Entertainment:Schau mal wieder

Lesezeit: 6 min

Um seine legendären Entwürfe hat Jean Paul Gaultier eine Lebens-Revue gestrickt. (Foto: Mark Senior)

Jean Paul Gaultiers Mode-Freaks, die Blue Man Group mit einer blauen Frau, die "Let's Dance"-Truppe im Turniermodus, die Meister der japanischen Trommeln und Magier mit Mülltonnen - diese kommenden Shows haben Schwung und Rhythmus.

Von Michael Zirnstein

Modenschau

Shows 2023 Fashion Freak Show (Foto: Mark Senior)

Die Frage, was überhaupt eine Show ausmacht, hat ausgerechnet ein Mode-Designer treffend beantwortet: "Es geht um Freude und Träume, und ich wünsche mir, dass jeder Zuschauer glücklicher geht, als er gekommen ist." Das sagt also Jean Paul Gaultier, der wiederum nicht nur Modenschauen inszeniert, sondern nun auch eine "Fashion Freak Show". Eine "Show der besonderen Art" schrieb damals die New York Times nach der Premiere im Pariser Nackedei-Theater Folies Bergère.

Davon war auszugehen, denn ihr Schöpfer ist eben JPG, einer der flippigsten, extravagantesten, Pop-affinsten und inszenierungsfreudigsten unter den Modegurus. Und so wie "From Sidewalk To Catwalk" 2015 in der Münchner Hypokunsthalle mehr Show war als Ausstellung, so ist auch die "Fashion Freak Show" mehr Zirkus als Mannequin-Manege.

Natürlich zeigt der Meister im Matrosenhemd hier in der Isarphilharmonie auch legendäre Schöpfungen wie Madonnas rosafarbenes Spitzkörbchen-Korsett und einige Teddybär-Anzüge, aber mehr noch sprengt er wieder alle Dimensionen, lässt Zirkusvolk über die Bühne purzeln, lässt Theaterleute kurze Einakter über sein Leben spielen, und er, der selbst mal einen Charts-Hit hatte ("How To Do That"), lässt sich mal eben von Funk-Legende Nile Rodgers ( Chic) dazu einen Soundtrack komponieren. Bei Gaultier liegen "Schick" und "Freak" nah zusammen, oder wie er sagt: "Schönheit ist überall zu finden, es hängt alles davon ab, wie man sie betrachtet."

Jean Paul Gaultier Fashion Freak Show, 20. bis 27. Juli, Isarphilharmonie

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Japanische Trommler

Immer feste druff: Die japanischen Trommler von Yamato verbinden Athletik mit Rhythmus und Spiritualität. (Foto: Hiroshi Seo)

Die Geschichte der Taiko-Trommeln ist Tausende Jahre alt. Anfangs wurden sie in der Shinto-Religion geschlagen, um vor allem den Sturm-Gott Susanoo zu beschwören. In ihren vielen Formen und Größen wurden sie aber auch von Fischern zur Kommunikation benutzt, von Samurais, um dem Feind vor der Schlacht Angst zu machen, von Dörfern, um ihre Grenzen akustisch abzustecken, und seit dem 14. Jahrhundert auch im Nō-Theater.

Heute sind die japanischen Trommler weltweit Popstars, heuer kommen gleich drei Ensembles auf Tour: die "Trommel-Samurais" Tao, die 17-köpfige "The Drums of Japan"-Truppe Konkubu und Yamato. Yamato heißt "ursprüngliches Japan", und diese Idee hat nun schon acht Millionen Menschen in aller Welt angelockt. Seit 30 Jahren hat der Gründer Masa Ogawa mit seinen durchtrainierten Trommlerinnen und Trommlern die Konzertsäle in schon 54 Ländern zum Beben gebracht. Das neue Programm "Tinmei" (Schicksal) hat außer Trommeln noch Flöten, Gesang, Tanz und viel Humor zu bieten - ohne die spirituellen Wurzeln zu vergessen.

Yamato, 4. bis 9. Juli, Deutsches Theater; Tao, 6. Februar, Prinzregententheater; Kokubu, 18. März, Taufkirchen

Abba-Shows

Große Show für die vier großen Buchstaben: Mit Janne Schaffer kommt sogar der Original-Abba-Gitarrist mit auf die "Abbamania"-Tour. (Foto: Kai Hemberg)

Kaum eine Band hat so viele Tribute- oder Cover-Truppen hervorgebracht wie Abba. Das liegt nicht nur am spektakulären Erfolg der schwedischen Grandprix-Gewinner ("Waterloo") zu ihrer aktiven Zeit. Die Liebe zu Agnetha, Björn, Benny, Anni-Frid und ihren unzähligen Hits wird auch über die Jahre stets neu befeuert - durch Abba-gebrandete Musicals, Filme, Museen, Hotels, Dinner-Shows und nun eben auch durch die Sensation eines neuen Albums und der "Abbatar"-Show "Voyage" in London, in der sich die Band durch Hologramme vertreten lässt. Das macht nun Coverbands nicht überflüssig, sondern umso begehrter.

