Brettspiel Go:Hobbyspieler schlägt "übermenschliche" KI

Brettspiel Go: Seine Profi-Karriere hat der Südkoreaner Lee Sedol, der Mann auf dem Display, aufgeben: Zu oft war er Alpha-Go von Google unterlegen.

Seine Profi-Karriere hat der Südkoreaner Lee Sedol, der Mann auf dem Display, aufgeben: Zu oft war er Alpha-Go von Google unterlegen.

(Foto: Ahn Young-joon/AP)

Seit Jahren gelten selbst Profis beim Go-Spiel als chancenlos gegen Computer. Jetzt hat ausgerechnet ein Amateur die KI deklassiert. Der entscheidende Tipp aber kam von einer Software.

Von Simon Hurtz, Berlin

Als Lee Sedol seine Karriere als professioneller Go-Spieler beendete, klang er resigniert. "Es gibt ein Wesen, das nicht besiegt werden kann", sagte er 2019. Damit meinte der Südkoreaner die Software Alpha-Go, die ihn drei Jahre zuvor in vier von fünf Partien besiegt hatte. Lee galt damals als bester Spieler der Welt. "Ich habe erkannt, dass ich nie wieder an der Spitze stehen werde, nachdem künstliche Intelligenz jetzt auch Go gemeistert hat", sagt er.

Jetzt gibt es wieder Hoffnung für Menschen. Der US-Amerikaner Kellin Pelrine hat Kata-Go und Leela Zero geschlagen, zwei Go-Programme, die mit Alpha-Go mithalten können - gegen das alle Spielerinnen und Spieler verloren. Pelrine gewann nicht nur, er deklassierte Kata-Go, obwohl die Software auf ihrem höchstmöglichen Level spielte: "übermenschlich". 15 Mal traten Mensch und Maschine gegeneinander an, 14 Mal setzte sich Pelrine durch.

Auf den ersten Blick wirkt sein Sieg wie ein Märchen. Als ambitionierter Hobbyspieler wäre Pelrine chancenlos gegen einen Profi wie Lee. Go ist ein sehr komplexes Brettspiel, es gibt mehr mögliche Züge als eine KI simulieren kann. Beim Schach reicht pure Rechenpower, Go setzt Intuition und Spielverständnis voraus. Besonders kreativ geführte Partien gelten als Kunstwerke. Deshalb waren menschliche Großmeister schockiert, als Alpha-Go vor sieben Jahren gegen Lee gewann. Und jetzt soll ausgerechnet ein Amateur den Siegeszug der Maschinen gestoppt haben?

"Es war überraschend einfach, das System auszunutzen"

Den entscheidenden Tipp bekam Pelrine von einer Software. Das Unternehmen Far AI und Forschende mehrerer US-Universitäten entwickelten gemeinsam ein Programm, das Schwächen in KI aufspürt. "Es war für uns überraschend einfach, das System auszunutzen", sagte Far-AI-Chef Adam Gleave der Zeitung Financial Times (FT).

Die Software spielte mehr als eine Million Partien gegen Kata-Go und stieß dabei auf einen blinden Fleck. Mit der richtigen Strategie kann man die KI ablenken, sodass sie nicht merkt, dass ihre Steine auf anderen Bereichen des Spielfelds eingekreist werden. Diese Taktik sei "nicht komplett trivial, aber auch nicht superschwierig" zu lernen, sagte Pelrine der FT. Er hielt sich exakt an den Plan und schlug damit ein scheinbar übermächtiges Programm, das zuvor viele Millionen Go-Partien analysiert und daraus gelernt hatte.

Genau das wurde Kata-Go zum Verhängnis. Im Trainingsmaterial finden sich solche Situationen nicht, da Menschen die Strategie schnell durchschauen und deshalb nicht anwenden. Die Software konnte also nicht lernen, wie sie darauf reagieren muss.

Dieses Beispiel zeigt, warum KI nicht im menschlichen Sinne intelligent ist. Neuronale Netzwerke werden auf eine bestimmte Aufgabe trainiert, die sie schließlich mindestens genauso gut beherrschen wie Menschen. Die Maschine wird zum nahezu perfekten Problemlöser, aber nur für ein spezifisches Problem. Wenn etwas Unvorhergesehenes geschieht, sind selbst die smartesten KIs oft hilflos. Vermutlich ist das kein Trost für Lee Sedol, aber zumindest ein Triumph für Kellin Pelrine - auch wenn er dafür die Hilfe eines Computers benötigte.

Zur SZ-Startseite

Arbeitsmarkt
:CDU hält Zuwanderungspläne der Ampel für "völlig illusorisch"

Parteivize Linnemann glaubt nicht an 400 000 Arbeitsmigranten im Jahr. Er wirft der Ampelkoalition vor, das Tor für "ungesteuerte Zuwanderung" zu öffnen. Doch seine Rechnung hat einen Haken.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: