Luftfahrt:Airbus und Qatar Airways legen Streit bei

Luftfahrt: Ein Airbus A350-900 von Qatar Airways: Die Airline bestellt nun wieder beim europäischen Flugzeughersteller.

Ein Airbus A350-900 von Qatar Airways: Die Airline bestellt nun wieder beim europäischen Flugzeughersteller.

(Foto: Markus Mainka/imago images/CHROMORANGE)

Der Flugzeughersteller und die Fluglinie lagen zwei Jahre im Clinch. Es ging um Lackschäden wegen der Fußball-WM und Forderungen in Milliardenhöhe. Nun haben sich die beiden überraschend geeinigt.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Es war wohl einer der brutalsten öffentlichen Konflikte, der je in Luftfahrtindustrie ausgetragen wurde. So verbreitete Qatar Airways Bilder von Airbus-Maschinen, bei denen beschädigte Rumpf- und Flügeloberflächen zu sehen war. Airline-Chef Akbar al-Baker bezeichnete die Mängel sogar als Sicherheitsrisiko und verklagte Airbus auf Entschädigungen in Höhe von rund zwei Milliarden US-Dollar. Airbus stornierte im Gegenzug Qatar Airways-Aufträge für mehr als 70 Flugzeuge und bezichtigte al-Baker, eine Schmierenkampagne zu führen. Der Rest der Branche staunte und fragte sich, wie die beiden Seiten jemals wieder miteinander arbeiten sollten.

Wahrscheinlich ist es bei dieser absurden Geschichte nur konsequent, dass Qatar Airways und Airbus just in dem Moment, in dem überhaupt niemand mehr mit einer gütlichen Einigung gerechnet hat, genau diese vermelden. Die gegenseitigen Klagen werden zurückgezogen, die Flugzeuge repariert, die Aufträge reaktiviert. Künftig wollen die beiden "als Partner" zusammenarbeiten. Warum nach über einem Jahr wüster Streitereien plötzlich alles wieder gut sein soll, bleibt offiziell das Geheimnis der beiden Parteien, die über die Details der Einigung Stillschweigen vereinbart haben. Es gibt aber Indizien.

Der Streit hatte begonnen, nachdem Qatar Airways eine der A350-Langstreckenmaschinen mit einer Sonderbemalung für die Fußball-Weltmeisterschaft versehen wollte. Ende 2020 fielen dabei Lackschäden auf, die zum Teil so gravierend waren, dass mehrere Farbschichten und das darunter liegende metallische Blitzschutzgitter betroffen waren. Airbus bot nach eigenen Angaben Reparaturen an, die Qatar Airways aber als unzureichend zurückwies. Nach und nach bestellte die Airline auf Anordnung der Qatar Civil Aviation Authority (QCAA) 29 von 53 A350-Maschinen ab und verklagte Airbus.

Der Flugzeughersteller räumte zwar die Mängel ein, wies aber den Eindruck scharf zurück, dadurch entstehe ein mögliches Sicherheitsrisiko. Die European Union Aviation Safety Agency (EASA), also die für Airbus zuständige Aufsichtsbehörde, schloss sich dieser Haltung an - Qatar Airways hätte die Maschinen aus ihrer Sicht also bedenkenlos weiterfliegen können. Auch andere A350-Betreiber wie Lufthansa oder Cathay Pacific haben in den letzten Jahren ähnliche Schäden beobachtet, allerdings nicht so gravierende wie Qatar Airways, und haben die Maschinen weiter eingesetzt. Bei der konkurrierenden Boeing 787 sind Farbprobleme ebenso aufgetreten.

Die A350 und die 787 sind die ersten beiden großen Zivilflugzeuge, bei denen der Rumpf aus Faserverbundwerkstoffen besteht und nicht mehr aus Metall. Das spart viel Gewicht, aber Airbus und Boeing stellen nun fest, dass die Lackierverfahren verändert werden müssen, weil sich die Materialien anders verhalten, vor allem bei den großen Temperaturunterschieden, denen Flugzeuge ausgesetzt sind. Bei Qatar Airways sind diese besonders extrem: Im Reiseflug sind die Maschinen bei rund minus 50 Grad unterwegs, in Doha stehen sie im Sommer dann stundenlang bei bis zu 50 Grad auf dem Flughafenvorfeld. Airbus hat mittlerweile neue Verfahren entwickelt, ebenso Boeing.

Ohne Einigung hätte im Sommer ein Prozess vor einem Londoner Gericht gedroht. Das war aber ganz offensichtlich nicht im Interesse der Streitparteien. Für Airbus war schon das bisherige Verfahren rufschädigend. Außerdem drohte der Konzern, einen der wichtigsten Kunden der vergangenen Jahre auf Dauer zu verlieren. Es gab wohl auch politischen Druck, denn Frankreich hofft wie Deutschland auf Energielieferungen aus Katar und da macht es sich nicht gut, den Staats-Carrier zu vergraulen. Qatar Airways wiederum konnte nicht daran gelegen sein, von Boeing abhängig zu sein. Schließlich hat Boeing bei den Langstreckenmodellen 777X und 787 große Lieferprobleme. Und siehe da: Ein wichtiger Teil der Einigung ist, dass Airbus nun doch 23 weitere A350 sowie 50 A321neo an Qatar Airways liefert.

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