Theater in Coburg:Die Götter müssen umziehen

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Sehr wendig in Spiel und Singen: Simeon Esper als Mime in Richard Wagners Oper "Siegfried". Von Herbst an soll der "Ring"-Zyklus im "Globe" fortgesetzt werden. (Foto: Annemone Taake/Landestheater Coburg)

Das Coburger Landestheater wird saniert, von Herbst an soll im neuen Rundbau "Globe" gespielt werden. Als finale Premiere im alten Haus gibt es Wagners "Siegfried".

Von Klaus Kalchschmid, Coburg

Am 13. Mai gibt es ein großes Abschiedsfest, dann muss das Coburger Landestheater seine Pforten für unbestimmte Zeit schließen. Es spielte bisher in einem im Inneren wunderschönen, 1838 vollendeten klassizistischen Bau direkt gegenüber dem Schloss Ehrenburg, das zu dieser Zeit ebenfalls im Stil des Empire umgestaltet wurde. Diverse Mängel wie veraltete Bühnentechnik und mangelnder Brandschutz machen dies nötig.

Hoffentlich kann es von Herbst an in einem neu gebauten Interim, das längst fertig sein sollte und wegen seines Rundbaus "Globe" genannt wird, wieder Oper, Operette, Ballett und Schauspiel geben. Im Inneren hat es mit dem berühmten Globe Theatre allerdings wenig gemein, denn es gibt zwar weder Untermaschinerie noch einen Schnürboden, aber eine Guckkastenbühne, und der Orchestergraben ist sogar größer als im alten Theater.

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Da passen die 58 Musiker für den "Ring des Nibelungen" in der Fassung von Gotthold Ephraim Lessing, der von 1933 bis 1935 erster Kapellmeister in Coburg war, so gerade hinein. Allein zwei von original vier Wagnertuben nehmen gut Platz weg, aber im Gegensatz zu den Streichern, die mit knapp 30 insgesamt doch um fast die Hälfte reduziert sind, müssen an vielen Stellen bei den Bläsern dieser Fassung keine Abstriche gemacht werden.

"Nur an wenigen Stellen wie ,Rheingold'-Beginn, dem ,Feuerzauber', Trauermarsch oder für den Schlussgesang braucht es alle Bläser", erklärt Chefdirigent Daniel Carter in einer Pause der Generalprobe zur "Siegfried"-Premiere. "Dazwischen fehlen meist keine Töne, aber die verbliebenen Spieler haben nun keine Pause mehr etwa zwischen einem großen Solo und dem weiteren Verlauf."

Dass die "Götterdämmerung" im "Globe" stattfindet, ist eher kein Manko

So klingt es über zwei Akte sehr plastisch aus dem Graben und selbst die reduzierte Streicher-Besetzung macht in diesem kleinen Raum das Waldweben zu wahrer Kammermusik. Doch im dritten Akt ist alles ein wenig anders, denn in den 15 Jahren zwischen zweitem und dritten Akt komponierte Wagner bekanntlich "Tristan" und "Meistersinger" und das musikalische Beziehungsgeflecht ist nun ungleich komplexer und dichter.

Das sprengt den kleinen Graben fast und bringt das Theater mit seinen 444 Plätzen akustisch an seine Grenzen, während die Sänger nach wie vor sehr gut klingen in einem Raum, für den einst sehr viel Holz verbaut wurde. Dass die "Götterdämmerung" in der nächsten (und zyklische "Ring"-Aufführungen innerhalb einer Woche dann in der übernächsten) Spielzeit im "Globe" stattfinden, ist also eher kein Manko.

Das Landestheater Coburg muss saniert werden. (Foto: Daniel Karmann/picture alliance/dpa)

Regisseur und Bühnenbildner Alexander Müller-Elmau lässt seine Tetralogie (vorausgegangen waren "Rheingold" im Oktober 2019 und nach langer Corona-Pause "Walküre" im April vergangenen Jahres) in einer Art Theater-Museum spielen. In "Siegfried" schwebt ein großes goldenes Gehirn herab, das einst das geschmiedete Rheingold, nun das Herz des Drachen Fafner darstellt, der diesen "Hort" geraubt hatte. Der singt aus einer Art riesigem Grammophon heraus und haucht in der fast nackten, mächtigen Gestalt des großartigen Basses Bartosz Araszkiewicz sein Leben aus.

Im ersten Akt dominierte ein Zelt als Versteck für Mime (sehr wendig in Spiel und Singen: Simeon Esper) die karge, mit schwarzen Plastikplanen ausgeschlagene Bühne, während am Ende ein fotorealistisch in Öl gemalter Waldbrand sowohl den Feuerwall symbolisiert, hinter dem in einem gläsernen Kubus Brünnhilde schläft, als auch das Ende der Götter mit dem Brand Walhalls antizipiert.

Wieder singt die junge Schwedin Åsa Jäger Wotans Lieblingstochter mit beeindruckend klarem dramatischem Sopran, und auch Patrick Cook von der Deutschen Oper Berlin besitzt einen strahlkräftig jugendlich heldischen Tenor. Er konnte allerdings krankheitsbedingt in der Generalprobe zum ersten Mal mit Orchester die ganze Partie auch aussingen, von wenigen Momenten abgesehen, in denen er sich schonen musste.

Patrick Cook als Siegfried. (Foto: Annemone Taake)

Deshalb hat das Leitungsteam in den vergangenen Tagen eine ungewöhnliche Lösung für die Premiere am Sonntag gefunden: Unter die Statisten, die seit "Rheingold" das Geschehen aus der Zukunft beobachten, mischte sich nun der Ungar Zoltán Nyári aus dem Ensemble des Oldenburgischem Staatstheaters, um im Bedarfsfall während der Aufführung als Siegfried weiter singen und spielen zu können. Für die Premiere war geplant, dass er mit dem Gang durchs Feuer zu Brünnhilde in jedem Fall den Siegfried von Cook übernimmt.

In der Generalprobe gab es dagegen noch ein schönes stummes Spiel zwischen ihm als zweitem Siegfried und dem Waldvogel, der hier auf einem Servier-Wagen aus Metall mit Rädern schläft und die erotische Erweckung Siegfrieds auslöst, während Brünnhilde bis zu ihren "Heil Dir Sonne, Heil Dir, Licht"-Rufen auf der Hinterbühne sitzend ausharrte.

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