Theater ... und so fort:Bis es kippt

Theater ... und so fort: Erinnerungen scheinen manchmal schöner als die Zukunft: Gerd Lohmeyer in "Und es geht ,doch'" am Theater ... und so fort.

Erinnerungen scheinen manchmal schöner als die Zukunft: Gerd Lohmeyer in "Und es geht ,doch'" am Theater ... und so fort.

(Foto: Thomas Hafner)

Ab ins Altersheim? In der Uraufführung von "Und es geht ,doch'" von Thomas Letocha spielt Gerd Lohmeyer einen Senioren, der bei dieser Entscheidung nicht so sicher ist.

Von Yvonne Poppek

Es gibt ein Davor und ein Danach. Das Davor ist: Das Fenster öffnen und die Sprachschüler von Gegenüber singen hören, der Obsthändler ruft einen an, weil wieder frische Mangos da sind, die Zeitung gibt es im Kiosk vom Schaudinger, im Sommer auch mal ein Eis. Das Danach ist: Der Geruch nach Desinfektionsmittel, Mittagessen um zwölf, blässliche Lachsschnitte, ein Park mit viel Einsamkeit drumherum. Genau dazwischen steht an diesem Abend Gerd Lohmeyer, und der hat keine Lust auf dieses Danach.

Im Theater... und so fort hat Heiko Dietz die Uraufführung von "Und es geht ,doch'" mit dem aus Film und Fernsehen und von der Bühne her bekannten Schauspieler inszeniert. In dem Monodrama von Thomas Letocha geht es um einen Mann in den Siebzigern, noch vital, aber auch schon ein bisschen vergesslich. Bevor er nicht mehr alleine in seiner 145 Quadratmeter großen Wohnung klar kommt, hat er auf Vorschlag seines Sohnes eine Seniorenresidenz ausgesucht. Nun ist der Tag des Umzugs gekommen, Erinnerungen überwältigen ihn. Per Zufall - ein ziemlich konstruierter, aber egal - zeigt sich ihm dann ein anderer Weg auf.

Heinz Konrad hat die Bühne mit Umzugskartons zugestellt. Mittendrin sitzt Lohmeyer mit Anzug, Weste, Fliege und Stock. Den Monolog richtet er ans Publikum als stummes Gegenüber. Das wirkt natürlich, gerade so, als sei man neben ihm auf einer Parkbank zu sitzen gekommen und er finge durchaus unterhaltsam an zu erzählen. Dabei fühlt sich Lohmeyer im Verlauf der knapp eineinhalb Stunden immer mehr in seine Figur hinein. Anfangs agiert er noch textgetrieben. Doch je näher dieser Kipppunkt kommt, dieses Bewusstsein, dass das bisherige Leben vorbei ist und danach eine graue Zukunft dräut, desto stärker kehrt Lohmeyer das Innere hervor. Der Verstand schickt einen in die Obhut Fremder, das Herz will die Selbständigkeit, ja Freiheit. Diesen Zwiespalt macht dieser Abend leise und gelungen spürbar.

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