Denkmal in Forstenried:Enttäuschte Hoffnungen auf dem Derzbachhof

Denkmal in Forstenried: Nutzbar sind die Gemeinschaftsräume im alten Bauernhaus.

Nutzbar sind die Gemeinschaftsräume im alten Bauernhaus.

(Foto: Catherina Hess)

Die Aussicht auf Mietvergünstigungen ist nicht die erste Ankündigung des Immobilieninvestors Euroboden, die von der Realität überholt wird. Auch mit den Wohnungseigentümern auf dem Gelände gibt es Streit.

Von Sebastian Krass

"Mach mit uns den Derzbachhof", das war der Slogan für eine ungewöhnliche Idee auf dem Wohnungsmarkt dieser Stadt. Wenn man seine Fähigkeiten für die Hausgemeinschaft einbringe, "lässt sich die Miete vergünstigen". Das erläuterte Stefan Höglmaier, Chef des Grünwalder Immobilienunternehmens Euroboden, im November 2020 in einem SZ-Interview. Da könne es um die Verwaltung der Quartiersapp gehen oder darum, sich um die Gemeinschaftsküche, den Coworking-Bereich und die Buchung der Gästezimmer zu kümmern. Bald darauf berichtete eine Firmensprecherin von großer Nachfrage nach den vier Mietwohnungen.

Nun, gut zwei Jahre später, ist der Um- und Ausbau von Münchens ältestem Bauernhof in Forstenried fertig, ein architektonisches Schmuckstück ist er geworden. Nur die ungewöhnliche Idee ist im Sande verlaufen. Anfang dieses Jahres tauchten Mietwohnungen, die im historischen Teil entstanden sind (neben 17 Eigentumswohnungen im Neubau), ganz regulär auf Immoscout auf, für etwa 25 Euro pro Quadratmeter.

Und das ist nicht der einzige Schatten enttäuschter Hoffnungen, der über diesem besonderen - und in der Nachbarschaft von Anfang an umstrittenen - Immobilienprojekt liegt. Denn Höglmaier, der den Altbau im Privateigentum behalten hat, liegt auch über Kreuz mit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer (WEG).

Denkmal in Forstenried: Wohnte bisher im ehemaligen Bunker an der Ungererstraße 158: Stefan Höglmaier.

Wohnte bisher im ehemaligen Bunker an der Ungererstraße 158: Stefan Höglmaier.

(Foto: Catherina Hess)

Die fühlen sich in die Irre geführt, weil Höglmaier die Gemeinschaftsflächen an einen externen Dienstleister verpachtet hat. "Eine Verpachtung und kommerzielle Nutzung stehen für uns im Widerspruch zu dem uns verkauften Konzept, wonach das nahezu 270 Jahre alte, denkmalgeschützte Bauernhaus der gemeinschaftliche Ort der Hofbewohner wird", heißt es in einer Protestnote der WEG an Höglmaier, die der SZ vorliegt. Sie stören sich auch an einer möglichen Vermietung des Gästeapartments über Airbnb.

Denkmal in Forstenried: Sorgfältig saniert: der Hochbunker an der Ungererstraße.

Sorgfältig saniert: der Hochbunker an der Ungererstraße.

(Foto: Catherina Hess)

Das Unternehmen Euroboden steht vor allem für den Bau von Eigentumswohnungen im obersten Preissegment, verbunden mit hohem architektonischen Anspruch und Mut zu ungewöhnlichen Projekten. Eines davon war der Umbau eines Hochbunkers an der Ungererstraße in München. Das dreigeschossige Penthouse mit 380 Quadratmetern und Panorama-Terrasse bewohnte Höglmaier bisher selbst. Nun bietet er es zum Verkauf an, für 12,9 Millionen Euro. Ihn ziehe es aufs Land, sagt er.

Denkmal in Forstenried: Der Blick von der Dachterrasse dürfte einzigartig sein.

Der Blick von der Dachterrasse dürfte einzigartig sein.

(Foto: Catherina Hess)

Im SZ-Interview sagte Höglmaier, er wolle seine architektonischen Ansprüche "auch zu bezahlbareren Preisen" umsetzen. Auf einem städtischen Grundstück im Kreativquartier plante Euroboden deshalb einen Holzbau mit Mietwohnungen für 9,99 Euro pro Quadratmeter, zog sich aus dem Projekt aber kürzlich zurück, weil Baukosten und Zinsen zu sehr gestiegen seien.

Denkmal in Forstenried: Im Kreativquartier wollte Euroboden Mietwohnungen für 9,99 Euro pro Quadratmeter bauen. Doch das Projekt ist geplatzt.

Im Kreativquartier wollte Euroboden Mietwohnungen für 9,99 Euro pro Quadratmeter bauen. Doch das Projekt ist geplatzt.

(Foto: Euroboden)

Und was ist nun im Derzbachhof schief gelaufen? Man habe intensiv versucht, das Konzept der vergünstigten Mieten umzusetzen, berichtet Höglmaier. "Aber es war wahnsinnig komplex", wegen Themen wie Steuern, Haftung und Versicherung, "wir hatten immer nur Bausteine". Dann, so sagt Höglmaier, habe jemand angeboten, die Gemeinschaftsflächen zu bewirtschaften. Mit diesem "Kümmerer" sei er sich einig geworden: "Es wäre schön gewesen, wenn es anders gegangen wäre. Aber so war es praktikabler."

Damit hatte er die Mietwohnungen zur freien Verfügung. Dass die so teuer sind, erklärt Höglmaier mit den "enormen Baukosten". Die Inserate hat er schon wieder aus dem Netz genommen, wegen "so vieler Anfragen". Und was ist mit den Menschen, die sich über Monate, vielleicht Jahre Hoffnung auf eine bezahlbare Mietwohnung im Derzbachhof gemacht hatten? Eine Frau, sagt er, ziehe zum regulären Mietpreis ein. Für die anderen, so ist seine etwas gewundene Antwort darauf zu verstehen, habe es leider nicht sein sollen.

Die "Irritation" der WEG über die Verpachtung könne er nicht nachvollziehen, schreibt Höglmaier auf Nachfrage. Man habe "immer kommuniziert", dass auch Dritte die Gemeinschaftsräume nutzen und das Denkmal "erleben" könnten. Ihm sei aber wichtig, "dass die Bewohner Vorzüge bei der Buchung haben". Bisher habe es keine "Nutzungskollision" gegeben, im Gegenteil: "Der Hof erfreut sich besonderer Beliebtheit."

Dennoch könnte es sein, dass am Projekt Derzbachhof Makel kleben bleiben. Fürchtet er um die Glaubwürdigkeit von Euroboden und seinen Versprechungen? Die Frage lässt Stefan Höglmaier unbeantwortet.

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