Kritik:Ein Schelm

Lesezeit: 1 min

Stefan Leonhardsberger überzeugt mit seinem ersten Soloprogramm "Ja" im Lustspielhaus.

Von Ralf Dombrowski

Es ist ein klassisches, minimalistisches Setting. Das Podium des Lustspielhauses ist bis auf ein funktionsfreies Pult am Rand leer. Stefan Leonhardsberger assoziiert sich als fabulierender, darstellender Alleinunterhalter durch knappe eineinhalb Stunden Programm, das sein Bühnen-Selbst sich anhand zahlreicher Fallschlingen durch den urbanen Alltag hangeln lässt.

Die Rahmenerzählung ist das Familienleben mit Frau und noch voradoleszenten Kindern als launische Spiegelungen maskuliner Bemühungen, in dezent achtsamer Umgebung der spätmodernen Lebensbewältigung so etwas wie Befriedigung, Bestätigung, vielleicht sogar Lust abzugewinnen. Und Leonhardsberger ist ein Schelm. Er kennt die Kipppunkte der Realität, die Momente möglicher Identifikation des Publikums mit den kleinen Verfehlungen der Eitelkeit, die das korrekte Leben unmöglich machen. Alles scheitert so ein bisschen, Kinder abliefern im Kindergarten, Parken in Kroatien, Schnitzelbraten für die spanische Großfamilie, die flagellantische Selbstfindung auf dem Donauradweg.

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Aber die kleine Distanz zum Bühnen-Stefan macht den Humor. Klar, könnte einem auch passieren, tut es aber nicht, zum Glück. Damit allein aber wäre Leonhardsbergers erstes Soloprogramm "Ja!" charmant, aber noch nicht überraschend. Die Brücke zur Comedy schlägt er durch die darstellerisch körperlicheren Szeneneinwürfe, als Präsidentendoubles mit stackseligen Staatsoberhäuptern, als männlicher Clubtänzer vom "Glashalter" über den "Regalwischer" bis zum "Busfahrer", als Pinguin, Huhn oder Raptor in den "Animal Runs", die menschliche Bewegungsabläufe mit tierischen kombinieren. Und als Rapper von "Nachts auf der Spielstraße" oder dem "Sackerl-Rap" als Überleitung zum Merchandise.

Am Ende ist viel gelacht worden, auch von Leonhardsberger selbst, der sich mit viel Energie stellenweise von der eigenen Nervosität freispielt. Gut möglich, dass einige Pointen im Laufe der Vorstellungen sich auch noch zuspitzen. Der Start jedenfalls hat schon mal gepasst.

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