Börsen nach Fed-Entscheidung:Mit hohem Einsatz gegen die Inflation

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Die Aktien haben nach dem Zinsentscheid der Fed auch an der New Yorker Börse deutlich zugelegt. (Foto: MICHAEL M. SANTIAGO/Getty Images via AFP)

Investoren gegen US-Notenbankchef Jerome Powell: Dieser Zweikampf ließ die Aktienmärkte zuletzt stark schwanken. Warum die Anleger nun an einen Sieg glauben.

Von Malte Conradi

Es war zuletzt ein Pokerspiel mit immens hohem Einsatz, das der amerikanische Notenbankchef Jerome Powell mit den Aktieninvestoren spielte. Und seit Mittwochabend deutscher Zeit, als Powell den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte anhob, glauben viele Anleger, das bessere Blatt in den Händen zu halten. Das Ergebnis waren zunächst kräftig steigende Kurse an den US-Börsen und am folgenden Morgen auch in Europa: Der Dax stieg auf rund 15 400 Punkte, ein Niveau, das er zuletzt vor etwa einem Jahr kurz vor seinem Absturz erreicht hatte.

Fed-Chef Powell kämpft seit Monaten mit drastischen Anhebungen des Leitzinses gegen die Inflation in den USA. Die höheren Zinsen für Unternehmen und Privatleute sollen die Wirtschaft abbremsen und so auch die Teuerung verlangsamen. Die Aussicht auf eine nur noch schwach wachsende oder möglicherweise sogar schrumpfende Wirtschaft wiederum hatte im vergangenen Jahr die Börsen immer wieder einbrechen lassen. Auch das war ganz in Powells Sinne. Denn in den USA, wo die meisten Menschen einen großen Teil ihres Vermögens am Aktienmarkt investiert haben, besteht ein Zusammenhang zwischen Börsenkursen und Konjunktur: In Zeiten hoher Kurse fühlen sich die Menschen wohlhabender, geben mehr Geld aus und stimulieren so die Wirtschaft. In schwächeren Börsenphasen sparen sie Geld.

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Aus diesem Grund hatte Powell seine Leitzinserhöhungen zuletzt immer mit grimmigen Reden garniert: Die Börsen seien viel zu optimistisch, die Kurse zu hoch. Es seien noch einige Zinserhöhungen nötig, um die Inflation zu besiegen und selbst wenn die letzte gekommen sei, müssten die Zinsen lange hoch bleiben. Und immer wieder erreichte Powell damit sein Ziel: Die Börsianer erschraken, die Kurse brachen wieder ein.

Doch zuletzt glaubten die Anleger dem Fed-Chef einfach nicht mehr. Sie tippten auf einen Bluff und spekulierten darauf, dass die Inflation schnell sinken und eine verlangsamte Wirtschaft Powell noch in diesem Jahr zu den ersten Zinssenkungen zwingen würde. Das Ergebnis: Kräftige Kurszuwächse seit Neujahr, der wichtigste US-Index S&P500 gewann im Januar mehr als sieben Prozent, der deutsche Dax etwa zehn Prozent. Noch stärker waren die Gewinne bei risikoreichen Anlagen, die besonders sensibel auf Veränderungen beim Zins reagieren: Die Technologieaktien im Nasdaq-Index gewannen rund 14 Prozent, der Bitcoin ist sogar gut 40 Prozent mehr wert, als zu Beginn des Jahres.

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Am Mittwochabend war es gar nicht die im Vergleich zu den vorherigen Schritten nur noch kleine Zinserhöhung, die Anleger an einen Sieg gegen den Fed-Chef glauben lassen. Das Plus von einem Viertel Prozentpunkt auf nun 4,5 bis 4,75 Prozent war allgemein erwartet worden. Was die Börsen in Euphorie versetzte, war vielmehr ein entspannt wirkender Notenbankchef, der keine Anstalten machte, den Optimismus zu zertreten. Anstatt die Annahme einer bereits besiegten Inflation wie zuletzt als falsch und gefährlich zu bezeichnen, sprach er nun ganz neutral von "unterschiedlichen Perspektiven" auf das Thema. Und: "Ich werde nicht versuchen, Menschen von ihrer Meinung abzubringen." Für viele klingt das wie eine Kapitulation.

Die Ironie an der Sache ist, dass gerade die jüngsten Kurszuwächse Jerome Powell dazu zwingen könnten, die Zinsen doch noch weiter zu erhöhen. Das Spiel ist also noch nicht zu Ende.

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