"Abbamania", den Branchenriesen unter den Schweden-Exporten, hat das angespornt, seine opulente Tribute-Show neu zu denken, etwa das eher unbekannten Stück "Eagle" ins Programm zu nehmen. Mit neuem Darsteller-Quartett und dem Original-Abba-Gitarristen Janne Schaffer (selbst eine Legende in Schweden) kehrt die Show zurück in die Olympiahalle - Mamma mia!

Abbamania, 23. April, Olympiahalle; weitere Abba-Tributes: Abba Night, 10.2., Prinzregententheater; Abba - The Show, 25.2., Kleine Olympiahalle; Abba Summernight, 30.6., Brunnenhof

Rhythmus-Show

Das spektakulärste, was man mit Mülltonnen anstellen kann: "Stomp" aus Brighton lassen es krachen. (Foto: Steve McNichols)

Rhythmus steckt in allem, deswegen ist es so einfach: Mit den Fingern auf den Schreibtisch trommeln, mit dem Kaffeelöffel gegen die Tasse klöppeln ... So fängt es an. Bei Luke Cresswell und Steve Nicholas waren es ein paar Besen, die sie bei Straßenkonzerten auf den Asphalt klopfen und fegen ließen. Mit Streichholzschachteln, Mülltonnendeckeln, Lkw-Schläuchen und mehr entwickelten sie das Projekt "Stomp", das sie von Brighton aus zu den großen Theater-Festivals, auf Welttourneen und in die "Sesamstraße" brachte.

Fürs neue Programm haben sich die Show-Globetrotter die Reisekoffernummer "Suitcases" ausgedacht sowie "Poltergeist", wo sie Dinge zu Fliegen beginnen. Im Grunde ist es aber wie früher: "Wir verwenden nur Dinge, die jeder täglich nutzt. Man muss nur ihr Potenzial erkennen."

Stomp, 28. März bis 2. April, Deutsches Theater

Masken-Shows

Echt nur mit Glatze und in Blau: Die Blue Man Group. Jetzt neu auch mit einer Musikerin. (Foto: Martin Girard)

Auch bei der Blue Man Group ist es zunächst einfach: Drei Männer unter blauen Latexmasken reden nichts. Dafür beginnen sie, auf seltsamen Instrumenten Percussion zu spielen, immer vertrackter, immer eskaliert es; oder sie spucken Kaugummi über die Bühne und basteln Kunstwerke daraus, womit sie ganz nebenbei die Mechanismen des Kulturbetriebs entlarven. Seit 1987 sind die New Yorker damit erfolgreich, sind mittlerweile vom Cirque-Du-Soleil-Konzern aufgekauft und haben feste Theater von Berlin bis Las Vegas. Auf ihrer neuen Tournee kündigen die Glatzköpfe eine "Bluevolution" an: eine Frau. Sie heißt pragmatisch "The Musician", hat blaue Haare und wird das Trio bei seiner Slapstick-Sound-Performance begleiten. Zeit wird's.

Stumme Ja-Sager: Familie Flöz spielt auch im neuen Stück "Feste" Märchen für Erwachsene ohne Worte. (Foto: Simone Wachter)

Wer weniger Haudrauf mag: Viel poetischer erzählt Familie Flöz ihre Märchen für Erwachsene mit Masken und immer ohne Worte. Kein Wunder, die Mitglieder der internationale Truppe mit Sitz in Berlin stammen alle von Pantomimenschulen. Ihr neues tragikomisches Stück "Feste" erzählt von der Jagd nach dem individuellen Glück: In einer Villa am Meer soll eine Hochzeit steigen, und hinter den Kulissen putzt, räumt, wacht und entsorgt das emsige Personal, damit zwei glücklich werden können.

Blue Man Group, 19. bis 30 April, Deutsches Theater; Familie Flöz, 7. und 8. Februar, Prinzregententheater

Zauber-Shows

Blickfang: Der Magier Hans Klok mit seiner bezaubernden Assistentin Pamela Anderson, hier 2018 bei der "Lambertz Monday Night" in Köln. (Foto: Henning Kaiser/dpa)

Es reicht nicht, einen Hasen aus dem Zylinder zu ziehen. Es muss schon eine zersägte Jungfrau sein. Und wenn die junge Frau dann auch noch Badenixen-Schauspielerin Pamela Anderson ist, dann ist man in der Zauber-Oberliga von Hans Klok angekommen. Der Niederländer hat sich mit einer Umkleide-Nummer schon in jungen Jahren den Titel "Schnellster Magier der Welt" erobert, der seinen Weg nach Las Vegas und zu berühmten Assistentinnen ebnete. Bis Corona trat er in der Show-Hauptstadt der Welt noch allabendlich im Casino "Excalibur" auf, weshalb er seine verschobene Deutschlandtour noch "Live From Las Vegas" nennen darf.

