Sonderbares Angebot:Freistaat versteigert Häuser, die dem Abriss geweiht sind

Sonderbares Angebot: Drei Häuser am Obergrashof südlich der Schleißheimer Straße sollen verkauft werden. Doch es ist fraglich, ob sich jemand dafür findet.

Drei Häuser am Obergrashof südlich der Schleißheimer Straße sollen verkauft werden. Doch es ist fraglich, ob sich jemand dafür findet.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Seit einigen Tagen stehen drei Gebäude im Landkreis Dachau zum Verkauf. Ein Mindestgebot gibt es nicht. Der Haken: Es gab wohl nie eine Baugenehmigung.

Von Alexandra Vettori, Dachau

Sage noch einer, es gebe keine Schnäppchen auf dem Immobilienmarkt im Großraum München. Es gibt sie, wenn auch nur mit riesengroßen Fragezeichen. So wie im Fall der drei Häuser kurz vor Dachau, am Obergrashof südlich der Schleißheimer Straße. Die bietet der Freistaat gerade zum Verkauf an.

Die Häuser sind zwar abgewohnt, doch die Lage ist, von der stark befahrenen Straße daneben mal abgesehen, durchaus lauschig, mit viel Natur und mehreren Seen vor der Haustüre. Wer interessiert ist, kann sein Gebot in einem verschlossenen Umschlag an die "Immobilien Freistaat Bayern" schicken, dem Verwalter der staatlichen Immobilien. Ein Mindestgebot gibt es nicht.

Die Häuser müssten ersatzlos abgerissen werden

Aber man sollte sich darauf einstellen, dass mit dem neuen Besitz nichts anderes anzufangen ist, als ihn abzureißen - ohne Ersatzbau. Das älteste der Häuser ist irgendwann um 1929 entstanden, eines um 1949 und eines um 1969, so genau weiß man das nicht. Dass man es nicht weiß, liegt daran, dass es keine Baugenehmigung gibt, nie gab. "Baugenehmigungsunterlagen für die bestehenden Gebäude konnten trotz intensiver Recherche nicht ermittelt werden, weshalb die Gebäude keinen Bestandsschutz genießen", schreibt die Immobilien Freistaat Bayern offen im Exposé auf ihrer Homepage.

Auf Nachfrage teilt Geschäftsführer Gerhard Reichel mit, dass die seinerzeitige Bezirksfinanzdirektion die Flächen vor 30 Jahren gekauft habe. Damals sei man davon ausgegangen, "dass beim Bau der Häuser die hierfür erforderlichen Genehmigungen vorlagen". Seit 2006 sei für die staatlichen Liegenschaften die Immobilien Freistaat Bayern zuständig. Dort habe man intensiv nach Baugenehmigungsunterlagen für die teils sehr alten Gebäude gesucht, aber nichts finden können, so Reichel. Was man im Verkaufsexposé "in transparenter Weise" auch klar dargestellt habe.

Ein generelles Veräußerungsverbot für Liegenschaften mit ungeklärter baurechtlicher Situation besteht laut Reichel nicht. Ob einen etwaiger Käufer eine Abbruchverfügung oder Nutzungsuntersagung erwartet, liege im Ermessen der zuständigen Bauaufsichtsbehörde.

Ohne Baugenehmigung schaut es auch für privilegierte Nutzungen schlecht aus

Das ist in diesem Fall die Gemeinde Karlsfeld. Dort gibt es einen Flächennutzungsplan, der für die fraglichen Grundstücke Grün- und Waldfläche vorsieht, dazu liegen sie im Landschaftsschutzgebiet "Amperauen mit Hebertshauser Moos und Inhauser Moos". Wenn überhaupt sind hier im Außenbereich als Folgenutzung der Wohnhäuser nur sogenannte privilegierte land- oder forstwirtschaftliche Vorhaben oder solche zur öffentlichen Versorgung mit Strom, Gas oder Wasser genehmigungsfähig, das besagt Paragraf 35 des Baugesetzbuches. "Aber wenn die Häuser keine Genehmigung haben, dann schaut es schlecht aus", sagt der Karlsfelder Bauamtsleiter Günter Endres.

Sonderbares Angebot: Auch für die jüngeren Gebäude am Obergrashof südlich der Schleißheimer Straße gibt es keine Baugenehmigung.

Auch für die jüngeren Gebäude am Obergrashof südlich der Schleißheimer Straße gibt es keine Baugenehmigung.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Sollte sich doch ein Käufer finden, hätte er auch Mieter. Von den drei Häusern steht eines leer, eines ist seit den 1980er-Jahren als Wohnhaus vermietet, das dritte dient als Lagerraum. Die bestehenden Mietverhältnisse, heißt es im Angebot, seien im Zuge des Verkaufs zu übernehmen. Allerdings ist das Mietverhältnis für das letzte Wohnhaus zum November 2023 vermieterseits gekündigt worden.

Wer noch an weiteren Details interessiert ist, dem sei gesagt, dass es keinen Anschluss an die öffentliche Abwasserbeseitigung gibt. Das Abwasser wird in einer mechanischen Klärgrube gesammelt und abtransportiert. Frühere Öltanks sind demontiert, die letzten Mieter heizen mit Holz und Strom.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusImmobilien
:Warum sich die neue Grundsteuer in München ungerecht auswirkt

Auch nach Ablauf der bundesweiten Frist haben viele Immobilienbesitzer noch keine Erklärung abgegeben. Was in Bayern anders ist, wer in München draufzahlt und wer profitiert - und warum die neue Grundsteuer auch Folgen für Mieter hat.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: