Debatte um Max-Joseph-Platz:Graue Piazza, nur selten belebt

Debatte um Max-Joseph-Platz: Groß, grau gepflastert, aber wenig einladend: der Max-Joseph-Platz im Zentrum der Stadt.

Groß, grau gepflastert, aber wenig einladend: der Max-Joseph-Platz im Zentrum der Stadt.

(Foto: imago/Westend61)

Seit jeher wird über die Gestaltung und die Nutzung des Max-Joseph-Platzes debattiert - nun bietet ein temporäres Begrünungskonzept erneut Anlass für Streit.

Von Ulrike Heidenreich

König Maximilian I. Joseph von Bayern hatte einst seine ganz eigenen Ansichten, was die Gestaltung des Platzes vor dem Nationaltheater betraf. Weil er partout nicht in sitzender Position als Denkmal verewigt werden wollte, wartete man einfach ab. Und so wurde der Guss von Johann Baptist Stiglmaier erst 1835 aufgestellt, zehn Jahre nach dem Tod des Königs. Knapp 200 Jahre später haben sich die ästhetischen Ansichten gewandelt, wie dieser große Max-Joseph-Platz in prominenter Lage am besten ausschauen sollte, damit die Münchnerinnen und Münchner, die Gäste aus nah und fern sowie die Opernfans sich wohlfühlen.

Der Opernplatz, den Hofarchitekt Leo von Klenze um 1820 nach dem Vorbild der Piazza del Campidoglio in Rom gestaltete, hat eine wechselvolle Geschichte. Einst holperten Kutschen durch die eindrucksvolle Kulisse, nach dem Zweiten Weltkrieg wurde mit dem Bau einer großen Autogarage begonnen, die 1964 mit 500 Stellplätzen eröffnete und deren geschwungene Zufahrtsrampe unter heutigen Stadtplaner-Gesichtspunkten keinen Schönheitspreis mehr erringen würde.

Seitdem geschehen unter den Augen der Max-Joseph-Statue die unterschiedlichsten Dinge, wird der Platz unterschiedlich genutzt: die Oper für alle, Demonstrationen in eindrucksvoller Größe von links bis rechts, Staatsbesuche, Aufmärsche, und, ja, während der Internationalen Automobilausstellung wird der Opernplatz auch mal möbliert wie ein PS-Tempel. In regelmäßigen Abständen kommen aber auch die unterschiedlichsten Vorschläge, wie man die graue Piste wohnlicher machen könnte.

Nun nimmt eine Interimsgestaltung langsam Formen an: Weil der Marienhof wegen der Arbeiten für die zweite Stammstrecke noch lange eine staubige Baustelle bleiben wird, soll in den nächsten drei bis vier Jahren eine Art grüner Ausgleichsoase auf dem Opernplatz geschaffen werden: mehr Platz für Fußgänger durch eine schmalere Garagenzufahrt, eine Begrünung mit Großsträuchern in Töpfen vor der Residenz und dem Nationaltheater, Stauden und Blühwiesenflächen auf dem Rondell.

Der Stadtrat soll demnächst über die temporäre Verschönerung entscheiden. Münchens Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne) forciert die Pläne: "Der Max-Joseph-Platz ist einer der zentralsten Orte Münchens, er lädt aber nicht zum Verweilen ein. Es gibt keine Sitzmöglichkeiten, im Sommer fehlt Schatten, und der mit Kieseln gespickte Betonboden ist eine Stolperfalle. Auch in Hinblick auf immer heißere Sommer brauchen wir mehr kühlendes Grün in München."

Die Gegenwart

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(Foto: Robert Haas)

Der Max-Joseph-Platz in seiner ganzen Größe. Gewöhnlich ist er leer. Wenn aber etwas los ist, dann richtig: Seit 1990 findet hier während der Münchner Opernfestspiele die Übertragung von "Oper für alle" statt, ein wahrer musikalischer Trubel rund um das Rondell, das mit großen Isarkieseln belegt und mittlerweile sanierungsbedürftig ist. Im Norden des Platzes steht der Königsbau der Münchner Residenz, der im Krieg schwer beschädigt und wieder aufgebaut wurde. Im Osten steht das Residenztheater, liebevoll "Resi" genannt, und daneben das Nationaltheater. In den erleuchteten Arkaden des Palais' Toerring-Jettenbach im Süden des Opernplatzes, der ehemaligen Hauptpost, lässt es sich dinieren und die Kulisse bewundern.

Aber das ist ein Bild mit einem massiven Schönheitsfehler - und das seit Jahrzehnten. Der Max-Joseph-Platz ist mit seinen Zu- und Abfahrten zur Tiefgarage, die mitten über die Platzfläche führen, zu einer Verkehrsdrehscheibe verkommen. Immerhin sind inzwischen die Reisebusse, die früher vor der Oper aufgefahren sind, verbannt worden. Doch eine Frage bleibt nach wie vor ungelöst: Wie gestaltet man die Tiefgaragen-Erschließung so, dass wirklich ein schöner verkehrsberuhigter Stadtplatz entstehen kann? Zu- und Abfahrtsrampen in die Maximilianstraße zu verlegen, was viele im Stadtrat als beste Lösung sehen - dagegen wehren sich Denkmalschützer nach wie vor vehement.

