Kreisumlage:Wenn der Maulwurf spricht

Kreisumlage: Das Landratsamt richtet derzeit das ehemalige Impfzentrum als Unterkunft für Geflüchtete her. Viele Kosten übernimmt der Staat. Auf den Personalkosten, die für die Betreuung der Geflüchteten anfallen, bleibt allerdings der Landkreis sitzen.

Das Landratsamt richtet derzeit das ehemalige Impfzentrum als Unterkunft für Geflüchtete her. Viele Kosten übernimmt der Staat. Auf den Personalkosten, die für die Betreuung der Geflüchteten anfallen, bleibt allerdings der Landkreis sitzen.

(Foto: Marco Einfeldt)

Der Landkreis lebt im Wesentlichen von dem Geld, das die Gemeinden als Kreisumlage zahlen. Weil die Kosten explodieren, soll die jetzt erhöht werden. Den Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen gefällt das gar nicht - auch nicht der Umstand, dass sie rein zufällig davon erfahren haben.

Von Peter Becker, Freising

Mit der Kreisumlage ist es so eine Sache. Die Bürgerinnen und Bürger dürfte es kaum interessieren, wie viel Geld ihre Gemeinden an den Landkreis abdrücken müssen. Für die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ist es dies jedoch essentiell: Wird am Hebesatz geschraubt, klafft in ihrem Haushalt plötzlich ein Finanzloch. Darum reagierten die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ziemlich verschnupft, als kolportiert wurde, dass eine Erhöhung der Kreisumlage im Schwange ist.

Spekulativ ist, wer geplaudert hat. Landrat Helmut Petz (FW) sagte, er habe über die Kreisumlage bislang nur mit den Fraktionsvorsitzenden besprochen. Jedenfalls musste er sich im Kreisausschuss des Kreistags harte Kritik gefallen lassen. Der Landrat setzte sich zur Wehr. Die Kreisumlage ist seit dem 2011 nicht mehr erhöht worden. 2014 gab es angesichts sprudelnder Einnahmen sogar eine Absenkung von 49,9 auf 47,9 Punkte.

Angesichts der Irritationen und des Unmuts über die bevorstehende Erhöhung des Hebesatzes, der immerhin die vergangenen acht Jahre lang galt, sagte Petz: "Das geht nicht so weiter. Das hat sich angekündigt." Er verwies auf den Beschluss der Haushaltssatzung für das Jahr 2022. Tatsächlich war dort vermerkt, dass die Kämmerei für die Finanzplanung der Haushaltsjahre 2023 bis 2025 bereits höhere Ansätze bei der Kreisumlage eingeplant hatte.

In der Sitzung des Ausschusses für demographische und soziale Fragen hatte Petz jüngst auf eine Erhöhung der Kreisumlage hingewiesen. Diese ist dessen neben Gebühren und staatliche Zuwendungen die einzige Einnahmequelle. Der Sozialhaushalt steht exemplarisch für die zunehmende Finanzknappheit des Landkreises. So ist etwa angesichts der gestiegenen Energiekosten der Kreis der Wohngeldberechtigten um das Dreifache gestiegen.

Der Landkreis lebt von dem Geld, das die Gemeinden als Kreisumlage zahlen

Petz verwies auf die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine, den bei der Verabschiedung des Haushalts 2022 niemand einkalkuliert hatte. Der Krieg zieht einen ganzen Rattenschwanz an Konsequenzen hinter sich her: steigende Energiekosten, verbunden mit einem "Spritgeld", das an den Münchner Verkehrsverbund gezahlt wurde, um den Busverkehr aufrechtzuerhalten; die Bewirtschaftung der Liegenschaften des Landkreises, die Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine, die Änderung deren Status von Asylsuchenden in Sozialhilfeempfänger und das Alles gepaart mit erheblichem Personalbedarf.

Petz verwies darauf, dass das Landratsamt zu 80 Prozent aus der Umsetzung von Vorgaben des Staates bestehe. Möglichkeiten zum Sparen seien da begrenzt. Petz gab zu, dass die Behörde im Wesentlichen vom Geld der Gemeinden lebe. Aber diese müssten bedenken, dass der Landkreis beispielsweise für alle Menschen in seinem Zuständigkeitsbereich Wohngeld zahle.

Alles was "nice to have ist" muss raus

Kreisrätin Anita Meinelt (CSU) legte dennoch den Finger in die Wunde. Einige Kommunen hätten ihren Haushalt schon beschlossen und vorgelegt. Zum Beispiel die Stadt Moosburg. Werde die Kreisumlage um zwei Punkte erhöht, reiße das ein Loch von einer halben Million Euro in deren Etat. Der Haushalt sei auf der Grundlage der geltenden Kreisumlage berechnet worden, und plötzlich ploppe eine Erhöhung auf. "So ein Dilemma darf sich nicht wiederholen", forderte Anita Meinelt angesichts der Kommunikationspanne.

Der Kommunikationsfehler sei jetzt kein Weltuntergang", beschwichtigte Josef Dollinger (FW). "Aber äußerst bedauerlich." Es sei eine "fatale Geschichte", sagte Kreis- und Stadträtin Eva Bönig (Grüne). Die Stadt Freising zählt zu den fünf Kommunen, die ihren Haushalt bereits zur Prüfung vorgelegt haben.

Meinelt riet, beherzt den Rotstift anzusetzen. "Alles was nice to have ist, muss raus." Vor der Kür komme die Pflicht, stimmte ihr Reiner Schneider (FW) zu. Michael Stanglmaier (Grüne) hielt dagegen, dass der Etat des Landkreises schon oft auf Kante genäht war. Was Einsparungen angehe, solle man aber "nicht mit dem Rasiermesser streichen". Wenn der Landkreis mehr Geld brauche, dann sei das halt so, sagte Sebastian Thaler (SPD) pragmatisch. Doch niemand solle glauben, die Gemeinden gingen ihren Hobbys nach, was freiwillige Leistungen anbelangt, "sondern wir erledigen unsere Aufgaben."

Der Sündenbock ist der Staat, der Kommunen immer mehr Aufgaben aufbürdet

"Ich bin jetzt der Sündenbock", sagte Petz zerknirscht. Er will aber trotzdem an seinem Zeitplan festhalten. Demnächst will Petz im örtlichen Gemeindetag den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern die geplante Erhöhung der Kreisumlage plausibel machen. Dann folgt am 16. Februar die Vorberatung des Haushalts im Kreisausschuss, Ende März dann die Abstimmung im Kreistag.

Man steuere auf einen finanziellen Kollaps zu, warnte Petz. Er wolle lieber "Schwarzmalen als umgekehrt". Viel war im Ausschuss die Rede, dass der Landkreis angesichts der Finanznöte mit dem letzten Hemd daherkomme. Angesichts noch nicht vorhersehbaren Belastungen warnte Karl Ecker (FW) davor, dass der Landkreis nicht auch noch die Hosen runter lassen müsse.

Den eigentlichen Sündenbock machten dann Bönig und Ecker ausfindig. Ihrer Meinung nach ist das der Staat, der immer mehr Aufgaben auf die Kommunen abwälze. Das wiederum führe zu den permanenten Kostensteigerungen.

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