Biathletin Denise Herrmann-Wick:Nun ist sie die Verfolgte

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Denise Herrmann-Wick nach ihrem Sieg am Samstag im Verfolgungsrennen von Antholz in Südtirol. (Foto: Christian Einecke/CEPix/Imago)

Nach dem Sieg bei der Generalprobe geht Denise Herrmann-Wick als Mitfavoritin in die Heim-WM in Oberhof - und zwei Wochen vor dem Start lassen sich weitere positive Nachrichten vermelden.

Von Korbinian Eisenberger, Antholz/München

Zu dritt standen sie am Schießstand, in einer Reihe, und die Frage war, wer von ihnen als Erste aus dieser Reihe zurück auf die Loipe tanzt: Die Italienerin Dorothea Wierer, die Norwegerin Marte Olsbu Roiseland oder die Deutsche Denise Herrmann-Wick. Sie drückten nahezu parallel ab - aber nicht einmal annähernd perfekt. Wie nicht selten in dieser Saison verfehlte die Deutsche eine Scheibe. Diesmal aber mit dem Umstand, dass die beiden neben ihr gleich zweimal vorbei schossen. Und so ging Herrmann-Wick als Erste aus dem letzten Schießen. Bei diesem Verfolgungsrennen war nun sie die Verfolgte.

Mit Langlaufskiern überholt zu werden, zählt nicht zu den Vorlieben der 34 Jahre alten Herrmann-Wick. So war es auch am Samstag in Antholz, denn sie gewann das Rennen und hinterlegte zu einem delikaten Zeitpunkt dieses Biathlon-Jahres ihre Ambitionen. Es war ja das letzte Individual-Rennen vor der WM, die am 8. Februar in Oberhof beginnt. Sollte also jemand von einer Generalprobe sprechen, so dürfte sie aus Sicht der Sächsin als gelungen bewertet werden. "Beim letzten Schießen, so Frau gegen Frau, da ging es schon zur Sache", erklärte sie, "die Bergkulisse, die Zuschauer, es war wirklich grandios."

Anfang Dezember war Herrmann-Wick mit einem ähnlich begeisterten Gesichtsausdruck vor den TV-Mikros gestanden. Da hatte sie gerade den Sprint von Hochfilzen gewonnen, ehe sie erklärte, dass sie sich trotz Alter und Erfahrung im überwiegend jungen deutschen Frauenteam nicht in der Chefrolle sehe. Sechs Wochen später wird deutlich, dass sie sich der Führungsposition kaum mehr entziehen kann, zumindest nicht in der Abteilung für deutsche Medaillenhoffnungen.

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Wer die bis dato gut 30 Biathlon-Weltcups dieses Jahres verpasst hatte, der konnte die Tage von Antholz wie ein Abziehbild der bisherigen Saison zur Anschauung heranziehen, nicht nur in der Frauenkonkurrenz. Bei den Männern erwiesen sich die Norweger erneut als unbezwingbar - in Sprint und Einzel gewann Johannes Thingnes Bö, seit Jahresbeginn hat er sämtliche Individualrennen gewonnen. In der Staffel am Sonntag gewann er dann noch mal. Roman Rees, Verfolgungs-Vierter vom Samstag, brachte das deutsche Männer-Quartett als drittes ins Ziel. Sie taten es ihren Kolleginnen gleich, die deutschen Frauen wurden ebenfalls Dritte. Wie bei den Männern ließ sich festhalten: Nicht wegen - sondern trotz ihrer Schießleistungen. Wie so oft in dieser Saison.

25,5 Jahre Altersdurchschnitt: Das deutsche Frauenteam wurde in Antholz neu formiert

Herrmann-Wick hatte die Staffel ausgelassen, und so gab es nach ihrer persönlichen Generalprobe vom Vortag eine sonntägliche Premiere. Zum ersten Mal ging das deutsche Frauen-Quartett mit der 26-jährigen Hanna Kebinger vom SC Partenkirchen als Schlussläuferin an den Start. Vanessa Voigt, 25, Sophia Schneider, 25, und Janina Hettich-Walz, 26, komplettierten das neu formierte deutsche Team. 25,5 Jahre im Durchschnittsalter leisteten sie sich 2,5 Schießfehler im Schnitt - insgesamt waren es zehn und demnach zu viel für Schweden (acht) und die Gewinnerinnen aus Frankreich (zwei). Die deutschen Männer setzten noch einen Schießfehler samt Strafrunde von Roman Rees drauf.

Zwei Wochen vor der deutschen Heim-WM in Oberhof lassen sich nun mehrere positive Nachrichten vermelden. Live-Webcams aus Thüringen zeigen einen inzwischen schneebedeckten Ort. Die Wahrscheinlichkeit, dass Denise Herrmann-Wick und ihre Nicht-Untergebenen den Französinnen und Norwegern auf Wasserski hinterherjagen müssen, sinkt erheblich. Die Biathlon-Welt atmet auf - und die Athleten kurz durch, ehe es am Mittwoch, 8. Februar, mit der Mixed-Staffel in die Loipe geht.

Bei den deutschen Männern werden der Gesamtweltcup-Achte Benedikt Doll, Roman Rees (10.), Justus Strelow (21.), David Zobel (24.) und Johannes Kühn (29.) zur WM fahren. Philipp Nawrath ist die DSV-interne Qualifikation nicht gelungen - ob er dennoch als sechster Deutscher in Oberhof startet, bleibt das Geheimnis von Männer-Chefcoach Mark Kirchner.

Im Team der Frauen hat Bundestrainer Kristian Mehringer indes ein sogenanntes Luxus-Problem zu lösen. Fast schon zu viele haben sich für diese WM empfohlen. Herrmann-Wick als Fünfte des Gesamtweltcups wird in der WM-Staffel wie sonst als Schlussläuferin am Start sein, Vanessa Voigt (13.) dürfte dort ebenfalls gesetzt sein. Sophia Schneider (23.) und Anna Weidel (27.) sind für die WM eingeplant, Franziska Preuß (33.) und Janina Hettich-Walz (40.) sind qualifiziert. Und in Antholz hat nun - für viele überraschend - Hanna Kebinger als 19. und Zehnte in ihren nur zwei Weltcup-Auftritten nahezu die WM-Norm erfüllt, ehe sie am Sonntag Denise Herrmann-Wick ersetzte. Ihre Generalprobe als Schlussläuferin ist Kebinger geglückt - so könnte sie für die WM noch Thema werden.

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