Schüleraustausch:Eine Freundschaft mit Kommunikationsproblemen

Schüleraustausch: Das Freisinger Dom-Gymnasium musste sich schon eine neue französische Partnerschule suchen.

Das Freisinger Dom-Gymnasium musste sich schon eine neue französische Partnerschule suchen.

(Foto: Marco Einfeldt)

Weil immer weniger Franzosen in der Schule das Fach Deutsch als Fremdsprache wählen, kommen Schüleraustausche mit dem Land immer seltener zustande. Die Plätze sind rar und werden teilweise ausgelost. Das Freisinger Dom-Gymnasium musste sich schon eine neue Partnerschule suchen.

Von Pauline Held, Freising

60 Jahre deutsch-französische Freundschaft feierten Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Sonntag in Paris. Währenddessen sinkt in beiden Staaten das Interesse an der Sprache des Nachbarlandes. Besonders in Frankreich wollen immer weniger Schüler Deutsch lernen. Die Folge: Viele Schüleraustausche können oft nicht mehr stattfinden, Deutschlehrer unterrichten in Frankreich an mehreren Schulen gleichzeitig. Das geht auch an den Gymnasien in Freising, Neufahrn und Moosburg nicht spurlos vorbei.

Vor Kurzem erst musste sich das Dom-Gymnasium in Freising eine neue Partnerschule in Frankreich suchen. Traditionell pflegt die Schule auf dem Domberg Kontakte mit der Gemeinde Lacroix-Saint-Ouen unweit von Paris sowie mit einem Lycée in der Provence. Der Kontakt mit Paris bleibt bestehen, doch in die Provence werden in Zukunft keine Domschüler mehr zum Austausch fahren. "Deutsch ist dort so unter Druck geraten, dass die Deutschlehrerin jetzt an mehreren Schulen gleichzeitig unterrichten muss", erklärt Schulleiter Manfred Röder. Zeit, um einen Schüleraustausch mit Freising zu organisieren, bleibt ihr da nicht.

In ganz Frankreich fehlt es im Moment an Lehrerinnen und Lehrern, die Deutsch unterrichten. Im aktuellen Schuljahr konnten 70 Prozent der Deutschlehrer-Stellen nicht besetzt werden. Es ist eine Abwärtsspirale: Immer weniger Franzosen wollen in der Schule deutsch lernen, wodurch zu wenige Germanistik studieren und später Deutsch unterrichten können. Stattdessen setzt sich spanisch immer stärker durch. Warum das so ist, da kann Schulleiter Manfred Röder auch nur spekulieren: "Ich glaube, die deutsche Sprache hat den Ruf, schwer und elitär zu sein."

Dennoch konnte er eine neue Partnerschule für das Dom-Gymnasium ausfindig machen: Ein Lycée in der Nähe von Lille. "Zwei Kolleginnen machen sich bald auf den Weg dorthin, um die Partnerschaft zu besiegeln", freut sich Röder. Im März geht es für rund 30 Schülerinnen und Schüler aber erst einmal wieder nach Lacroix-Saint-Ouen.

Oft muss das Los über die Teilnahme entscheiden

Bleibt nur noch die Frage, wer alles mitfahren kann nach Frankreich. Am Oskar-Maria-Graf-Gymnasium in Neufahrn müssen sie das schon seit Jahren per Los entscheiden, bedauert Fachbetreuerin Simone Scheidt: "Das tut uns unheimlich leid." In Neufahrn wollen viel mehr Schülerinnen und Schüler am Austausch teilnehmen, als es in Frankreich Plätze gibt. "Deutsch wird bei den Franzosen immer unbeliebter, es ist ja auch sehr schwer zu lernen", sagt Scheidt. "Zudem besteht die Konkurrenz zu den romanischen Sprachen spanisch und italienisch." Im März besucht das Oskar-Maria-Graf-Gymnasium zum ersten Mal seine neue Partnerschule in Besançon im Osten des Landes. 17 Plätze stehen in Frankreich zur Verfügung.

Während in Frankreich das Interesse am Deutschlernen stark abnimmt, wählen auch immer weniger Schüler hierzulande Französisch als Fremdsprache. Laut Statistischem Bundesamt waren das im Schuljahr 2021/2022 gerade einmal 1,29 Millionen von insgesamt 8,44 Millionen Kindern an allgemeinbildenden Schulen. Mit 15,3 Prozent ist der Anteil so gering wie zuletzt im Schuljahr 1994/1995.

Schüleraustausch: Claudia Theumer, Direktorin am Karl-Ritter-von-Frisch-Gymnasium in Moosburg.

Claudia Theumer, Direktorin am Karl-Ritter-von-Frisch-Gymnasium in Moosburg.

(Foto: Michaela Handrek-Rehle)

Am Karl-Ritter-von-Frisch-Gymnasium ist das anderes. Französisch sei noch immer sehr beliebt, etwa die Hälfte der Schüler wählt in der sechsten Klasse statt Latein die romanische Sprache. Das hat allerdings wie an allen anderen Schulen auch das Problem zur Folge, dass nicht alle am Frankreichaustausch in der achten Klasse teilnehmen können. Rund 20 Jugendliche können jährlich entweder nach Casseneuil, einer Kleinstadt zwischen Toulouse und Bordeaux, oder nach Marseille fahren. "In Frankreich nimmt die Beliebtheit, Deutsch zu lernen, ab", betont Schulleiterin Claudia Theumer. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen muss Theumer dann entscheiden, wer mitfahren darf: "Einerseits kommt es darauf an, ob die Schüler versetzungsgefährdet sind. Wir müssen ihnen aber auch vertrauen können." Am Ende des Tages entscheidet auch hier das Los.

Am Josef-Hofmiller-Gymnasium in Freising sieht es nicht anders aus, hier gibt es seit Jahren auf Seiten der Franzosen zu wenig Plätze, erklärt Schulleiterin Susanna Räde. Dabei bietet ihr Gymnasium den französischen Austauschschülern ein "sehr interessantes Programm", wenn sie Mitte April nach Deutschland kommen: Zur Allianzarena, zum Schloss Faber-Castell bei Nürnberg, ins Salzbergwerk Berchtesgaden und in die Bavaria-Filmstadt geht es für die Schülerinnen und Schüler.

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