Mehrfach schon hat sich der Start des "Deutschlandtickets" - auch bekannt als 49-Euro-Ticket - verzögert. Dass es nun wie von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) spätestens zum 1. Mai bundesweit verfügbar sein soll, zweifeln auch schon viele an. Zu Recht: Um es einzuführen, muss der rechtliche Rahmen bis zum März stehen, im April wollen die Verkehrsunternehmen mit dem Vorverkauf starten. Die Branche hält dennoch an diesem Termin fest, sagte Ingo Wortmann, Präsident des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) auf der Jahreskonferenz in Berlin. Und ja, der 1. Mai sei realistisch. Die Politik müsse allerdings zwei Hindernisse aus dem Weg räumen.
Das erste ist ein bürokratisches Problem: Ginge das 49-Euro-Ticket den vorgeschriebenen Weg, müssten alle 16 Landesparlamente der neuen Tarifstruktur zustimmen, damit sie bundesweit gilt. "Wir können aber nicht auf jedes einzelne Land warten", sagt Oliver Wolff, Geschäftsführer des VDV. Der 1. Mai ließe sich so nicht einhalten. Außerdem: Sobald auch nur ein Land den Tarif ablehnt, entstehe ein "Flickenteppich", den man ja gerade nicht haben wolle. Der VDV schlägt deshalb vor, dass zunächst der Bund die Tarifgenehmigung übernimmt und vereinheitlicht. So lief es auch beim Neun-Euro-Ticket.
Die zweite Hürde für die Verkehrsbünde stellt die Europäische Union: Die Bundesregierung muss die Erlaubnis der EU-Kommission einholen, damit der Staat die erwarteten Einkommensverluste der Unternehmen ausgleichen darf. Denn es handelt sich um eine Art Beihilfe für Privatunternehmen. Erst wenn die EU grünes Licht gibt, kann der Bund das Regionalisierungsgesetz ändern und die Milliardenhilfe für das Ticket zahlen. Am Mittwoch führt der Bund Gespräche mit EU-Vertretern, dies sei "auf einem guten Weg", wie es aus Regierungskreisen heißt. Auch der nötige Gesetzesentwurf für die Umstellung zum 49-Euro-Ticket sei inzwischen angestoßen, sodass er noch rechtzeitig Bundestag und Bundesrat durchlaufen kann.
In den vergangenen Tagen hatten sich Bund und Länder gegenseitig die Schuld zugeschoben, dass es in den Verhandlungen nicht zügig genug vorangeht. Zu Arbeitstreffen mit den Ländern sollen Bundesvertreter ohne nötige Handlungsmandate erschienen sein, was die Gespräche erschwerte habe, heißt es aus Verhandlungskreisen. Das Bundesverkehrsministerium sieht seinerseits die Länder in der Verantwortung.
Nur digital oder auch auf Papier?
Und noch immer gibt es ungelöste Probleme. Dazu gehört, dass das 49-Euro-Ticket rein digital geplant war. "Wir brauchen eine Übergangsphase bis Ende des Jahres mit Papierlösungen", sagt Verbandspräsident Wortmann. Sonst sei man ab April nicht in der Lage, allen Interessenten ein Ticket zu verkaufen. Das könnte in Form eines Ausdrucks geschehen, den man wie die vorläufige Bahncard bei sich trägt, bis man etwa die Chipkarte erhalten hat. Dass es diese Übergangsphase hin zum papierlosen Ticket braucht, darin sind sich Bund und Verkehrsunternehmen übrigens einig.
Geschäftsführer Wolff wies noch darauf hin, dass das nicht übertragbare Deutschlandticket "die alte Tarifwelt" nicht ersetzen werde. So könne man in Städten, in denen man etwa kostenlos das Fahrrad oder an Wochenenden Mitreisende mitnehmen kann, dies auch mit dem 49-Euro-Ticket tun - jedenfalls in der eigenen Region.