven Schlotterbeck jedoch bleibt Freiburg Heimat, denn er ist nur bis zum Sommer nach Bochum verliehen und besitzt in Freiburg einen langfristigen Vertrag.

Wie gut ihm denn sein perfektes Debüt im Ruhrpott gefallen habe, ist er nach dem Sieg gegen Berlin gefragt worden, aber da hat Schlotterbeck direkt mal dementiert, dass es perfekt gewesen sei. "Als Abwehrspieler nervt mich, dass wir kurz vor Schluss noch ein Gegentor bekommen haben", sagte er, "zu Null wäre dieser Sieg schöner gewesen." Womöglich hat ihn Freiburgs parallele Klatsche am Ende ja doch ein bisschen irritiert und abgelenkt.

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