Außergewöhnliche Leistungen:Kinder, Karriere, queer

Außergewöhnliche Leistungen: Carolin Berger mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern. Sie hat den Preis "Studieren mit Kind" von der Universität der Bundeswehr in Neubiberg erhalten.

Carolin Berger mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern. Sie hat den Preis "Studieren mit Kind" von der Universität der Bundeswehr in Neubiberg erhalten.

(Foto: Isabella Hofmann)

Carolin Berger hat an der Bundeswehr-Universität in Neubiberg eine Ausbildung mit Studium abgeschlossen und dabei zwei Kinder bekommen, Sven Bäring die Gleichberechtigung von LGBTI-Personen in der Truppe vorangebracht - dafür sind beide jetzt ausgezeichnet worden.

Von Daniela Bode, Neubiberg

Eine Ausbildung machen, parallel studieren und außerdem noch ein Kind bekommen? Für Carolin Berger keineswegs unmöglich. Für die heute 27-Jährige war nach eigenen Worten immer klar, dass sie eine eigene Familie gründen möchte. Gleichzeitig wollte sie sich aber nicht in ihrer beruflichen Laufbahn einschränken lassen. Also absolvierte sie als erste Mutter an der Bundeswehr-Universität in Neubiberg ein ausbildungsintegriertes Studium. Es beinhaltete eine Ausbildung an der Versicherungskammer München und ein zeitgleiches ziviles Studium an der Universität der Bundeswehr in Wirtschafts- und Organisationswissenschaften - und in dieser Zeit brachte sie ihre Tochter zur Welt.

Als sie dann während der Corona-Pandemie vorübergehend nicht einmal den Betreuungsplatz für ihre Tochter nutzen konnte, steckte die junge Frau aus Alling im Landkreis Fürstenfeldbruck aber keineswegs den Kopf in den Sand. Für sie habe festgestanden, dass sie Familie und Beruf auch unter den schweren Bedingungen vereinbaren möchte. Weil ihr das gelang, hat die Universität ihr den Preis "Studieren mit Kind" verliehen. Mit dieser und anderen Würdigungen möchte die Hochschule besondere Leistungen abseits von Noten herausstellen. So wurde Sven Bäring mit dem neu vergebenen Diversity-Preis für seinen Einsatz um Vielfalt belohnt. Der Student ist Vorsitzender des Vereins Queer-BW.

Die Universität der Bundeswehr würdigt ihre Studenten jedes Jahr für besondere wissenschaftliche Leistungen, aber eben auch in anderen Bereichen. Die Allingerin Carolin Berger habe gezeigt, dass man ein anspruchsvolles Studium auch mit Familie meistern könne. Den Preis "Studieren mit Kind" hatte die Familienservicestelle der Universität 2017 ins Leben gerufen. "Es war uns ein wichtiges Anliegen, auch Studierende mit Familienverantwortung ins Licht zu rücken", erklärt Pamela Koch, zivile Gleichstellungsbeauftragte der Hochschule. Es sei lobenswert, wenn sie beides in Einklang brächten, trotzdem einen tollen Abschluss hinbekämen und das auch noch unter erschwerten Bedingungen wie der Pandemie geschafft hätten. Mit dem Diversity-Preis, den die Gleichstellungsstelle 2021 ins Leben gerufen hat, will die Gleichstellungsstelle einen weiteren besonderen Einsatz sichtbar machen. "Wir wollen damit Personen, die sich im Bereich Diversität engagieren, für ihre ehrenamtliche Tätigkeit auszeichnen", sagt Koch.

Tagsüber betreut die Mutter ihre Kinder, abends und nachts lernt sie

"Arbeiten, Ausbildung und Studium - das ist recht hart getaktet", sagt Carolin Berger, die junge Mutter. Am Ende hat sie drei Abschlüsse in fünf Jahren abgelegt, mit Bestnoten. Dass sie ihre 2019 geborene Tochter wegen der Pandemie 2021 nicht wie geplant in die Krippe geben konnte und sie stattdessen knapp ein Jahr lang parallel zum Masterstudium, das sie im Januar 2021 aufgenommen hatte, zuhause betreuen musste, brachte sie nicht von ihrem Vorhaben ab. "Es war eine Herausforderung, es war aber auch sehr schön", sagt die zweifache Mutter. Tagsüber betreute sie ihre Tochter, abends und nachts lernte sie. In Prüfungsphasen übernahmen ihr Mann und die Großeltern die Betreuung, damit sie an den Prüfungen teilnehmen konnte.

