"Tatort" aus Saarbrücken:Erst Konfuzius lesen und dann kloppen

"Tatort" aus Saarbrücken: Blut spritzt, Zähne sind raus, und am Ende ist einer tot: Der "Tatort: Die Kälte der Erde" spielt im Hooligan-Milieu.

Blut spritzt, Zähne sind raus, und am Ende ist einer tot: Der "Tatort: Die Kälte der Erde" spielt im Hooligan-Milieu.

(Foto: SR/Iris Maria Maurer)

Im "Tatort" aus Saarbrücken stirbt ein Philosophiestudent bei einer Prügelei unter Fußballfans. Guter Stoff mit sehr diversem Personal - wenn daraus nur nicht so ein Wimmelbild der guten Absichten würde.

Von Claudia Fromme

Dritte Halbzeit auf der Industriebrache. Hooligans von Saarbrücken und Lautern hauen sich einen vor die Mappe. Blut spritzt, Zähne sind raus, und am Ende ist einer tot: Andi, der Philosophiestudent, der immer so nett gegrüßt hat. Ach, das gibt es, staunt man beim Tatort, erst Konfuzius lesen und dann kloppen. Da hätten die Ermittler aus Saarbrücken nur ihre Kollegin Baumann (Brigitte Urhausen) fragen müssen, die ist Fußballfan. Wussten die bei der Kripo nicht, Kollegin Heinrich (Ines Marie Westernströer) ist "maßlos enttäuscht", dass ihre Tischnachbarin im Präsidium ihr nichts von ihrem "Geheimnis" erzählt hat. In der Geschichte des Tatorts dürften Ermittler schlimmere Geheimnisse gehabt haben, als ab und an ins Stadion zu gehen.

Aber im Saarland wird offenbar viel geraunt. Über Kommissar Schürk (Daniel Sträßer) wird erzählt, dass er weiß, wo das Geld ist, das sein Vater und sein Onkel bei einem Bankraub erbeutet haben, und so hält ihm jemand im Krimi "Die Kälte der Erde" eine Knarre an den Kopf, um das Versteck zu erfahren. Kennt er es, kennt er es nicht? Da ist sich auch der korrekte Kollege Hölzer (Vladimir Burlakov) nicht sicher und die noch korrektere Kollegin Baumann muss immer weggehen, wenn irgendwer aus dem Team gegen Regeln verstößt, damit sie selber sauber bleibt. Baumann geht viel weg.

Der Tatort aus Saarbrücken läuft nur einmal im Jahr, da muss dann natürlich eine Menge Stoff rein. Die vier sehr unterschiedlichen Ermittler, deren Biographien man seit dem letzten Krimi schon wieder fast vergessen hat, beruhigen das Bild nicht unbedingt. Das Drehbuch von Melanie Waelde sieht starke Frauen vor und will sehr divers sein, also wird das durchdekliniert, bis es jeder kapiert hat. Da gewinnen im Film unter der Regie von Kerstin Polte die beiden Kommissarinnen stark an Profil, da gibt es die wilde Hooliganfrau Alina mit den blauen Haaren, die viel brüllt, da ist die resolute Kneipenwirtin, die im Hintergrund die Strippen zieht, eine Polizistin auf der Dienststelle gendert. Dazu gibt es schwule Pflegeeltern, die ein Mädchen adoptieren wollen, dessen Vater vielleicht der tote Hooligan ist und dessen Mutter ganz sicher die Frau mit den blauen Haaren. Am Ende wollen doch alle nur eines: gesehen und respektiert werden. Alles bester Stoff. Aber im Verlauf gerät der Krimi immer mehr zum Wimmelbild der guten Absichten. Der Story dient das nicht.

Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr.

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