Obdachlosigkeit:Auf einen Kaffee und einen Ratsch

Obdachlosigkeit: Auf einen Kaffee und einen Ratsch lädt das neue Café am Brückerl ein. Erna Weinzierl (links) und Petra Bauernfeind von der Nachbarschaftshilfe Erding haben die wichtigste Anschaffung schon mal getestet: die neue Kaffeemaschine.

Auf einen Kaffee und einen Ratsch lädt das neue Café am Brückerl ein. Erna Weinzierl (links) und Petra Bauernfeind von der Nachbarschaftshilfe Erding haben die wichtigste Anschaffung schon mal getestet: die neue Kaffeemaschine.

(Foto: Renate Schmidt)

Die Nachbarschaftshilfe Erding eröffnet am Donnerstag das Café am Brückerl. Auch wenn es sich um eine recht abgespeckte Form der ursprünglich geplanten Wärmestube handelt, ist der Verein zufrieden. Es gibt gratis Kaffee oder Tee, Lesestoff und immer jemanden, der einem zuhört.

Von Regina Bluhme, Erding

Einen Cappuccino, einen Latte Macchiato oder lieber einen Milchkaffee? Die fabrikneue Kaffeemaschine in den Räumen der Nachbarschaftshilfe Erding mahlt, blubbert und zischt. Es kann losgehen. An diesem Donnerstag, 9. Februar, eröffnet Am Mühlgraben das Café am Brückerl. Nach über zwei Jahren Anlauf gibt es nun, wenn auch in abgespeckter Form, eine Wärmestube in der Großen Kreisstadt, wo Menschen mit geringem Einkommen, Obdachlose oder Einsame einmal in der Woche kostenlos einen Kaffee oder Tee trinken, in Ruhe lesen, sich aufwärmen können. Ein nettes Gespräch ist inklusive.

"Kommen Sie lieber erst gegen 15 Uhr vorbei, wir schrauben gerade noch die Stühle zusammen", sagt Petra Bauernfeind, Erdings Zweite Bürgermeisterin (Freie Wähler) und Vorsitzende der Nachbarschaftshilfe, am Telefon. An diesem Freitag ist Bauernfeind mit Erna Weinzierl fleißig am Zusammenbauen. Das neue Café am Brückerl befindet sich in den beiden hinteren Räumen der Nachbarschaftshilfe Am Mühlgraben 5. Es geht am Büro vorbei in einen kleinen hellen Raum, in dem bereits zwei Tischchen mit je zwei farbigen Stühlen stehen. An den Fenstern hängen eierschalenfarbene Gardinen, genäht von Erna Weinzierl. Dieses Zimmer ist laut Petra Bauernfeind als "Ruhezimmer" gedacht, wo die Gäste ungestört Zeitung oder Bücher lesen können.

Obdachlosigkeit: Der kleinere der beiden Räume ist als "Ruheraum" gedacht. Hier soll die Kundschaft zum Beispiel ungestört schmökern können.

Der kleinere der beiden Räume ist als "Ruheraum" gedacht. Hier soll die Kundschaft zum Beispiel ungestört schmökern können.

(Foto: Renate Schmidt)
Obdachlosigkeit: Der Tisch ist gedeckt: Von sofort an gibt es jeden Donnerstag in den Räumen der Nachbarschaftshilfe kostenlos Kaffee oder Tee.

Der Tisch ist gedeckt: Von sofort an gibt es jeden Donnerstag in den Räumen der Nachbarschaftshilfe kostenlos Kaffee oder Tee.

(Foto: Renate Schmidt)

In dem angrenzenden, größeren Raum thront der neue, bläulich schimmernde Kaffeevollautomat auf der ebenfalls neuen Spülmaschine. Der Unternehmer Georg Scharl aus Dorfen hat das Projekt mit 5000 Euro unterstützt. Der symbolische Scheck hängt im Aufenthaltsraum, mit der Anschubfinanzierung sei der Startschuss gefallen, sagt Petra Bauernfeind. Das Geschirr wiederum wurde schon vor Jahren aus einer Geschäftsauflösung in Neufinsing erworben. Die Küchenzeile war bereits da, hinzugekommen ist eine kleine Theke für die Getränkeausgabe. Das gute Stück hat Grünen-Stadträtin Helga Stieglmeier aus ihrem Fundus gestiftet.

Geöffnet ist das Café am Brückerl immer donnerstags für drei Stunden. Das neue Café richtet sich an eine Kundschaft, die gar nicht so leicht zu erreichen ist. Petra Bauernfeind hat sich da schon Gedanken gemacht. Zum einen werde die Nachbarschaftshilfe Zettel in Obdachlosenunterkünften verteilen, zum anderen fleißig netzwerken, natürlich auch über die Sozialen Medien. Die Erdinger Seniorenbeauftragte Silke Hörold-Ries sei bereits kontaktiert worden, ebenso Institutionen wie BRK oder Caritas. Zudem werde die Tafel Erding, die von der Nachbarschaftshilfe betrieben wird, ihre Kundschaft auf das Angebot aufmerksam machen.

Ursprünglich war eine Wärmestube am Bahnhof angedacht

Zwei Jahre hat Petra Bauernfeind für das Projekt gekämpft. Ursprünglich war eine Wärmestube am Bahnhof Erding in den Räumen der Aktionsgruppe Asyl (AGA) mit Duschmöglichkeit und Beratungsangebot und einer hauptamtlichen Betreuung angedacht. Das hatte im Stadtrat zu Debatten um die Personalkosten geführt, zudem gab es dort Stimmen, die sich grundsätzlich gegen diese Einrichtung aussprachen oder für überflüssig hielten. Jetzt kommt die Erdinger Wärmestube doch. Sie sei froh, dass es wenigstens die "kleine Version" gibt. "Besser als nichts", sagt Petra Bauernfeind. Der Bedarf sei groß.

Café am Brückerl, Am Mühlgraben 5, geöffnet donnerstags, 14 bis 17 Uhr.

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