Berger meisterte auch eine weitere Herausforderung, denn während der zweiten Schwangerschaft mit ihrem Sohn, der voriges Jahr geboren wurde, hatte sie starke gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Umso mehr bedeuten ihr die Urkunde und die 500 Euro Preisgeld. "Er ist eine Anerkennung für meine Leistung in den vergangenen Jahren", sagt die 27-Jährige. Ihr sei wichtig zu zeigen, dass Frauen die gleichen Chancen hätten wie Männer. "Mit dem Preis wird noch mehr Aufmerksamkeit darauf gelenkt."

Außergewöhnliche Leistungen: Sven Bäring (zweiter von links) ist Vorsitzender des Vereins Queer-BW und hat den Diversity-Preis der Bundeswehr-Universität von Vizepräsident Karl-Heinz Renner (links) erhalten. Bei der Preisverleihung dabei waren auch Ellen Schmid, die Sprecherin des Beirats für Chancengerechtigkeit und Diversität, sowie Alfred Lehner, Vorsitzender des Freundeskreises der Universität der Bundeswehr.

Sven Bäring (zweiter von links) ist Vorsitzender des Vereins Queer-BW und hat den Diversity-Preis der Bundeswehr-Universität von Vizepräsident Karl-Heinz Renner (links) erhalten. Bei der Preisverleihung dabei waren auch Ellen Schmid, die Sprecherin des Beirats für Chancengerechtigkeit und Diversität, sowie Alfred Lehner, Vorsitzender des Freundeskreises der Universität der Bundeswehr.

(Foto: Universität der Bundeswehr München)

Diese Sichtbarkeit des eigenen Anliegens, die seine Auszeichnung bringt, ist auch Sven Bäring wichtig, der 2022 sein Studium der Elektro- und Informationstechnik an der Universität der Bundeswehr in Neubiberg abschloss und mittlerweile bei der Flugbereitschaft des Bundesverteidigungsministeriums in Köln/Bonn tätig ist. Der Offizier ist Bundesvorsitzender des Vereins Queer-BW und hat den Diversity-Ehrenpreis vom Beirat für Chancengerechtigkeit und Diversität an der Hochschule und dem Freundeskreis der Universität der Bundeswehr München erhalten. Dieser würdigt das Engagement des 28-Jährigen in dem Verein, der sich für die Interessen von homo- und bisexuellen sowie trans-, inter- und andersgeschlechtlichen Bundeswehrangehörigen einsetzt.

Wer homosexuell war, wurde entweder entlassen oder nicht befördert

Ein Erfolg, an dem der Verein maßgeblich beteiligt war: die Verabschiedung des Gesetzes zur Rehabilitierung homosexueller Soldatinnen und Soldaten im Jahr 2021. Bis 2000 war Homosexualität ein Kriterium, das der Eignung für die Bundeswehr widersprach. Wenn herauskam, dass Soldaten homosexuell waren, wurden sie entlassen, wie Bäring sagt; danach wurden sie zumindest nicht mehr befördert. "Unser Fokus liegt darauf, bestehende Diskriminierung abzuschaffen und für die Zukunft vor Diskriminierung zu schützen", sagt Bäring, der selbst homosexuell ist.

Er hat mit dem Verein das Thema Diversität bei der Bundeswehr maßgeblich vorangebracht, wie bei der Preisverleihung gewürdigt wurde. An der Universität in Neubiberg hatte er dazu etwa eine Lesung mit dem Autor Jens Schadendorf organisiert, der das Buch "Gayme Changer" geschrieben hat, in dem es um queere Führungskräfte geht. Das Preisgeld von 1000 Euro will Bäring dem Verein zugute kommen lassen. Der Bundeswehroffizier weiß, wie wichtig seine Arbeit ist und die des ganzen Vereins. "Der Preis ist eine starke Anerkennung, die unterstreicht, dass unsere Arbeit gesehen und wertgeschätzt wird."

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