Internet: ARD und ZDF:Ein Vorbild namens BBC

Im Netz finden ARD und ZDF vergleichsweise wenig Nutzer. In Großbritannien ist alles ganz anders.

Hans-Jürgen Jakobs

Es gibt eine "Münchner Erklärung" deutscher Verleger, die schlimmste Befürchtungen über ARD und ZDF dokumentiert: Danach würde die Online-Expansion der Öffentlich-Rechtlichen die Presse gefährden.

Internet: ARD und ZDF: Die Website der BBC

Die Website der BBC

(Foto: Screenshot: BBC)

Bis dahin müsste viel passieren. Nach einem Vergleich des unabhängigen Instituts für Medien- und Kommunikationspolitik (Berlin/ Köln) schneiden die Webseiten von ARD und ZDF in der Reichweite noch sehr bescheiden ab. Das IfM, das auch eine große Mediendatenbank (www.mediadb.eu) vorhält, wertete dabei die Ranglisten des Online-Dienstes Alexa aus, einer Tochter des Online-Konzerns Amazon. Demnach lagen die Web-Angebote von ARD (www.ard.de) und ZDF (www.zdf.de) lediglich auf Platz 109 beziehungsweise auf Platz 111 der meistbesuchten deutschen Domains - weit hinter Spiegel Online (Rang 15) und Bild.de (Rang 19).

Das meistbesuchte öffentlich-rechtliche Angebot kommt vom österreichischen ORF (Rang 5), dann folgt aber schon die BBC (Platz 7 in Großbritannien), die mit Abstand stärkste öffentlich-rechtliche Internet-Marke weltweit. In Kanada liegt die BBC auf Rang 35, in den USA auf Rang 45. Im eigenen Land hat die BBC das besucherstärkste Web-Angebot eines Zeitungsverlages, des linksliberalen Guardian (Rang 29), klar abgehängt.

"Natürlich hat die BBC-Seite einen Sprachvorteil, doch der ist nicht allein ausschlaggebend für den Erfolg. Die hohen Investitionen in interaktive Angebote, die bewusst jüngere Zielgruppen ansprechen sollen, lohnen sich für die Online-Akzeptanz der BBC", sagt Gisela Schmalz, Medienökonomin am IfM. Auch in Großbritannien protestieren die Presseverleger gegen die expansive Netzpolitik der BBC. Hauptkonkurrent Rupert Murdoch (The Sun, The Times), zu dessen Konzern MySpace gehört, stört sich vor allem daran, dass die BBC mit dem Videoportal YouTube kooperiert, einer Google-Tochter.

Außerhalb der Alexa-Rankings gibt es keine offiziellen Daten für die Online-Nutzung von ARD und ZDF. Das ZDF lässt seine Akzeptanz nach INFOnline, also IVW-Kriterien, messen und gibt für die Webseiten der ZDF-Familie im Jahr 2008 einen Schnitt von rund 13 Millionen Visits (Besuche pro Monat an). Im Juni 2008 waren es 17 Millionen Visits, bedingt durch die Fußball-EM. Das Angebot heute.de erreicht im Schnitt monatlich 5,5 Millionen Visits.

Nach Auskunft der zuständigen "ARD-Onlinekoordination" beim Funkhaus Mainz des Südwestrundfunk (SWR) lassen sich für "das ARD-Netzwerk aus strukturellen Gründen keine Visit-Werte ausweisen". Im Juni 2008 erzielte allerdings tagesschau.de laut SWR-Auskunft allein 15,2 Millionen Visits.

Die Daten von IVW-Online für Juni 2008 weisen als besucherstärkstes Internet-Angebot eines deutschen Medienunternehmens ProSieben Online aus (113 Millionen Visits und Rang 6 im Gesamtranking), gefolgt von Spiegel Online (Rang 7 mit 89 Millionen. Visits) und Bild.de (Rang 10 mit 65 Millionen) und RTL.de (Rang 12, 45 Mio.). Websites wie kicker.online (23 Millionen Visits) oder sueddeutsche.de (15,3 Millionen Visits) liegen noch vor den Durchschnittswerten des ZDF.

Es sei "seltsam, dass die Debatte bislang fast ganz ohne Fakten und medienwirtschaftliche Vergleiche auskommt", kommentiert Expertin Schmalz - und fordert eine kritische Analyse der Messmethoden und Reichweiten. Dabei sollte im internationalen Vergleich nach den Gründen für Erfolg und Misserfolg öffentlich-rechtlicher Sender im Netz geforscht werden. Schmalz: "Schließlich können deutsche User, die englisch sprechen oder verstehen, jederzeit die Angebote der BBC nutzen."

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