Ein Modell für die nähere Zukunft

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(Foto: Baureferat/Instagram.com/ka)

In drei bis vier Jahren soll hier eine grüne Ausgleichsfläche für die Großbaustelle Marienhof entstehen, als Interimslösung. Die Kernpunkte sind: eine schmalere Zufahrt zur Garage, mobile Pflanztröge sollen Fußgängern mehr Platz verschaffen. Denn wegen der Tiefgarage ist keine Bepflanzung mit Bäumen möglich. Auch soll das Rondell aus maroden Isarkieseln begrünt und aufgehübscht werden. Der Stadtrat soll demnächst über die Pläne entscheiden.

Glänzende Vergangenheit

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(Foto: SZ Photo)

Hier kann München Staat machen: Am Max-Joseph-Platz mit den durch den Zweiten Weltkrieg zerstörten und wieder aufgebauten Monumentalbauten präsentiert die Stadt ihr prächtiges Erscheinungsbild. 1962 besuchte der französische Staatspräsident Charles de Gaulle die bayerische Landeshauptstadt. Viele Menschen standen am Straßenrand und jubelten, als de Gaulle zusammen mit Ministerpräsident Hans Ehard zur Residenz fuhr. Doch an einem der schönsten und repräsentativsten Orte der Stadt, den im Alltag immer wieder Autos queren, lädt eigentlich nichts zum Verweilen ein. Im Zug der Detailplanungen für einen schöneren Max-Joseph-Platz tauchen stets neue Probleme auf. Verkehrsexperten, Stadtplaner und nicht zuletzt die Denkmalschützer sollten sich endlich auf einen Vorschlag einigen.

Spektakel-Arena

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(Foto: Stephan Rumpf)

Hier geht es normalerweise vergleichsweise gesittet zu, wie vor zehn Jahren beim "Dinner in Weiß". Spektakulär war einmal eine Kunstinstallation. Anlässlich der Opernfestspiele 1998 installierte der Künstler Ottmar Hörl 4000 Gartenzwerge um die Statue des ersten bayerischen Königs. Im Rahmen der Opernfestspiele 2012 fotografierte der amerikanische Künstler Spencer Tunick am Max-Joseph-Platz 1700 Nackte. Die mit roten und goldenen Körperfarben bemalten Teilnehmer formierten sich um das Denkmal von König Max I. Joseph zu einem Ring. 2014 sorgte die Installation "Trojanisches Pferd" von Sebastian Hirn für Irritationen. Auf dem Platz lag ein umgekippter Sattelschlepper. Das Dach des verunglückten Lkw war aufgerissen, Kunsttransportkisten lagen über den Platz verteilt.

Platz oder Piazza?

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(Foto: Google Earth)

Mehr Grün an einer zentralen Stelle in der Stadt - das klingt zunächst einmal gut. Doch sind Pflanzen, Büsche und Bäume auf dem Max-Joseph-Platz eine wirklich erstrebenswerte Lösung und der richtige Umgang mit Münchens baulicher Vergangenheit? Der Platz wirkt durch die beeindruckenden Komplexe, die ihn einfassen. Der Königsbau der Residenz, das Nationaltheater, die ehemalige Residenzpost und die Zeile mit den Bürgerhäusern, die sich alle um das Monument für König Maximilian gruppieren, schafften einen einmaligen Residenzplatz, der keiner Begrünung bedürfe, argumentieren Denkmalexperten. Zuviel des Guten schade nur. Zumindest muss sorgsam überlegt werden, mit welchen Gestaltungselementen der Platz zu einer Piazza wird, auf der sich alle gerne aufhalten.

Ungenutzte Chancen

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(Foto: Rumpf, Stephan)

"Ein Platz für alle" - mit diesem Motto haben schon vor neun Jahren Studierende der Technischen Universität Gestaltungsideen entwickelt und damit für viel Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit gesorgt. Eine Hauptidee war eine "möglichst flexible Bespielung" des Areals. Das heißt also eine eher sparsame Gestaltung, die einerseits "Aufenthaltsqualitäten" schafft, aber auch weiterhin Veranstaltungen wie zum Beispiel "Oper für alle" zulässt. Die Vorschläge zeigten ganz unterschiedliche Ansätze der Neukonzeption. Deutlich wurde dabei, welch großes, ungenutztes Potenzial der Max-Joseph-Platz hat. Das Ergebnis war ernüchternd. Seit Jahrzehnten gibt es Ideen, wie Münchens schönster Stadtplatz aussehen könnte. Sie wurden letztlich immer wieder verworfen.

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