Gericht:Von Lügen und Ungereimtheiten

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Im Dreifachmordprozess fordern die Verteidiger, den Mitangeklagten freizusprechen.

Von Andreas Salch, Starnberg

Ist Maximilian B. ein Lügner? Einer, der versucht, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen? Ja, sagen die Verteidiger von Samuel V., dem Mitangeklagten im Prozess um den Dreifachmord von Starnberg im Januar 2020. Rechtsanwalt Alexander Stevens und seine Kollegen Alexander Betz und Sarah Stolle forderten in ihren Schlussvorträgen am Donnerstag ihren Mandanten vom Vorwurf des Mordes freizusprechen und nurmehr zu einem Jahr und neun Monaten Haft auf Bewährung wegen eines Überfalls auf einen Supermarkt zu verurteilen, an dem der 22-Jährige beteiligt war.

Samuel V. hatte Maximilian B. in der Nacht des 10. Januar 2020 mit seinem Auto nach Starnberg gefahren, wo dieser seinen Freund und dessen Eltern in deren Haus mit einer Pistole erschoss. B. hat die drei Morde gestanden. Er habe verhindern wollen, so der 22-Jährige, dass sein Freund, einen Büchsenmacherlehrling und Waffennarr, einen geplanten Amoklauf in den Pasing Arcaden verübt. Die Vertreter der Staatsanwaltschaft werteten B.s Angaben zu dem angeblichen Amoklauf als nicht widerlegbar. Sie forderten in ihren Plädoyers Anfang Februar die beiden Angeklagten, die zur Tatzeit noch Heranwachsende waren, wegen Mordes sowie wegen zwei Raubüberfällen auf Supermärkte zu jeweils 13 Jahren und sechs Monaten Haft zu verurteilen. Bei einem der Überfälle hatte Samuel V. Maximilian B. zum Tatort gefahren.

Aus Sicht von V.s Verteidigern stehe nicht fest, ob der 22-Jährige wusste, dass Maximilian B. seinen Freund und dessen Eltern in jener Nacht im Januar 2020 töten werde. Denn B. habe während der Ermittlungen und im Verlauf des Prozesses, der im August 2021 begann, immer wieder gelogen, seine Aussagen dem Stand des Verfahrens angepasst, "Lügenkonstrukte" entworfen und vor allem eines getan: Den Mitangeklagten Samuel V. "immer schwerer belastet". Nach seiner Festnahme habe B. Samuel V. anfangs nicht einmal als Beteiligten genannt, so Rechtsanwalt Stevens. Samuel V. sei Maximilian B. bei seinen Vernehmungen als angeblicher Mitwisser "erst später eingefallen". Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass V. zumindest wusste, dass Maximilian B. seinen Freund erschießen und dessen Waffensammlung rauben werde. Mit dem Verkauf der Waffen, darunter auch verbotene Kriegswaffen - etwa ein Maschinengewehr - wollten die Angeklagten reich werden.

Stevens warf den Vertretern der Staatsanwaltschaft vor, sie seien bei ihren Ermittlungen den Lügen von Maximilian B. aufgesessen. Dessen Aussageverhalten kennzeichne ein "manipulatives Kalkül", das bei der Staatsanwalt "bestens funktioniert" habe. Maximilian B. habe zu wesentlichen Dingen immer wieder verschiedene Aussagen gemacht. Letztlich blieben nur "Lügen, Widersprüche und Ungereimtheiten", denen die Staatsanwaltschaft auf "den Leim gegangen" sei. Für Stevens und seine Kollegen steht fest, dass Maximilian B. keinerlei "Skrupel" habe, Samuel V. zu belasten, nur um für sich einen "Strafrabatt" herauszuschlagen. Stevens erklärte trotz umfangreicher Beweisaufnahme, dass es bis heute unklar sei, wie die Tat in Starnberg abgelaufen sei. Womöglich gebe es sogar noch einen weiteren Täter. Ein Hinweis hierfür wäre, so der Verteidiger, dass mit Patronen von zwei verschiedenen Munitionsherstellern geschossen wurde. Das Plädoyer der Verteidiger von Maximilian B. wird Montag erwartet.

© SZ vom 03.03.2023 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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