Südkorea:Wenn die Sexpuppe im Müll landet

Südkorea: Prostitution ist in Südkorea verboten, der Import lebensgroßer Sexpuppen aber erlaubt. Seit Kurzem gelten die Plastikkörper auch nicht mehr als Gefahr für die öffentliche Moral.

Prostitution ist in Südkorea verboten, der Import lebensgroßer Sexpuppen aber erlaubt. Seit Kurzem gelten die Plastikkörper auch nicht mehr als Gefahr für die öffentliche Moral.

(Foto: Anthony Wallace/AFP)

In Südkorea steigt die Zahl der lebensgroßen Erotikfiguren. Das wirft nicht nur ethische Fragen auf - sondern auch Fragen nach der Entsorgung: Wie ein Müllwerker kürzlich den Schreck seines Lebens bekam.

Von Thomas Hahn, Seoul

Der nächste Höhepunkt in der südkoreanischen Sexpuppen-Berichterstattung war die Nachricht vom entsetzten Müllmann. Sie stand in der Zeitung Kookmin Ilbo, mit Verweis auf soziale Medien. Der nicht namentlich genannte Abfallbeseitiger habe dort gepostet, dass er neulich in einem Müllhaufen ein Haarbüschel gesehen habe. "Ich habe dran gezogen, weil ich dachte, das sei eine Perücke." Plötzlich hatte er einen Kopf in der Hand. "Könnt ihr euch vorstellen, wie sehr ich mich erschreckt habe?" Er dürfte schnell gemerkt haben, dass es kein echter Kopf war. Trotzdem verbindet der Müllmann die Anekdote mit einem Anliegen: "An alle, die Sexpuppen kaufen wollen: Bitte denkt auch darüber nach, wie ihr sie richtig entsorgt."

Sexpuppen sind ein Thema in Südkorea. Woran das liegt, kann man ahnen: Der Tigerstaat erlebt eine Entfremdung der Geschlechter. Konservative Männer kommen mit ihren festgefahrenen Rollenbildern und Schönheitsidealen bei vielen Frauen nicht mehr gut an. Dazu kommt, dass Prostitution in Südkorea verboten ist. Der Import von lebensgroßen Sexpuppen ist hingegen erlaubt - mittlerweile sogar ausdrücklich. Erst im Dezember gab die Zollbehörde bekannt, dass sie besagte Puppen nicht mehr als Gefahr für die öffentliche Moral sehe. Nur wenn sie Kinder darstellen, bleiben sie verboten wie in anderen Ländern auch, etwa in Deutschland.

Männer scheinen also mehr Bedarf an künstlichen Sexpartnerinnen zu haben, und das Gesetz ist auf ihrer Seite. Schon im Januar 2019 gab ein Gericht in Seoul einer Firma recht, die dagegen geklagt hatte, dass der Zoll in Incheon die Einfuhr einer Puppe verhinderte. Seither steigt das Sexpuppen-Aufkommen in Südkorea. Es gibt immer mehr sogenannte Sex-Doll-Erlebnisläden, also Bordelle, in denen man diskret Puppensex haben kann. Das Angebot der Hersteller ist vielfältig, wie die Nachrichtenagentur Reuters 2019 aus Anlass einer Petition von Sexpuppen-Gegnern berichtete: Die Puppen kosten von einer Million Won, umgerechnet 740 Euro, bis zu 20 Millionen Won (14 800 Euro), je nach Ausstattung, zum Beispiel mit weicher Silikonhaut oder Körpertemperatur-Regler für die Illusion von menschlicher Wärme.

Eine ganze Fußballtribüne voller Sexpuppen

Von Männerpuppen für Frauen wird nie berichtet. Menschenrechtsgruppen reklamieren sexuelle Objektivierung und Frauenfeindlichkeit. Die Konsumenten wiederum wirken teilweise überfordert. Nicht nur der erschreckte Müllmann berichtet von falscher Entsorgung: Im Mai 2022 meldete ein Mann in Gwangju einen leblosen Körper in einem See - eine Sexpuppe, wie sich nach großer Aufregung herausstellte.

Und im Mai 2020 blamierte der FC Seoul die Männerfußball-Liga K-League beim Heimspiel gegen Gwangju FC mit einem ganzen Aufgebot an Sexpuppen. Wegen der Pandemie waren Zuschauer im Stadion verboten. Die Tribünen sollten nicht so leer aussehen. Man habe Schaufensterfiguren aufstellen wollen, aber bei der gelieferten Ware wohl nicht richtig hingeschaut, erklärte der Klub kleinlaut: "Wir hätten mehr auf Details achten sollen." Die vollbusigen Puppen trugen züchtige Trikots, immerhin. Trotzdem musste der FC Seoul 100 Millionen Won Strafe zahlen.

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