Manch einen mögen die Tokio Hotel der Zauberzunft mit ihrem Gewitzel, Gehabe und Frisuren nerven, unbestritten aber sind die Ehrlich Brothers das erfolgreichste Illusionisten-Duo aus Deutschland seit Siegfried und Roy. Eben weil die Brüder aus Herford verstanden haben, dass ein großes Spektakel eine gute Ablenkung vom Trick sein kann und die Massen anlockt. Für ihre zwei Termine in der Olympiahalle bringen sie zwanzig 40-Tonner-Lkws und eine Live-Band mit: "noch größer, noch spektakulärer".

Hans Klok, 23. Mai, Olympiahalle; Ehrlich Brothers, 17. und 18. Juni, Olympiahalle

Tanz-Shows

Die irischen Step-Tänzerinnen von "Riverdance" kommen 2023 in die Olympiahalle zurück. (Foto: Jack Hartin)

Diese Iren sind sich noch immer nicht ganz grün: "Riverdance" und ihr damaliger Produzent und Vortänzer zeigten 1994 der Welt in der Pause des Eurovision Songcontest in Dublin eine neue Art der Unterhaltung, die auf die Kreistänze der keltischen Druiden zurückging: den Irish Dance. Dutzende Tänzerinnen und Tänzer steppen zu altirischer Musik synchron in Formation. Ein Spektakel. Aber Flatley wollte mehr. Er wollte es mit den großen Rockbands aufnehmen und im Stadion auftreten. Die anderen wollten lieber die Tradition wahren.

Volle Punktzahl gibt die "Let's Dance"-Jury selten. Mal sehen, wie viele Punkte Jorge Gonzalez, Motsi Mabuse und Joachim Llambi (v.l.) bei ihrer Live-Show zücken. (Foto: Stefan Gregoro)

Flatley erschuf sich als "Lord of The Dance" neu, spielte 18 Abende nacheinander in der Wembley-Arena und in der Folge vor 60 Millionen Menschen, 2024 kommt eine der erfolgreichsten Entertainmentshows der Geschichte zurück nach München (20.4., Olympiahalle). Davor sind "Riverdance" hier zu erleben, die ihren puristischeren Weg gingen, aber auch vor fast 30 Millionen Menschen tanzten. Die neue Show ist technisch im 21. Jahrhundert angekommen, und Bill Whelan hat seinen immer live gespielten, Grammy-prämierten Soundtrack dafür neu arrangiert.

Tanz, das sagt sebst Flatley, sollte Kunst sein, kein Wettstreit. Aber so ein Turniermodus gibt dem Tanz doch eine besondere Note. Davon lebt seit 15 Staffeln die RTL-Show "Let's Dance", und natürlich von den Prominenten im Glitzergewand. Viele von ihnen (noch stehen die Namen nicht fest) und ihre Profi-Partner kommen auch auf die Live-Tour mit. Und was wäre das ganze ohne die Jury? Nur der halbe Spaß. Und deshalb sind Jorge Gonzalez, Motsi Mabuse und Joachim Llambi natürlich auch dabei.

Riverdance, 7. März, Olympiahalle; Let's Dance, 11. November, Olympiahalle

Zirkus

Ballsicher: Michael Evolution jongliert in der Bühnen-Show "Hype!". (Foto: TSF GmbH)

Die ganz große Show bleibt erst einmal aus: Der Marktführer Cirque du Soleil hat in diesem Jahr noch kein Gastspiel für München angekündigt - nur zu den fünf Konzerten von Helene Fischer schickt er einige seiner Artisten zur Unterstützung der Akrobatik-begeisterten Sängerin (26. September bis 1. Oktober, Olympiahalle).

Cirque-Nouveau-Fans müssen sich noch ein wenig gedulden, was Tollwood im Sommer und Winter an Artistik-Performances zu bieten haben wird, auch im GOP-Varieté sind in den zweimonatlichen Programmen Spitzenakrobaten im kleineren Rahmen zu bestaunen, von 9. März bis 30. April etwa mit zum Leben erweckten Romanhelden wie Momo oder Robinson Crusoe in der Revue "Bookshop".

Große Bewegungstalente versammeln sich auch beim "Feuerwerk der Turnkunst". Die Show erschufen niedersächsische Turnvereine 1988 für eine Sportlergala in Hannover; das akrobatische Allerlei kam so gut an, dass es mittlerweile mit mehreren Programmen durch die größten Arenen tourt. Jetzt haben sich die Macher zusammen mit den Hip-Hop-Tänzern der Dancefloor Deconstruction Crew ein weiteres Show-Format für kleinere Säle ausgedacht: "Hype!" sei "Energie, Rhythmus, Dynamik, Adrenalin und Freiheit" in Disziplinen wie Rhönrad, Ikarische Spiele, Popping, Comedy, Trapez und Showtanz (auch mit Spitzengymnastinnen und Nationalmannschaftsturnerinnen). Das gleiche in XXL gibt es dann wieder 2024 beim Programm "Heartbeat" in der Olympiahalle (20.1.).

Hype!, 2. Februar, Prinzregententheater

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