Veranstaltung der Grünen in Icking:Was tun gegen steigende Energiekosten?

Veranstaltung der Grünen in Icking: Marcus Dietmann berät Bürger zu Energiefragen.

Marcus Dietmann berät Bürger zu Energiefragen.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine sind Gas und Öl teuer wie nie. Ein Vortrag mit einem Energieexperten sollte Lösungen präsentieren - doch ganz einfache Abhilfe gibt es nicht.

Von Yannik Achternbosch, Icking

"Energie war in den vergangenen Jahren viel zu billig." Für einen Abend, der sich mit den steigenden Energiekosten befassen sollte, war der Einstieg von Philipp Geiger am Donnerstag etwas überraschend. Geiger, der für die Grünen im Ickinger Gemeinderat sitzt, kann dies jedoch schnell auflösen: Die Preise für Strom, Öl und Gas hätten weder die Kosten, die diese in der Natur verursachen, noch die politischen Kosten abgebildet. Mit politischen Kosten meint er beispielsweise die Unterstützung autoritärer Regime durch den Einkauf von fossilen Brennstoffen. Die Kosten für die Abhängigkeit von günstigem Gas aus Russland zahlen die Bürgerinnen und Bürger seit etwa einem Jahr. Die Kosten, die die Nutzung von fossilen Brennstoffen in der Natur verursacht, werden erst in den kommenden Jahrzehnten in Deutschland annähernd erfassbar sein, auch wenn andere Teile der Welt bereits jetzt deutlich stärker unter den Auswirkungen der Klimakrise leiden.

Unter dem Motto "Steigende Energiekosten - was kann ich tun?" hatten die Grünen in Icking in die Gastwirtschaft "Beim Schlicke" im Ortsteil Dorfen eingeladen. Zentraler Gast des Abends war Marcus Dietmann, Architekt und Energieexperte aus Icking, anwesend waren aber auch einige lokale Handwerker, die den Bürgerinnen und Bürgern ihre individuellen Fragen beantworten sollten. Obwohl die Partei zu der Veranstaltung eingeladen hatte, betonte Geiger, dass es sich um eine "parteiübergreifende Infoveranstaltung" handle.

Energie muss effizienter verwendet werden

"Bezahlbare Energie ist der Grundpfeiler einer stabilen Demokratie", sagte Geiger. Energie, prognostizierte er, werde auch in den kommenden Jahren teuer bleiben. Allerdings geht es bei den Preisen um viel mehr als nur den eigenen Geldbeutel, auch das zeige das Beispiel Russland. Erneuerbare Energien könnten die Kosten des Verbrauchs zwar deutlich reduzieren, dennoch bräuchte es viel mehr Bewegung an einem anderen Hebel: Der Energieverbrauch müsse zurückgehen. Exemplarisch sehen könne man das, so Geiger, an klassischen Verbrenner-Autos, die lediglich 25 Prozent der Energie des Kraftstoffs in Bewegung umwandelten, die restlichen 75 Prozent würden zu Wärme. Bei Elektroautos hingegen sei die Umwandlung viel direkter, die Fortbewegung damit also effizienter.

Der eigentliche Experte in Sachen Energieeffizienz war allerdings Marcus Dietmann, den die Grünen genau zu diesem Thema eingeladen hatten. Mit seiner Firma berät er Bürger bei Fragen zu energetischen Sanierungen und der Nutzung erneuerbarer Energien in ihren Häusern. Zum Einstieg seines Vortrags wollte Dietmann allerdings erst einmal mit einigen Mythen rund um erneuerbare Energien aufräumen, mit denen er in seiner täglichen Arbeit oft konfrontiert ist. Zum Beispiel: Eine Wärmepumpe lohne sich nur mit Fußbodenheizung. Auch wenn sie da deutlich mehr Sinn ergebe, sei die Nutzung auch in Häusern ohne Fußbodenheizung durchaus möglich und könne sinnvoll sein, sagte er.

Wärmepumpen sind oft abschreckend teuer

Viele Eigenheimbesitzer vermuteten außerdem, dass die Installation einer Photovoltaik-Anlage sich für sie nicht mehr wirklich rechnen würde. Gerade in Anbetracht der hohen Strompreise sei aktuell allerdings das Gegenteil der Fall, bei guter Lage könnte eine Anlage sich im Idealfall bereits innerhalb eines Jahrzehnts rentieren.

Die Amortisation verschiedener Anlagen war im gesamten Verlauf des Abends ein zentrales Thema, sowohl in den Vorträgen als auch in den Fragen der Zuhörer. Auch wenn die Förderung aktuell sehr hoch ist, Dietmann spricht sogar vom "Höhepunkt" und geht davon aus, dass die Förderung in den kommenden Monaten und Jahren wieder zurückgehen wird, sind es vor allem die Preise von Wärmepumpen, die die Menschen umtreiben. "Letztendlich ist das nur ein umgekehrter Kühlschrank, und den kann ich für ein paar hundert Euro kaufen", sagte einer, der die hohen Preise nicht nachvollziehen kann. Auch der Energieexperte sieht die Preise der Wärmepumpe zwar grundlegend kritisch, den Kühlschrank-Vergleich findet er allerdings zu einfach - in einer Wärmepumpe "steckt schon etwas mehr Technik". Dietmann geht davon aus, dass die Preise in den kommenden Monaten und Jahren etwas sinken werden. Aktuell könne man eine übliche Marktreaktion auf stark steigende Nachfrage beobachten.

Universelle Lösungen gibt es nicht

Der Vortrag und vor allem die anschließende Diskussion in Icking haben durchaus gezeigt, dass die Energiewende und deren konkrete Ausgestaltung sehr kontrovers diskutiert werden können. Ein Zuhörer wollte, dass beim Thema Heizen "das Holz nicht vergessen wird" - und erntete dafür teils hämisches Lachen. Antwort eines anderen Zuhörers: "Holz hält auch warm, wenn man ständig nachlegen muss."

Im Anschluss an Vortrag und Diskussion hatten die Zuhörer noch die Möglichkeit, mit verschiedenen Handwerkern aus der Region sowie Vertretern der Energiegenossenschaft Icking-Isartal ins Gespräch zu kommen und ihre ganz persönlichen Fragen zu stellen. Das Interesse an erneuerbaren Energien im eigenen Haushalt, das hat die Veranstaltung gezeigt, ist sehr groß, vielleicht sogar so groß wie nie. Fraglich ist allerdings, ob Dietmann und die anwesenden Handwerker die eigentliche Frage des Abends - "Steigende Energiekosten - was kann ich tun?" befriedigend beantworten konnten. Eine universelle Antwort gibt es nämlich nicht. Stattdessen unterscheiden sich die Lösungen je nach Haushalt sehr individuell. Auch das kann allerdings für die Zuhörer eine wichtige Erkenntnis sein.

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