Raumfahrt:Japan zerstört neue Trägerrakete nach wenigen Minuten

Es ist ein herber Rückschlag für die ehrgeizige High-Tech-Nation: Die neu entwickelte "H3"-Trägerrakete sollte einen Satelliten ins All befördern. Der Versuch endet ernüchternd.

Die neuentwickelte H3-Trägerrakete soll leistungsstärker, billiger und sicherer als ihr Vorgänger sein, nur fliegen will sie immer noch nicht. Nun der nächste schwere Rückschlag: Am Dienstag musste die japanische Raumfahrtagentur Jaxa wenige Minuten nach dem Start vom Weltraumbahnhof Tanegashima im Südwesten des Landes die Selbstzerstörung auslösen. Der Antrieb der zweiten Raketenstufe zündete nicht und die Mission hatte somit keine Aussicht auf Erfolg. Die Trümmer fielen in ein für solch einen Fall vorgesehenes Gebiet im Meer, wie Jaxa mitteilte.

Jaxa-Präsident Hiroshi Yamakawa entschuldigte sich, die Erwartungen nicht erfüllt zu haben. Man werde sich schnell daran machen, die Ursache herauszufinden und das Vertrauen in Japans Raumfahrtagentur wiederherzustellen. "Das Scheitern markiert einen schweren Rückschlag für Japans Weltraumambitionen", urteilte die Wirtschaftszeitung Nikkei Asia.

An Bord befand sich den Angaben nach ein Beobachtungssatellit mit einem Raketenfrühwarnsystem des japanischen Verteidigungsministeriums. Der Satellit ist mit einem experimentellen Infrarotsensor ausgestattet, um den Start von ballistischen Raketen aus Nordkorea aufzuspüren.

Die H3 ist Nachfolger der zuverlässigen H2A-Rakete, die nächstes Jahr ausgemustert werden soll. Sie ist 63 Meter hoch und hat einen Durchmesser von 5,2 Metern. Bereits am 17. Februar war der geplante Jungfernflug der H3-Rakete in letzter Minute wegen eines Elektronikfehlers abgebrochen worden. Schon dieser Startversuch hatte zwei Jahre hinter dem Zeitplan gelegen. Erst im vergangenen Oktober hatte Jaxa die Selbstzerstörung der kleineren Epsilon-6-Rakete ebenfalls nur wenige Minuten nach dem Start auslösen müssen, da sie von ihrer beabsichtigten Flugbahn abgewichen war.

Mit einem Preis von fünf Milliarden Yen (34 Millionen Euro) pro Raketenstart ist die H3 nur etwa halb so teuer wie ihr Vorgänger, hat aber die 1,3-fache Kapazität für Satelliten. Der Start der H3 war eigentlich für das Geschäftsjahr 2020 geplant, wurde aufgrund von Problemen bei der Entwicklung eines Haupttriebwerks aber verschoben.

Japan will im lukrativen Markt der Satellitenstarts Fuß fassen

Die nun gescheiterte H3-Mission sollte den Advanced Land Observing Satellite-3 als ein wichtiges Instrument der Regierung bei der Bewältigung von Katastrophen ins All bringen. Der Satellit hatte zudem einen Sensor des Verteidigungsministeriums dabei. Es sollte getestet werden, ob damit der Abschuss ballistischer Raketen erkannt werden kann.

Japan will mit der H3 nicht nur im lukrativen und zunehmend umkämpften Geschäft mit Satellitenstarts stärker Fuß fassen. Laut der Nikkei Asia sollte sie die wachsende Nachfrage nach Trägerraketen bedienen, nachdem Russland entschieden hatte, seine Sojus-Raketen von Europas Weltraumbahnhof in Kourou in Französisch-Guayana abzuziehen. Daneben soll die über acht Jahre hinweg entwickelte H3 aber auch im Rahmen des von den USA geführten Artemis-Programms einen unbemannten Frachttransporter zur Internationalen Raumstation ISS schicken.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: