Schüsse in Hamburg:"Das sofortige Handeln hat vielen Menschen das Leben gerettet"

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Weil Polizisten zufällig in der Nähe des Tatorts sind, können sie schnell eingreifen. "Das sofortige Handeln hat vielen Menschen das Leben gerettet", sagt Einsatzleiter Matthias Tresp. (Foto: FABRIZIO BENSCH/REUTERS)

In einem Gebäude der Zeugen Jehovas in Hamburg erschießt ein Angreifer sieben Menschen, darunter auch ein ungeborenes Kind. Als Sportschütze war der mutmaßliche Täter legal im Besitz einer Waffe. Was über den Fall bekannt ist.

In Hamburg erschießt ein ehemaliges Mitglied der Zeugen Jehovas in seiner früheren Gemeinde sieben Menschen, verletzt mehrere schwer und tötet sich selbst. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu der Gewalttat im Überblick:

Was ist über den Ablauf der Tat bekannt?

Während eines Gottesdienstes in einem Gebäude der Zeugen Jehovas fallen um kurz vor 21 Uhr mehrere Schüsse. Nach Angaben der Gemeinde sind 36 Gläubige vor Ort, 25 weitere digital zugeschaltet.

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Bluttat bei Zeugen Jehovas
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Bei einer Veranstaltung der Glaubensgemeinschaft im Norden der Hansestadt fallen am späten Donnerstagabend Schüsse. Es gibt Tote und Verletzte. Die Polizei spricht von einer Amoktat.

Von Ulrike Nimz

Auf einem Video eines Anwohners ist zu sehen, dass eine schwarz gekleidete Person durch eine kaputte Scheibe von außen in das Gebäude schießt, dann in das Haus eindringt und innen weiterfeuert. Insgesamt habe der Täter neun Magazine à 15 Schuss leergeschossen, berichtet die Staatsanwaltschaft.

Bei dem Angriff sterben acht Menschen, darunter auch der mutmaßliche Täter selbst. Acht weitere Menschen werden verletzt, einige von ihnen schwer. Zu den Opfern zählt die Polizei auch ein ungeborenes Kind. Die Mutter hat die Tat überlebt.

Das Gebäude befindet sich an einer viel befahrenen Straße an der Grenze der Hamburger Stadtteile Alsterdorf und Groß Borstel. Zahlreiche Anrufer informierten die Polizei gegen 21.04 Uhr.

(Foto: SZ-Karte: Mainka/ Mapcreator.io/OSM)

Wie hat die Polizei reagiert?

Spezialkräfte der Hamburger Polizei USE seien bereits fünf Minuten nach den ersten Notrufen bei dem Gebäude gewesen, sagte Hamburgs Innensenator Andy Grote und dankte den Einsatzkräften. Durch das Eingreifen der Polizei sei der Täter von den Opfern getrennt worden. USE steht für "Unterstützungsstreife für erschwerte Einsatzlagen". Die neue Einheit gehört zur Landesbereitschaftspolizei. Matthias Tresp, der Einsatzleiter sagte: "Das sofortige Handeln hat vielen Menschen das Leben gerettet."

Nachdem die Einsatzkräfte eingetroffen waren, hätten sie in einem oberen Geschoss des Gebäudes noch einen Schuss gehört und dort eine leblose Person vorgefunden, bei der es sich um den mutmaßlichen Täter handelt, teilten die Behörden mit.

Insgesamt seien bei dem Polizeieinsatz fast 1000 Beamte im Einsatz gewesen. "Wir haben insgesamt in diesem Einsatz heute Nacht 953 Polizeibeamte eingesetzt", sagte Tresp. 52 davon seien Bundespolizisten oder Spezialeinsatzkräfte aus Schleswig-Holstein gewesen.

Was ist über den Täter bekannt?

Die Polizei geht von einem Einzeltäter aus. In der Wohnung des mutmaßlichen Täters Philipp F. seien 15 geladene Magazine und 200 weitere Schuss Munition gefunden worden, hieß es von der Staatsanwaltschaft. Nach Polizeiangaben war er Sportschütze und besaß eine halbautomatische Pistole, bei der es sich auch um die Tatwaffe handelte.

F. sei ein ehemaliges Mitglied der Gemeinde gewesen und habe diese vor eineinhalb Jahren offenbar nicht im Guten verlassen. Darüber, ob der Täter ausgeschlossen wurde oder freiwillig gegangen ist, gibt es der Staatsanwaltschaft zufolge unterschiedliche Aussagen. Die Gemeinde stellte fest, F. sei freiwillig aus der Gemeinde ausgeschieden.

Der mutmaßliche Todesschütze stammt nach dpa-Informationen aus Bayern. Der Mann wuchs demnach im Regierungsbezirk Schwaben auf und war seit dem Jahr 2015 in Hamburg gemeldet.

Bei einer Veranstaltung der Zeugen Jehovas fielen plötzlich Schüsse. Mehrere Menschen starben oder wurden verletzt. Die Polizei ermittelt. (Foto: Steven Hutchings/dpa)

Die Hamburger Polizei und der Senat stufen die Schüsse als Amoktat ein. Der Schütze sei bislang nicht als Extremist bekannt gewesen. Sein Name tauchte dennoch in den Datenbanken der Sicherheitsbehörden auf, weil er einen Waffenschein beantragt hatte. Dafür ist immer auch eine Abfrage der Zuverlässigkeit nötig, bei der Bezüge zu Straftaten und Extremismus geprüft werden. Für ein politisches Motiv oder einen terroristischen Hintergrund gibt es der Staatsanwaltschaft zufolge keine Hinweise.

Hamburgs Polizeipräsident Ralf Martin Meyer berichtete, dass der mutmaßliche Täter im vergangenen Februar von der Waffenbehörde überprüft worden sei. Anlass für die Überprüfung sei ein anonymer Hinweis gewesen, in dem es hieß, F. habe einen Hass auf die Zeugen Jehovas gehegt. Bei der Überprüfung sei jedoch nichts gefunden worden, was es gerechtfertigt hätte, die Waffe zu beschlagnahmen.

Gibt es eine Anlaufstelle für Betroffene?

Die Polizei hat auf ein Telefon für Angehörige und Betroffene hingewiesen. Die Anlaufstelle sei unter den Nummern +49 40 4286-24393, -24386 und -24323 erreichbar. Diese Nummern sollen nicht für Hinweise genutzt werden. Dafür hat die Polizei ein Hinweisportal eingerichtet. Dort können Fotos und Videos zur Tat oder relevanten Ereignissen in diesem Zusammenhang hochgeladen werden.

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