RBB:"Mit Blankoscheck"

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Kundgebung beim Warnstreik vor dem RBB-Fernsehzentrum in Berlin. Ebenfalls am Freitag stritt sich auch der Rundfunkrat des RBB. (Foto: Christoph Soeder/dpa)

Die Untersuchung der Geldverschwendung beim RBB dauert weitere Monate an - und wird immer teurer. Im Rundfunkrat fordern einige einen Abbruch der Prüfung.

Von Aurelie von Blazekovic

Am Freitag kam beim RBB mal wieder alles zusammen. Journalistenverbände und Gewerkschaften hatten zu einem Warnstreik inmitten der laufenden Tarifverhandlungen aufgerufen, die in diesem Jahr der Aufarbeitung und des Einsparens im RBB besonders hart geführt werden. Auf Plakaten beschwerten sich Mitarbeiter in Berlin über die Sparmaßnahmen von Intendantin Katrin Vernau und die allgemeinen Zustände im Sender. Einige Sendungen des RBB fielen aus, etwa das Mittagsmagazin im Ersten und im ZDF. Am Nachmittag dann traf sich der Rundfunkrat des Senders in Potsdam, nachdem das letzte Treffen eine Woche zuvor gescheitert war - weil zu wenige Mitglieder des Aufsichtsgremiums physisch anwesend waren.

In der Sondersitzung fand der Streik dann lange gar keine Erwähnung. Thema waren nicht die harten Einsparungen an Programm und Personal, sondern die sich immer länger ziehende, immer teurer werdende anwaltliche Aufklärung der Skandale der vergangenen Monate um Geldverschwendung und Filz. Zuletzt war bekannt geworden, dass der RBB allein bis Ende November 1,4 Millionen Euro für vier beauftragte Kanzleien ausgab. Für großen Ärger sorgte im Rundfunkrat nun die Neuigkeit, dass die mit einer Compliance-Prüfung beauftragte Kanzlei Lutz Abel mit ihrem abschließenden Bericht nicht wie erwartet Ende Februar fertig wird. Als neues Datum sei von der Kanzlei, und auch das nur unter Vorbehalt, Ende April genannt worden, sagte die Verwaltungsratsvorsitzende Dorette König.

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Lutz Abel war im vergangenen Sommer mit der Prüfung "struktureller Fehlentwicklungen" im Sender beauftragt worden - die Kanzlei soll die Vorgänge untersuchen, die in der Presse bekannt wurden sowie alle weiteren, die im Laufe der Untersuchung noch aufkommen. Diesen "bewusst breiten Prüfungsauftrag" verteidigte König nun vor dem Rundfunkrat. Die Kanzlei selbst ließ in einem Schreiben ausrichten, es sei nicht zutreffend, was zuletzt berichtet worden war: Nämlich, dass die Anwälte Doppelarbeit leisteten, und dass sie, ohne dazu verpflichtet zu sein, der Generalstaatsanwaltschaft zuarbeiteten und so für mehr Kosten sorgten. Rund 980 0000 Euro brutto habe die Kanzlei bis Ende November bereits abgerechnet. Im Wissen, dass man für eine öffentlich-rechtlich finanzierte Institution arbeite, sei ein reduzierter Stundensatz von 300 Euro pro Stunde vereinbart worden. Doch ausgeschlossen sei eben, dass man, wie versprochen, bis Ende Februar fertig werde.

"Was wäre denn die Alternative?", fragt die Verwaltungsratsvorsitzende

Diese Information sorgte für eine mehrere Stunden lange Diskussion im Gremium. Denn ursprünglich war mit dem Abschlussbericht Ende Dezember vergangenen Jahres gerechnet worden, dann im Januar, nun wird die Prüfung mindestens noch weitere drei Monate laufen und Kosten verursachen. Und das auch nur, wenn die Anwälte auf keine weiteren "Überraschungen" in den noch zu prüfenden Unterlagen stoßen sollten.

Rundfunkrätin Antje Kapek, Grünenpolitikerin im Berliner Abgeordnetenhaus, kritisierte, der Fehler liege im Auftrag an die Anwälte. Diesen habe man einen Blankoscheck ausgestellt und müsse nun aufpassen, dass das Complianceverfahren nicht selbst ein Compliancefall werde.

Tatsächlich sieht es so aus, als habe der Anspruch, die Kanzlei "vollumfänglich" aufklären zu lassen, den Sender in ein ganz neues Dilemma geführt - und Intendantin Katrin Vernau in die Lage, als Senderchefin an Programm und Mitarbeitern zu sparen, um dafür eine Schar Anwälte zu bezahlen. Vernau selbst versuchte den millionenschweren Rattenschwanz zu verteidigen: "Die Anwaltskosten waren bekannt." Wer es habe wissen wollen, habe auch wissen können, dass sich die Kosten inzwischen auf mehr als eine Million Euro beliefen. Man übe, das stellte auch die Verwaltungsratsvorsitzende König heraus, soweit möglich Druck auf die Kanzlei aus, müsse nun aber deren Ergebnis abwarten. "Was wäre denn die Alternative?"

Darauf hatten mehrere Mitglieder des Rundfunkrats eine simple Antwort: Man solle dem Ganzen ein Ende setzen, die Prüfung vorzeitig abbrechen. So äußerte sich zunächst auch der Vorsitzende des Gremiums Ralf Roggenbruck.

Weder gebe es für die Arbeit von Lutz Abel eine vereinbarte Kostenobergrenze, noch sei eine Kostenschätzung vor der Beauftragung möglich gewesen, sagte die Verwaltungsratsvorsitzende König in der Sitzung. Die zeitlichen Erwartungen habe die Kanzlei in der Tat nicht erfüllt, so König. Sie hätte sich "sehr gewünscht", dass die Prüfung zum Ende des Jahres abgeschlossen gewesen wäre. Der Rundfunkrat einigte sich schließlich, die Kanzlei in einem Monat zu einem Bericht über ihre Fortschritte in der Untersuchung aufzufordern.

Einen ersten Zwischenbericht legten die Anwälte Ende Oktober vor. Doch die schwerwiegendsten Vorwürfe, die unter anderem die Vergabe von Beraterverträgen beim Bau des mittlerweile gestoppten Digitalen Medienhauses betreffen, stehen noch aus. Das Ausmaß der Probleme beeindrucke sie immer noch, sagte Katrin Vernau. Sie übernahm die Führung des Senders im September, einige Wochen nachdem ihre Vorgängerin Patricia Schlesinger ihrer Ämter als ARD-Vorsitzende und RBB-Intendantin aufgeben musste.

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