US-Medien:Tucker Carlson verharmlost Mob vom 6. Januar als "Besucher"

US-Medien: Tucker Carlson, hier auf einem Archivbild von 2017, wird in seiner Sendung bei "Fox News" von Millionen gern gesehen. Millionen andere verachten ihn.

Tucker Carlson, hier auf einem Archivbild von 2017, wird in seiner Sendung bei "Fox News" von Millionen gern gesehen. Millionen andere verachten ihn.

(Foto: Richard Drew/AP)

Der Moderator des konservativen Senders "Fox News" zeigt einen eigenwilligen Zusammenschnitt von Videomaterial über den Sturm auf das Kapitol, das ihm von den Republikanern zugespielt wurde. In den USA sorgt das für Empörung. Trump-Anhänger fühlen sich in ihren Verschwörungsmythen bestätigt.

Von Laurenz Gehrke, Portland

Es war eine riesige Menge Material, die von einem führenden US-Republikaner zu einem Moderator des rechtskonservativen US-Senders Fox News herübergereicht wurde. Zehntausende Stunden Videoaufnahmen von der Erstürmung des Kapitols am 6. Januar 2021 übergab Kevin McCarthy, der Sprecher des Repräsentantenhauses, dem Moderator Tucker Carlson, auf dass dieser schon etwas damit anfangen würde, was den Republikanern nützt. Exklusiver Stoff, den Carlson sogleich verwertete.

In zwei Sendungen am Montag- und Dienstagabend US-amerikanischer Zeit zeigte Carlson ein Best-of der Aufnahmen, ein Best-of freilich, das ganz im Sinne des Ex-Präsidenten Donald Trump war. Der hatte immer wieder fälschlich behauptet, damals seien lediglich friedliche Demonstranten unterwegs gewesen. Auch Tucker bezeichnete den Mob als "Touristen" beziehungsweise "Besucher". Damit untermauert er die oft geäußerte Verschwörungserzählung, der Sturm aufs Kapitol sei von der Mainstream-Presse aufgebauscht worden, um Trump zu verunglimpfen.

Carlson ist dafür bekannt, Verschwörungsinhalte sowie offensichtliche Falschmeldungen zu verbreiten und gegen Minderheiten zu hetzen. Er hat eine tägliche Abendsendung auf "Fox News", die im Schnitt gut drei Millionen Zuschauer hat.

In seiner Sendung sprach Carlson auch über den Fall des Polizisten Brian Sicknick. Dieser starb am 7. Januar 2021 nach einem Schlaganfall, einen Tag, nachdem er den Eindringlingen im Kapitol gegenüberstand. Der Moderator sagte, der Tod des Polizisten sei von linken Kräften im Land überzeichnet und ausgeschlachtet worden. "Sie wussten, dass er nicht vom Mob ermordet wurde, aber sie behaupteten es trotzdem", sagte Carlson.

Carlson habe sich "Rosinen herausgepickt"

Auch der Chef der Kapitol-Polizei hat sich geäußert. Tom Manger sagte laut der Nachrichtenagentur Bloomberg, Carlson habe sich "die harmloseren Momente" des 6. Januar "wie Rosinen herausgepickt". Sicknick wäre am nächsten Tag nicht gestorben, "hätte er an dem Tag, an dem er gewaltsam angegriffen wurde, nicht stundenlang tapfer gekämpft".

Selbst aus der Republikanischen Partei gibt es Kritik an Carlson. Mitch McConnell, der Minderheitsführer der Republikaner im Senat, sagte vor Journalisten, der Chef der Kapitol-Polizei habe seiner Meinung nach "korrekt beschrieben, was die meisten von uns am 6. Januar aus erster Hand miterlebt haben".

Auf die Frage, ob McCarthy einen Fehler gemacht habe, als er Carlson das Video zur Verfügung stellte, wollte McConnell keine Antwort geben. "Meiner Ansicht nach war es ein Fehler, dass Fox News dies in einer Weise darstellte, die in völligem Widerspruch zu dem steht, was unser leitender Polizeibeamter hier im Kapitol denkt", sagte er.

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