VfL Wolfsburg:Highspeed für den Fanatiker

VfL Wolfsburg: Fürsorgliche Begleitung: Patrick Wimmer wird nach seiner Verletzung von Trainer Kovac in Empfang (rechts) genommen.

Fürsorgliche Begleitung: Patrick Wimmer wird nach seiner Verletzung von Trainer Kovac in Empfang (rechts) genommen.

(Foto: Eibner/Imago)

Patrick Wimmer ist beim 6:0 gegen Freiburg erneut einer der herausragenden Wolfsburger. Sein Beispiel zeigt, wie es Trainer Niko Kovac gelungen ist, die Verspieltheit einiger Profis auf ein verträgliches Maß zu regulieren.

Von Thomas Hürner, Hamburg/Wolfsburg

Es ist nicht bekannt, ob Patrick Wimmer und Niko Kovac jemals darüber gesprochen haben. Es braucht aber nicht viel Fantasie, um sich eine Fachdebatte vorzustellen, die der Flügelmann des VfL Wolfsburg und sein Trainer über jene Aktion führen könnten, mit der Wimmer vor exakt einem Jahr erstmals so etwas wie nationale Aufmerksamkeit erregte. "Geiler Move!", dürfte Wimmers Meinung über seinen eigenen Trickpass sein. "Ineffektiver Kinderkram!", würde Kovac daraufhin entgegnen, um selbsteinschränkend festzustellen: "Aber dieses Mal war dieser Kinderkram halt ausnahmsweise effektiv..."

Das Kunststückchen, das Wimmer damals noch im Trikot von Arminia Bielefeld zur Aufführung brachte, hat sogar einen eigenen Fachbegriff: Rabona. Als Meister des Rabona gilt der eher ineffektive Fußballer Ricardo Quaresma, dessen aufreizender Spielstil von deutschen Fans wahrscheinlich mit Pfiffen und Bierduschen quittiert würde. Wimmer traute sich in einem Spiel gegen Eintracht Frankfurt dennoch: Mit seinem starken Schussbein kreuzte er das schwächere Standbein, hintenrum, zum Beinknäuel. Dann löffelte Wimmer mit dem rechten Fuß eine präzise Flanke in den Strafraum, die ein Mitspieler per Kopf zum Treffer für die Arminia verwertete. Sieht schick aus, wenn es gelingt. Sieht aber auch sehr schräg aus, wenn man es damit übertreibt, siehe Ricardo Quaresma.

Der Disziplinfanatiker Kovac hat sein Team auf Effizienz getrimmt

In dieser ein Jahr alten Szene steckt einiges drin, das auch für den Wolfsburger 6:0-Heimsieg am Samstag gegen den SC Freiburg eine gewisse Relevanz hatte. Denn Wimmer, 21, war nicht nur einer der besten Akteure in einer herausragenden VfL-Mannschaft, die dem vormals Zweitplatzierten aus dem Breisgau so zusetzte, dass dem SC-Trainer Christian Streich der Begriff "Demut" noch mal deutlich leichter von den Lippen ging, als das bei ihm ohnehin üblich ist. Der Auftritt des Österreichers erhärtete überdies den Eindruck, dass es dem Disziplinfanatiker Kovac gelungen ist, das natürliche Zockergen einiger VfL-Spieler auf ein verträgliches Maß zu regulieren: Die schicke Nummer ist nicht gänzlich untersagt - aber sie kommt nur noch dann zum Einsatz, wenn sie der Gruppe auch wirklich nützt.

Wimmer, der vor der Saison für angeblich fünf Millionen Euro an den Mittellandkanal transferiert wurde, stand auch in Bielefeld nicht im Verdacht, nur lässliche Sperenzchen darzubieten. Der Einfluss des Trainers Kovac hat ihm aber sichtbar gut getan. Im Spiel gegen Freiburg traf Wimmer nach einem Tiefenlauf zum 1:0 (1. Minute) und bereitete wenig später das 2:0 nach einem formvollendeten Heber vor (28.), wodurch der Offensivmann in den vergangenen vier Spielen nun auf fünf Torbeteiligungen kommt. Wimmer steht damit an der Spitze der VfL-internen Scorer-Rangliste. In Wolfsburg hält es daher niemand für Zufall, dass der Aufschwung der Kovac-Elf (sechs Siege in Serie) ziemlich genau mit dem Formanstieg Wimmers zusammenfällt: Wimmer ist jener Typ Highspeed-Fußballer, den Kovac für sein rasantes Umschaltspiel braucht. Zu den Spezialitäten des Kroaten wiederum gehört es, seine Spieler auf ehrliche Wertarbeit und knallharte Effizienz zu trimmen.

Doch Kovac kann auch anders. Seinen vielleicht begabtesten Offensivmann nennt er liebevoll "Wimmerchen". Und nach dem Freiburg-Spiel klang der VfL-Coach sehr fürsorglich, als er zur Verfassung Wimmers befragt wurde, der nach einem Zusammenprall mit einer leichten Gehirnerschütterung ausgewechselt werden musste. "Ihm geht es soweit gut", sagte Kovac, "aber jetzt muss er sich erst mal eine Nacht ausruhen."

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