Das Hauptzollamt München hat nach Informationen der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) allein im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres in der Region München 148 Ermittlungsverfahren im Baugewerbe eingeleitet. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit deckte bei ihren Kontrollen vor allem illegale Beschäftigung, Sozialbetrug und Mindestlohnverstöße auf, teilt die Gewerkschaft mit. Insgesamt habe die vom Münchener Zoll ermittelte Schadenssumme durch nicht gezahlte Steuern und Sozialabgaben auf dem Bau rund 1,7 Millionen Euro betragen. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres leitete das Hauptzollamt München 146 Ermittlungsverfahren auf dem Bau ein.
Die Baugewerkschaft beruft sich auf Zahlen, die das Bundesfinanzministerium auf eine Anfrage des SPD-Bundestagsabgeordneten Bernhard Daldrup mitgeteilt hat. "Die hohe Zahl der Ermittlungsverfahren zeigt, dass kriminelle Methoden auf dem Bau auch in unserer Region zum Alltag gehören", so der Bezirksvorsitzende der IG Bau Oberbayern, Harald Wulf. Die tatsächlich aufgedeckten Verstöße seien dabei nur die Spitze eines Eisbergs. Neben vielen "sauber arbeitenden Unternehmen" gebe es noch immer unseriöse Firmen, für die Lohndumping und illegale Beschäftigung bei Bauaufträgen zum Geschäftsmodell gehörten.
Inflation und hohe Zinsen führen zu weiterem Kostendruck
Wulf warnt vor einer weiteren Zunahme illegaler Machenschaften: "Die hohe Inflation, steigende Bauzinsen, hohe Material- und Energiekosten - alles führt zu einem wachsenden Kostendruck auf dem Bau", so der Gewerkschaftschef. "Unseriöse Chefs werden deshalb jetzt erst recht versuchen, ihre Kosten durch Lohndumping zu senken. Und sie werden sich noch mehr Tricksereien einfallen lassen, um Steuern und Sozialabgaben zu hinterziehen. Dadurch geraten Arbeitgeber, die sich an den Bau-Tarifvertrag halten, weiter unter Druck."
Vor diesem Hintergrund fordert die IG Bau deutlich mehr Kontrollen und eine stärkere Präsenz des Zolls auf den Baustellen. "Auch im Landkreis München wollen wir saubere Baustellen", so Gewerkschaftschef Wulf. "Der Staat muss sicherstellen, dass kriminelle Praktiken auf Baustellen keine Chance mehr haben." Zudem müssten auffällig gewordene Firmen von der öffentlichen Auftragsvergabe ausgeschlossen werden. "Wir brauchen ein 'Sündenregister für Schwarzarbeit' - eine öffentliche Kartei, in der die Betriebe aufgelistet werden, deren Geschäftsmodell auf illegaler Beschäftigung und Lohnprellerei beruht", so Wulf.