Fürstenfeldbruck:Faust lässt grüßen

Fürstenfeldbruck: Was ist gut und was ist böse? Gewissheiten geraten auf der Bühne durcheinander. Von links: Minor (Xaver Rauh), Raphaela (Lilly Luckow), Gabriela (Anna Stoll) und Major (Lena Böhme).

Was ist gut und was ist böse? Gewissheiten geraten auf der Bühne durcheinander. Von links: Minor (Xaver Rauh), Raphaela (Lilly Luckow), Gabriela (Anna Stoll) und Major (Lena Böhme).

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Im Viscardi-Gymnasium wird das Theaterstück "Fahrt zur Hölle" in sehenswerter Weise ergänzt um eine gesellschaftskritische Rahmengeschichte.

Von Clara Dünkler, Fürstenfeldbruck

Auf der Bühne, die am Mittwoch für die Premiere in der Aula des Viscardi-Gymnasiums aufgebaut ist, befindet sich nicht viel. Eine Bar aus Paletten, ein paar Gläser darauf, eine Flasche Wein. Davor hochbeinige Hocker und eine Stimmung, die eine durchzechte Nacht so mit sich bringt. Eine einsame Gestalt, die raucht. Ein zweiter kommt hinzu und setzt sich auf einen Hocker. Ein Ort zwischen Himmel und Hölle.

Fürstenfeldbruck: Von links: Moritz Gawron (ausländischer Mitbürger), Sofia Prieto Peral (Frau), Korbinian Butterer (Mann), Valentin Schinle (Obdachloser Mitbürger).

Von links: Moritz Gawron (ausländischer Mitbürger), Sofia Prieto Peral (Frau), Korbinian Butterer (Mann), Valentin Schinle (Obdachloser Mitbürger).

(Foto: Carmen Voxbrunner)

So beginnt das Theaterstück der Schultheatergruppe des Viscardi-Gymnasiums in Bruck. Zurecht fragt sich Schulleiter Walter Zellmeier, ob es sich beim ersten Wort des Titels "Fahrt zur Hölle" um Substantiv oder Imperativ handelt. Vermutlich beides. Das Original stammt von Peter Geierhaas und Fredi Öttl. Die Schauspielgruppe des Viscardi ergänzt das Stück mit einer faustisch inspirierten Rahmengeschichte und verleiht der Darbietung so eine weitere Dimension. Das Stück betrachtet die gegenwärtige Gesellschaft kritisch und schafft es, einfache Antworten zu vermeiden.

Es geht um Gewalt, Zivilcourage und darum, was die Aussicht auf Geld mit der Moral macht

Die etwa einstündige Vorstellung nimmt die Zuschauenden mit in die Hauptstadt. Die Szenerie wechselt. Es riecht nach frisch gesprühtem Graffiti, es ist laut, und helle Lichter blenden. Der Song "Schwarz zu blau" von Peter Fox dröhnt und fasst die Stimmung zusammen: "Berlin, du kannst so hässlich sein." Im Foyer des Viscardi entsteht die Berliner Untergrundbahn. Es gibt Gedränge und Pöbeleien. Es ist spät, die letzte U-Bahn fährt durch die Nacht. Im selben Waggon befinden sich ein Mann, eine Frau, ein Obdachloser, eine Drogenabhängige, ein ausländischer Mitbürger, ein junger Unternehmer, eine Schülerin und zwei explizit als deutsch bezeichnete Frauen.

Fürstenfeldbruck: Die Premiere am Mittwochabend im Viscardi-Gymnasium ist gut besucht.

Die Premiere am Mittwochabend im Viscardi-Gymnasium ist gut besucht.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

So werden die Figuren im Programmheft beschrieben. Welcher Ort wäre eher geeignet, das Soziotop der Gegenwartsgesellschaft zu bündeln? Wohl aus diesem Grund wählen zwei übermenschliche Wesen, die Gott und dem Teufel sehr ähneln, diesen Waggon zum Schauplatz ihrer Wette. Hier soll die Antwort auf die große Frage der Menschheit gefunden werden: Ist der Mensch gut oder schlecht? Überraschend plädiert der teuflische Minor (Xaver Rauh) für das grundsätzlich Gute im Menschen, während der göttliche Major (Lena Böhme) zynisch alle Hoffnung aufgegeben hat. Mit diesem Rollentausch einer klassischen Vorstellung von Gut und Böse zeigt die Theatergruppe überzeugend die Komplexität einer solchen Fragestellung und führt sie während ihres Stückes ad absurdum. Die unwissenden Passagiere des Waggons werden zum Teil eines sozialen Experiments, das Major und Minor ebenso wie die Zuschauenden beobachten.

Die Akteure trauen sich an schwierige Fragen heran und bleiben doch unterhaltsam

In der U-Bahn herrscht angespannte Stimmung. Der Anspruch des Stückes, eine Gesellschaft auf dreizehn Rollen herunterzubrechen, ist herausfordernd und in gewissem Maße lässt es die Figuren karikaturhaft erscheinen. Die Klischees werden zunächst bedient: Die frustrierte Ehefrau (Sofia Prieto Peral), den von seinem Geld besessenen Neureichen (Christian Pröpper) und die paranoide Drogenabhängige (Luise Stein). Doch als die U-Bahn im Tunnel stehen bleibt, spitzt sich die Situation zu. Es geht um Gewalt, Zivilcourage und was die Aussicht auf Geld mit der eigenen Moral macht. Das unter der Leitung von Claus Hilgers entstandene Stück traut sich, die schwierigen Fragen zu stellen. Gleichzeitig bleibt es unterhaltsam und nimmt unvorhergesehene Wendungen.

Weitere Aufführungen am Samstag, 4. Februar, Montag, 6. Februar, und Donnerstag, 9. Februar, jeweils von 19.30 Uhr an in der Aula des Viscardi-Gymnasiums in Fürstenfeldbruck. Der Eintritt ist frei.

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