Tesla Roadster:Beginn einer neuen E-poche

Schnell und sauber: Dass Öko viel Spaß machen kann, beweist der von einem Elektromotor befeuerte Tesla Roadster.

Joachim Becker

Den Weg in die Zukunft muss man sich als eine Art Hindernisparcours vorstellen: Ähnlich wie bei einem Formel-1-Rennwagen steigt man in den Tesla Roadster nicht ein, sondern hinunter. Und bei geschlossenem Dach schrumpft die Türöffnung auf das Format eines Briefkastenschlitzes. Also bücken, das rechte Bein unters Lenkrad fädeln, dann den Rest - Achtung, Kopf! - in die brettharte Sitzmulde plumpsen lassen. Der Dreh am Zündschlüssel dann ist weit weniger aufregend. Nichts bebt oder zündet - die Stille ist ungefähr so spannend wie eine Formel-1-Übertragung ohne Ton. Im Cockpit leuchten zwar allerlei Lämpchen auf, doch den Soundregler sucht man vergebens. So kommt die Revolution auf leisen Sohlen, der Auto-Flüsterer ist alles andere als ein Shooting Star mit jubelnden Fans bei jedem Ampelstopp.

Tesla Roadster

Schnell und sauber: Der Tesla Roadster wird von einem 215 kW starken Elektromotor angetrieben.

(Foto: Foto: Tesla)

Kein Golf-Wägelchen

Dabei stellt der Mittelmotor-Sportwagen so ziemlich alles in Frage, was wir bisher von Autos zu wissen glaubten. Denn hinter den Sitzen lauert keine Wärmekraftmaschine, die ein paar tausend Touren braucht, um richtig wach zu werden. Der Elektromotor ist vom ersten Moment an voll auf Trab, seine Drehmomentkurve ist eine schnurgerade Linie, die sich von null bis hin zu 6500 Umdrehungen zieht. Wer bei Elektrofahrzeugen an Golf-Wägelchen denkt, wird in diesem 215 kW (290 PS) starken Roadster schnell eines Besseren belehrt.

Satte 350 Newtonmeter Drehmoment lassen den 1200 Kilo leichten Zweisitzer wie einen Pfeil von der Sehne schnalzen: einfach das Gaspedal drücken und den ersten und einzigen Vorwärtsgang bis auf 13000 Touren ausdrehen. Weniger als vier Sekunden braucht die Vier-Meter-Flunder für den Spurt von null auf 100km/h - so muss sich Münchhausen auf seiner Kanonenkugel gefühlt haben. Auf der Autobahn aber geht dem Supersportwagen allerdings schnell die Puste aus. Oberhalb von 150 km/h lässt die Leistung merklich nach, bei Tempo 200 ist Schluss - mehr möchte man der zappeligen Lenkung und den elektrohydraulischen Bremsen auch nicht zumuten.

6831 Laptop-Akkus

Nun darf im Tesla-Geburtsland Kalifornien ohnehin niemand schneller als 112 km/h fahren; mit diesem Tempolimit ist auch die angegebene Reichweite des Batterieautos zu erklären. Eine Ladung der 6831 Laptop-Akkus, die rund 3,5 Stunden dauert, soll für 358 Kilometer gut sein. Wer aber mehr als 7000 Touren dreht, lässt den Ampere-Bedarf in die Höhe schießen, die Batterieladung geht dann sichtlich zur Neige. Zurück im Stadtverkehr rotieren alle Kühlsysteme auf Hochtouren, um den 20.000 Euro teuren Energiespeicher bei Laune zu halten - das klingt ungefähr so unangenehm wie ein Schwarm Moskitos im Landeanflug.

Beginn einer neuen E-poche

Dennoch: Autos ohne Verbrennungsmotor sind ein ganz neues Erlebnis. Der Tesla ist mit 90 Prozent Wirkungsgrad nicht zu schlagen; herkömmliche Autos lassen zwei Drittel der Energie in Form von Reibung und Abwärme verpuffen. "Eine Entwicklung wie vor 100 Jahren - statt schwerer Wellen und Transmissionsriemen benötigen wir Antriebssysteme wie bei Robotern; klein, leicht und direkt dort, wo sie gebraucht werden", erklärt Bernd Gombert vom Entwicklungszentrum für Mechatronik. Tatsache ist aber, dass der Tesla noch keine Radnabenmotoren in den Rädern einsetzt; zudem wiegen die Batterien stolze 450 Kilo, vom Kofferraum bleibt nur eine Ablagefläche übrig. Fakt ist aber auch: Kommt der getankte Strom aus einem Gaskraftwerk, verbraucht dieser Roadster umgerechnet so wenig Energie wie ein konventionelles Ein-Liter-Auto.

Ze'ev Drori, Präsident von Tesla Motors, spricht davon, "das Beste aus Detroit und Silicon Valley" zu kombinieren. Doch der Roadster ist kein Großserienauto gewohnter Qualität, sondern ein Prototyp, den man für 99000 Euro jetzt auch in Europa bestellen kann - nach dem Bananenprinzip reift der Tesla beim Kunden. Das merkt man besonders beim selbstentwickelten Ein-Gang-Getriebe: Denn wirklich ausgereift ist dieses "Update 1.5", das das vorherige Zwei-Gang-Getriebe abgelöst hat, aber auch nach einem Jahr Verzögerung noch nicht - im Testwagen ruckelte es noch gehörig beim Gaswegnehmen. Noch problematischer ist die Lebensdauer der Hochenergie-Akkus, die bis zu 90 Prozent entladen werden. Tesla gibt drei Jahre oder knapp 60000 Kilometer Garantie, für happige 5000 Dollar lässt sich die Gewährleistung um ein Jahr verlängern.

"Paradigmenwechsel im Individualverkehr"

Tesla plant weitere Modelle. Für eine Limousine im Format des Mercedes CLS wird derzeit Investorengeld gesammelt, rund 10000 Stück sollen von 2010 an von dem Elektro-Viertürer pro Jahr gebaut werden - dann wird sich zeigen, ob Tesla den Sprung hin zum Serienhersteller schafft. Denn die Frage ist, ob sich der geplante Zweitonner von den Bauraumzwängen heutiger Fahrzeuge lösen und bei gleicher Grundfläche mehr Platz für die Fahrgäste schaffen kann. Noch entscheidender für den Erfolg ist, ob die Lithium-Ionen-Batterien mit 80 kW/h Kapazität wirklich die Qualitätsstandards über Lebenszeit erfüllen, die man von einem 60.000-Dollar-Auto erwarten kann. "Wir wollen einen Paradigmenwechsel im Individualverkehr", so Tesla - jetzt müssen der E-Revolution nur noch die Taten folgen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: