Musikfestival:Aktivistische Dröhnung

Musikfestival: Von wegen farbenfroh und heiter: Das amerikanisch-australische Duo "Divide and Dissolve" packt seine Wut in brachiale Doom-Metal-Riffs.

Von wegen farbenfroh und heiter: Das amerikanisch-australische Duo "Divide and Dissolve" packt seine Wut in brachiale Doom-Metal-Riffs.

(Foto: Billy Eyers)

Das Münchner Frameworks-Festival setzt auch in diesem Jahr auf avantgardistische Klänge, nun aber zum ersten Mal im HP8.

Von Jürgen Moises

Dekolonialisierung. Der Kampf gegen Rassismus, Unterdrückung, weiße Vorherrschaft. Von diesen Dingen war in den vergangenen Jahren viel die Rede. Es wurde dafür oder dagegen protestiert, es wurden Artikel und Bücher geschrieben. Und meistens waren Worte dabei die zentralen Waffen. Man kann das aber auch anders machen, wie das amerikanisch-australische Duo Divide and Dissolve beweist. Sylvie Nehill und Takiaya Reed machen Doom-Metal, das ist ihre Form des Aktivismus. Sie packen ihre Wut und Überzeugungen in harte, dröhnende Gitarrenriffs, die brachial, aber auch erhaben klingen können. Gitarristin Takiaya Reed stammt von den Cherokee und Schlagzeugerin Sylvie Nehill von den Māori ab. Über ihre indigenen Wurzeln haben sie zusammengefunden. In München treten sie nun am 11. Februar beim Frameworks Festival auf.

Avantgardistischen Doom-Metal, den hat man beim 2011 gegründeten Frameworks bisher nicht gehört. Da bewegten sich die Konzerte meist zwischen Elektronik und Neuer Musik, aber auch, wie die Macher selbst sagen: "in den Grenzbereichen zwischen Struktur und abstrakter Komposition". Und da könnte man die Musik von Divide and Dissolve ja durchaus eingemeinden. Das Zerteilen und Auflösen von Strukturen und Gattungsgrenzen, wie es beim Festival häufig passiert, steckt da ja schon im Namen. Exemplifiziert wird das in diesem Jahr bei sechs Konzerten an zwei Abenden, ergänzt durch jeweils eine "Opening Sequence". Neu ist auch, dass das im Gasteig HP8 passiert. Davor hatte das in diesem Jahr wieder eintrittsfreie Festival dreimal im Blitz-Club, einmal online und lange im Einstein Kultur seinen Ort.

Der Grund für den Wechsel? Laut Christian Kiesler, der das Festival seit vielen Jahren und seit 2022 zusammen mit der Musikerin und Schriftstellerin Mira Mann kuratiert, hat das pragmatische Gründe. "Im Blitz ist man sehr limitiert, was die Künstleranzahl auf der Bühne betrifft", erklärt Kiesler, der als Booker bei Target Concerts arbeitet. Das heißt nicht, dass diesmal Orchester oder Big Bands auftreten. Aber mit Deerhoof aus San Francisco sollte immerhin eine vierköpfige Experimentalrock-Band spielen. Die musste "verletzungsbedingt" absagen. Als Ersatz ist nun am 10. Februar der amerikanische, in Berlin lebende Komponist und Musiker Colin Self zu Gast. Der trat bereits in Museen, Theatern, Opern und im Vorprogramm von Radiohead auf. Versprochen wird "ein spannendes und höchst politisches Kunstwerk".

Musikfestival: Von der rätselhaften Musik der in London lebenden japanischen Sängerin Hatis Noit soll auch David Lynch beeindruckt sein.

Von der rätselhaften Musik der in London lebenden japanischen Sängerin Hatis Noit soll auch David Lynch beeindruckt sein.

(Foto: Özge Cöne)

Als "größte" Formation stehen am 10. Februar die "Toechter" auf der Bühne. Das Berliner Streicher-Trio setzt zur Erweiterung seines Klangraums unter anderem Effektpedale und Gesang ein. Ralph Heidel studierte Jazz-Saxofon und Komposition in München und ist stilistisch stark von Elektronik angefixt. Bei Frameworks tritt er am 11. Februar mit dem Berliner Balladensänger und Komponisten Finn Ronsdorf auf. Die in London lebende, japanische Sängerin Hatis Noit ist von klassischer japanischer Musik beeinflusst, aber auch von der Oper, bulgarischen und gregorianischen Gesängen. Sie hat unter anderen mit Lubomyr Melnyk und dem London Contemporary Orchestra kollaboriert, und wie man hört, ist auch David Lynch von ihren rätselhaften Sounds beeindruckt. Das klingt nach dem perfekten "Frameworks-Material".

Frameworks Festival 2023, Fr.,/Sa., 10./11. Feb., jeweils 20 Uhr, Gasteig HP8, Saal X, Hans-Preißinger-Straße 8, www.gasteig.de, Eintritt frei

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