Rechtsextremismus:Razzia beim Reichsbürgerkönig

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Staat im Staate: Peter Fitzek ist der selbsternannte Herrscher des "Königreichs Deutschland". (Foto: Robert Michael/imago)

Peter Fitzek liefert sich seit Jahren ein Katz-und-Maus-Spiel mit Finanzaufsicht und Strafverfolgungsbehörden - nun hat die Polizei die Räume seiner "Gemeinwohlkassen" durchsuchen und versiegeln lassen. Seine Unterstützer sagen, die Vorwürfe seien haltlos.

Von Iris Mayer, Dresden

Die "Gemeinwohlkasse" in Wittenberg (Sachsen-Anhalt) liegt mitten in der Fußgängerzone. Zwei Minuten sind es von hier zu Fuß zum Luther-Denkmal am Markt, nebenan liegt das Büro der Ergo-Versicherung, und auf den ersten Blick könnte man meinen, dass beide Geschäfte auch ähnliche Dienstleistungen anbieten. Doch der kleine Laden mit der blau-gelben Werbung trägt den Hinweis "Zutritt nur für Staatsangehörige des Königreiches Deutschland". Am Donnerstag steht ein Polizeiwagen davor, Beamte durchsuchen und versiegeln im Auftrag der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) die Räume. Auch in Dresden und im nordrhein-westfälischen Menden rückt die Polizei an und schließt die Geschäfte.

Ziel der Bonner Behörde ist der selbsternannte Herrscher des "Königreichs Deutschland", Peter Fitzek, der seit Jahren mit dem Namen "Gemeinwohlkasse" Gelder von Verbrauchern einsammelt und Krankenversicherungsverträge unter dem Label "Heilfürsorge" anbietet. Die erforderliche Erlaubnis für das Einlagen- und Versicherungsgeschäft hat Fitzek nicht. Mehrfach hat die Bafin deshalb die Geschäfte untersagt und Konten gesperrt - und trotzdem ging vor Ort der Betrieb einfach weiter. Auf Nachfrage der SZ machten sich im Sommer 2022 Gewerbeaufsicht und Bafin gegenseitig für die nicht erfolgte Schließung der Geschäfte verantwortlich.

Am Donnerstag wies die Bafin erneut darauf hin, dass man mehrfach bestandskräftig die Beendigung und Abwicklung der unerlaubt betriebenen Geschäfte angeordnet habe. Das "Königreich Deutschland" veröffentlichte eine Stellungnahme, in der die Vorwürfe als haltlos bezeichnet werden. Das KRD, wie sich die Organisation selbst abkürzt, sei durch Aktionen wie die Razzia noch nie zerstört worden. Fitzek und seine Anhänger erkennen die geltende Rechtsordnung der Bundesrepublik nicht an, der Verfassungsschutz beobachtet die Gruppe seit Jahren.

Schlüssel für Notfälle bei der Polizei

Das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) warnte im Frühjahr 2021 auch vor den unerlaubten Bankgeschäften der "GK Gemeinwohlkasse". In Dresden war sie im früheren Café einer Bäckerei untergekommen. In Sachsen gelang es Fitzek und seinen Anhängern inzwischen, zwei Grundstücke für "Gemeinwohldörfer" zu erwerben, nach Überzeugung des Verfassungsschutzes Rückzugsort für die Querdenker-und Reichsbürgerszene.

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Fitzek wurde vom Landgericht Halle 2017 wegen Untreue und unerlaubten Betreibens von Bankgeschäften zu einer Haftstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt. Im Prozess dokumentierte die Staatsanwaltschaft damals, dass innerhalb von drei Jahren knapp 500 Anleger insgesamt 2,4 Millionen Euro in Fitzeks System einzahlten. Viele verloren beträchtliche Summen. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil allerdings 2018 auf, weil nicht nachgewiesen sei, dass die Gelder zweckwidrig eingesetzt wurden. Auch das unerlaubte Betreiben von Bankgeschäften sah der BGH "nicht rechtsfehlerfrei belegt". Das Verfahren wurde eingestellt, weil die zu erwartende Strafe zu gering für einen neuen Prozess erschien.

Diese Justizniederlage nutzte Fitzek seither als eine Art Gütesiegel, auch am Donnerstag verwies das KRD auf das BGH-Urteil, um die Bafin-Vorwürfe als haltlos abzutun. Diese hat nach der Schließung der Geschäfte noch einen letzten Hinweis: "Für Notfälle sind Schlüssel in den örtlichen Polizeidienststellen hinterlegt."

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