Geschichte Bayerns:Wallenstein kehrt nach Bayern zurück

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Wallenstein in autoritärer Pose des Kriegsherrn. Er trägt einen einfachen Militäranzug mit modischem französischen Spitzenkragen und roter Offiziersschärpe. (Foto: Ondřej Přibyl/Česká republika - Kancelář Senátu)

Prag leiht ein berühmtes Porträt des Feldherrn aus dem Wallensteinpalais für die im Mai beginnende Landesausstellung in Regensburg aus. Es lenkt den Blick auf eine Urkatastrophe Europas, aber auch auf den Ursprung des Barocks.

Von Hans Kratzer, Regensburg

Diversen Lexika ist zu entnehmen, dass das Palais Waldstein, auch Wallensteinpalais genannt, das größte seiner Art in ganz Prag ist. Heute tagt dort der Senat der Tschechischen Republik. Dass in dem riesigen frühbarocken Gebäude zu Füßen der Prager Burg wunderbare Schätze glitzern, kann man sich leicht ausmalen. Schließlich wurde der Palast von 1623 bis 1630 im Auftrag von Albrecht von Waldstein errichtet. Dieser war eine schillernde Figur, nicht nur weil ihn Friedrich Schiller in einem Drama namens "Wallenstein" literarisch verewigt hat. Das ist der Name, unter dem Albrecht von Waldstein besser bekannt ist.

Zu den kunsthistorischen Perlen des Palais Waldstein zählt natürlich ein berühmtes Porträt Wallensteins. Um es zu sehen, musste man sich bislang nach Prag begeben. Fortgegeben wird dieses Bildnis eher selten. Umso erfreulicher, dass das Haus der Bayerischen Geschichte nun die Zusage erhalten hat, das Wallenstein-Porträt in der im Mai beginnenden Landesausstellung "Barock! Bayern und Böhmen" in Regensburg herzeigen zu dürfen.

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Salopp könnte man nun sagen: Wallenstein kommt nach Regensburg. "Diese Schlagzeile hätten sich sicherlich manche Zeitgenossen gewünscht", vermutet Richard Loibl, der Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte. Der böhmische Adelige Albrecht von Wallenstein (1583-1634) war ja nicht nur ein kaiserlicher General, sondern auch ein Kriegsunternehmer, der im Dreißigjährigen Krieg einen sagenhaften Aufstieg erlebte. Er nahm zwar des Kaisers Geld in Anspruch, aber er betrieb dennoch seine eigene Politik, was vor allem für den bayerischen Kurfürsten Maximilian I. und dessen Untertanen fatale Folgen haben sollte.

Zunächst lief alles wie am Schnürchen. Gemeinsam mit bayerischen Truppen besiegte Wallenstein auf der Seite des Kaisers und der katholischen Liga anno 1632 bei Nürnberg und Lützen den Schwedenkönig Gustav II. Adolf. Als die schwedischen Truppen allerdings im Herbst 1633 abermals in Kurbayern einfielen und dabei die Reichsstadt Regensburg eroberten, verhielt sich Wallenstein bockig. Er hielt seine Truppen im böhmischen Winterquartier zurück und leistete den darbenden Bayern kaum noch Hilfe.

Alles Flehen des bayerischen Kurfürsten und sogar des Kaisers blieb umsonst. Wallenstein rührte sich nicht. Logisch, dass sich viele fragten, ob er gar mit dem Feind paktierte. Seine Gegner in München und Wien scheinen damals zu dieser Auffassung gelangt zu sein. So gerissen Wallenstein auch vorging, am Ende überzog er, als Todfeind fiel er im katholischen Lager in Ungnade und wurde am 26. Februar 1634 in Eger von kaisertreuen Offizieren ermordet.

Maximilian I. Kurfürst von Bayern, kämpfte zuerst an der Seite Wallensteins, wurde dann aber dessen Todfeind. Asketische Strenge und Nüchternheit statt glanzvoller barocker Würdezeichen charakterisieren dieses bronzene Altersporträt. (Foto: Marion von Plate/Bayerische Schlösserverwaltung)

Zweifellos zählt Wallenstein ebenso wie Gustav II. Adolf, Kurfürst Maximilian I. und der Feldherr Tilly zu den prägenden Figuren der Urkatastrophe des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648). Unbedingt erwähnt werden muss auch der Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz, der Verlierer der am 8. November 1620 ausgetragenen Schlacht am Weißen Berg bei Prag. Letztlich hat dieses Ereignis ganz Europa erschüttert. Weil sich Friedrich nur gut ein Jahr auf dem handstreichartig gewonnenen böhmischen Thron halten konnte, verhöhnten ihn seine Feinde als "Winterkönig".

Die Schmach, dass das stolze Böhmen damals seine Eigenständigkeit verlor, ist dort nach wie vor nicht vergessen. In der tschechischen Geschichtsschreibung wurde die Zeit nach der Schlacht bis zur nationalen Wiedergeburt der Tschechen als "doba temna" ("dunkle Zeit") beschrieben.

Die Landesausstellung soll natürlich nicht nur düstere Stimmungen einfangen. In einer tschechisch-bayerischen Kooperation soll vor allem das Thema Barock beleuchtet werden. Der Begriff benennt ja nicht nur eine Stilrichtung in der Kunst, sondern eine ganze Epoche, in der - schon wegen der Kriegsfurie - die Vergänglichkeit des Menschen allgegenwärtig war.

Wie Projektleiter Peter Wolf ankündigte, wird die Ausstellung die gemeinsame Geschichte aus zwei verschiedenen Perspektiven zeigen: Während in Bayern mit dem Begriff Barock vor allem Kirchen und Schlösser in Verbindung gebracht werden, ist der tschechische Blick auf die Epoche wie schon angedeutet zumindest ambivalent. Die Niederlage des böhmischen Heeres gegen die bayerischen und kaiserlichen Truppen lastet bis heute schwer auf der tschechischen Geschichte.

Es ist ein Phänomen, dass in schlimmen und blutigen Zeiten die Kunst oft einen Aufschwung nimmt. So war es auch im Dreißigjährigen Krieg. Obwohl ganz Europa unsagbar litt, breitete sich in Bayern wie in Böhmen ein neuer Baustil aus: der Barock, der aus Italien kam. Nur dass in Böhmen der Adel die Entwicklung und Erneuerung vorantrieb, in Bayern aber die Klöster. Hier ist der Adel im Krieg, der nach Wallensteins Tod noch weitere 14 Jahre wütete, fast komplett ausgeblutet.

Und die bayerischen Großmachtträume zerplatzten am Ende ebenso. Bayern hatte 1648 quasi kein Heer mehr, es erlebte einen militärischen Bankrott, der, man glaubt es kaum, noch krasser war als der heutige in Deutschland.

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