Dialekte:"In Franken sagen wir: Dou de nehr ned derhudzn"

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Arm ist der Landstrich um die Nürnberger Kaiserburg schon lange nicht mehr, alt schon. Und sexy? (Foto: Daniel Karmann/dpa)

In Umfragen landet Fränkisch oft auf den hinteren Plätzen. Überhaupt gilt der Stamm als eher unerotisch. Auf Instagram zeigt eine junge Frau, dass es auch anders geht.

Glosse von Olaf Przybilla, Fürth

Unter den zeitgenössischen Franken darf Oberfrankens Bezirksheimatpfleger Günter Dippold als Ausnahmeerscheinung gelten, als einer, der auf Geschichte und Kultur gründendes Selbstbewusstsein ohne falsche Bescheidenheit zur Schau trägt. Auf tausend Einwohner, sagte Dippold einmal dem Nordbayerischen Kurier, kämen im Norden Bayerns "mehr Denkmäler" als im Süden - folglich sei Franken unterm Strich gewissermaßen kulturell reicher.

Wobei (als Teil jenes Selbstbewusstseins) Dippolds im schönsten Fränkisch gehaltene Reden gerne auch mal den eigenen Stamm aufs Korn nehmen. Offenbar sei Franken irgendwie nicht sexy, erklärt er dann - und dessen Einwohner "knorzig" und mit "ängstlicher Zurückhaltung und putziger Schüchternheit ausgestattet".

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Nicht sexy? Vor einigen Jahren ermittelte der Playboy eine Reihenfolge der erotischsten Dialekte. Gewinner war Bairisch, während das Idiom im Norden des Freistaats zumindest nicht arg weit vorn landete. Eine in Süddeutschland beheimatete überregionale Zeitung meldete in der Titelzeile ihrer Online-Ausgabe damals gar: "Die fränkische Mundart von Lothar Matthäus landete wiederum auf dem letzten Platz." Aus dem Text ging zwar hervor, dass hinter Fränkisch noch Friesisch, Badisch, Pfälzisch landeten. Aber viertletzter ist halt auch nicht supersexy.

Aus alledem - knorzig, zurückhaltend, sprechsprachlich angeblich nicht maximal erotisch - würden Marketingmenschen wohl ableiten, dass man von kurzen, über die blitzsaubere Egoplattform Instagram transportierten Dialektfilmchen auf Fränkisch besser die Finger lassen sollte. Frankendialekt und instagrammable, das dürften nicht wenige für ähnlich kompatibel halten wie Markus Söder und Demut.

Und so kann man sich täuschen. Die Mittzwanzigerin Anna Neubauer stellt seit einiger Zeit Kurzfilmchen ins Netz der Makellosen (" annather_story"), spricht dabei breitesten Dialekt und bietet eine Art Anleitung für ersprießliches Fränkisch-Parlando. "In Franken sagen wir nicht: Du brauchst dich nicht zu beeilen", grinst die Fürtherin in die Kamera, "in Franken sagen wir: Dou de nehr ned derhudzn". Oder: "In Franken sagen wir nicht: Ist das von der Höhe dafür ausreichend? In Franken sagt man: Haud des vo da Häich hie?"

Rohrkrepierer, könnte man meinen. Tatsächlich kommt Neubauer mit der Produktion offenbar kaum noch nach, Hunderttausende interessieren sich für ihre Insta-Frankenfilmchen. Was sexy ist, lernt man daraus, liegt eben immer im Auge des Betrachters - und im Ohr des Zuhörers.

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