Gastronomie im Landkreis Ebersberg:Wider den Verpackungsmüll

Gastronomie im Landkreis Ebersberg: Umweltfreundliches Mehrweggeschirr wird in der Gastronomie immer beliebter. Dieser Trend lässt sich auch im Landkreis Ebersberg beobachten.

Umweltfreundliches Mehrweggeschirr wird in der Gastronomie immer beliebter. Dieser Trend lässt sich auch im Landkreis Ebersberg beobachten.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Neuerdings müssen Lieferdienste und Gastronomie auch Mehrweggeschirr anbieten. Wie gehen die Ebersberger Wirte damit um? Und wie groß ist die Nachfrage?

Von Louisa Lettow, Ebersberg

Schüsseln und Verpackungen aus Plastik - dass diese eine Umweltsünde sind, ist schon lange bekannt. Doch gerade während des Corona-Lockdowns florierte das Mitnahmegeschäft, und so wurde der Ruf nach Alternativen immer lauter. Viele Betriebe entschieden sich deshalb gegen die Wegwerfware. Seit Anfang des Jahres soll zudem ein neues Gesetz dem umweltschädlichen Trend entgegenwirken: Es fordert von Gastronomie und Lieferdiensten, zusätzlich Mehrwegbehälter oder Leihgeschirr anzubieten. Doch wie funktioniert das in der Praxis?

Anita Stocker, Vorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbands Ebersberg, sieht die neue Gesetzgebung zwiegespalten. Einerseits sei es durchaus positiv, wenn Verpackungsmaterial gespart werde, andererseits entstünden durch die Mehrwegpflicht viele zusätzliche Kosten für die ohnehin schon belastete Gastronomie: Nicht nur, dass die Behälter selbst teuer seien, die Reinigung komme ja noch obendrauf. "Von Kollegen weiß ich, dass sie teilweise die Behälter 24 Stunden einweichen lassen", erzählt Stocker. "Man weiß ja nie, wofür die noch benutzt wurden."

Laut der Verbandschefin ist der Bedarf an Take-away-Essen wieder gesunken

Einer Schätzung Stockers zufolge bieten drei Viertel der Gaststätten im Landkreis einen Abholservice an. Einige Gastronomen würden aber weitestgehend auf das To-go-Geschäft verzichten, da die Nachfrage wieder gesunken sei. Auch Stocker selbst hat es am liebsten, wenn die Leute direkt vor Ort essen. "Da kann man auch einfach bessere Qualität liefern." Doch wenn schon Take-away, dann richtig: Ihr sei es wichtig, in ihrem Gasthof hochwertige Behälter anzubieten, auch wenn solche recht teuer seien.

Gastronomie im Landkreis Ebersberg: Anita Stocker, Wirtin des gleichnamigen Landshamer Gasthofs, findet es besser, wenn die Gäste zum Essen dableiben.

Anita Stocker, Wirtin des gleichnamigen Landshamer Gasthofs, findet es besser, wenn die Gäste zum Essen dableiben.

(Foto: Christian Endt)

Staatliche Unterstützung, um das neue Gesetz erfüllen zu können, wünscht sich die Wirtin jedoch nicht: "Am Ende müssen wir das Geld ohnehin nur wieder zurückzahlen. Eine Steuerentlastung brauchen wir!", so die Verbandsvorsitzende. Eine spürbare Veränderung durch das neue Gesetz erwartet sie ohnehin nicht: Die meisten Kunden würden das Mehrweggeschirr dann doch eher belächeln und bei den herkömmlichen Wegwerfverpackungen bleiben, sagt sie.

Umweltschutz sei mehr in das Bewusstsein gerückt, sagt der Craft-Food-Chef aus Grafing

Für Johannes Kullmann, 34, ist das neue Gesetz ein Schritt in die richtige Richtung. "Um wirklich etwas zu verändern, muss aber noch mehr geschehen", sagt er. In seinem Craft-Food-Truck in Grafing bietet Kullmann bereits seit fünf Jahren ein eigenes Pfandsystem an, und in den vergangenen eineinhalb Jahren sei die Nachfrage nach Mehrweggeschirr nochmal deutlich gestiegen. Man merke, dass Umweltschutz mehr in das Bewusstsein der Menschen rücke, so der Gastronom.

Etwa 30 Prozent der Kunden täglich nutzten das Pfandsystem oder kämen mit ihren eigenen Behältern. Verpackungen und Bestecke aus Plastik verwendet der Craft-Food-Truck indes ohnehin nicht, sondern nur solche aus nachhaltigen Materialien wie Papier oder Holz. Und Kullmann hofft, dass das neue Gesetz auch bei den Kollegen gut ankommt.

Auf dem Wochenmarkt lassen sich viele Kunden ihr Thai-Curry in eine eigene Box füllen

Sören Rabe, Thai-Stand-Betreiber auf dem Ebersberger Wochenmarkt, bietet ebenfalls bereits seit vielen Jahren Mehrwegverpackungen an, die gerade Stammkunden inzwischen häufiger nutzten. Ihn als Standbetreiber würde das neue Gesetz gar nicht dazu verpflichten, sagt Rabe, doch es liege ihm am Herzen, möglichst umweltfreundliche Alternativen anzubieten.

Viele Kunden kommen ohnehin mit eigenen Behältern vorbei: Mittags ist die Schlage vor dem kleinen Stand am längsten, und jeder Zweite hat eine Box in der Hand. Aktuell kann Rabe aber nicht für alle seine Gerichte eine Mehrwegverpackung anbieten: "Gerade beim Curry ist das schwer, denn mir ist es wichtig, dass Reis und Soße getrennt bleiben." Dafür bräuchte es also zwei Verpackungen.

Das Pfandsystem müsse noch optimiert werden, fordert Standbetreiber Sören Rabe

Auch bei der Suche nach einem geeigneten Pfandsystem habe es einige Schwierigkeiten gegeben, so Rabe. Oftmals würden die Kunden kein Pfand zahlen wollen, erst recht nicht, wenn dieses sehr hoch sei. Teils lägen die Kosten aber bei zehn Euro - laut Rabe viel zu teuer. Zudem laufe das Pfandsystem über eine App, und das sei aufwendig - sowohl für die Kunden, als auch für seine Mitarbeiter.

Ganz zufrieden ist Rabe also noch nicht. "Für mich ergibt zum Beispiel auch die Vorschrift, dass die Verpackungen immer von mir gereinigt werden müssen, keinen Sinn." Wenn die Verpackung beim gleichen Kunden bleibe, könne er sie beim nächsten Besuch doch einfach direkt wieder auffüllen. "Ich habe das Gefühl, dass viel mehr Menschen mitmachen würden, wenn es billiger und einfacher wäre. Das System muss nur noch entsprechend optimiert werden."

Seit 1. Januar gilt die Mehrwegverpackungspflicht für To-go-Getränke und Take-away-Essen. Betroffen von dem neuen Gesetz sind Gastronomie und Lieferdienste. Betriebe mit mehr als 80 Quadratmetern Verkaufsfläche und mit mehr als fünf Mitarbeitern sind dazu verpflichtet, Mehrwegverpackungen oder Leihgeschirr anzubieten. Alle zurückgebrachten Verpackungen müssen gereinigt werden. Kleinbetriebe sind von der Pflicht ausgenommen, müssen aber von Kunden selbst mitgebrachte Behälter befüllen.

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