Seeanbindung Starnberg:Viele Fragen, keine Antworten

Seeanbindung Starnberg: Stadt ohne Autos: Unter dem Motto "Erneuern und Bewahren!" präsentierte der Heimatverein "Schöner zum See" schon im Jahr 2015 einen Flyer mit einer phantasievoll idealisierten Wunschvorstellung des Starnberger Bahnhofs am See.

Stadt ohne Autos: Unter dem Motto "Erneuern und Bewahren!" präsentierte der Heimatverein "Schöner zum See" schon im Jahr 2015 einen Flyer mit einer phantasievoll idealisierten Wunschvorstellung des Starnberger Bahnhofs am See.

(Foto: Schöner zum See e.V.)

Nach SPD und FDP hinterfragt auch der Heimatverein "Schöner zum See" die Pläne zu Starnbergs wichtigstem städtebaulichen Projekt, hat aber auch keine Alternativen zum geplanten Vorhaben.

Von Peter Haacke, Starnberg

Das Thema "Seeanbindung" gewinnt an Dynamik: Starnbergs wichtigstes städtebauliche Projekt beschäftigt wieder die Gemüter, seit die Stadt das umstrittene Vorhaben am 1. März im Rahmen einer ersten Infoveranstaltung in Grundzügen präsentiert hat. Doch viele entscheidende Fragen sind weiterhin unbeantwortet, insbesondere die Finanzierung des 177-Millionen-Euro-Projekts ist bislang ungeklärt. Nachdem zuletzt FDP und SPD zum Gedankenaustausch über den Themenkomplex eingeladen hatten, folgten am Mittwoch rund 45 überwiegend betagte Zuhörer einer Einladung des Heimatvereins "Schöner zum See" (SzS) ins Clublokal des MRSV Starnberg. Abgesehen von offenen Fragen, Meinungsbekundungen und altbekannten Forderungen brachte die knapp zweieinhalbstündige Veranstaltung zwar nichts Neues, dafür tauchte wieder eine alte Forderung auf: Die Veröffentlichung der Bahnverträge.

Er ist wieder da, der 2012 gegründete Verein "Schöner zum See". Mehr als zwei Jahre lang hatte sich die Vereinigung, die bei der Kommunalwahl 2020 explizit WPS, BMS und FDP unterstützte, "zur Zurückhaltung verpflichtet", betonte SzS-Vize Günther Krawitz, um die zuletzt geführten Einigungsgespräche zwischen Stadt und Deutscher Bahn (DB) nicht zu gefährden. Krawitz skizzierte die Historie zur Seeanbindung seit 1987 mit dem Bahnvertrag, die Haltung seines Vereins ("Wir hatten grundsätzliche Zweifel") und einer für Starnberg fatalen Fehleinschätzung, der auch die damalige Bürgermeisterin Eva John (jetzt: Pfister) aufsaß: "Wir waren der Meinung, dass der Vertrag nach 30 Jahren ausläuft", sagte Krawitz.

Allen Mahnungen zum Trotz hatte John, die am Mittwoch ebenfalls anwesend war, sich aber nicht äußerte, seinerzeit diverse Beschlüsse des Stadtrats ignoriert oder nur halbherzig umgesetzt, was ihr eine Disziplinarklage einbrachte; das Verfahren ist bis heute nicht abgeschlossen. Die DB pochte derweil auf Erfüllung des Vertrags - und reichte 2019 eine Schadenersatzklage gegen die Stadt über 170 Millionen Euro ein, nachdem auch eine Mediation nach Fristablauf des Vertrags gescheitert war. Doch dieses Kapitel fand im Krawitz-Vortrag nur bruchstückhaft Erwähnung. Er fokussierte sich stattdessen auf die Kernfrage: "Ist das eine Lösung, die uns gefallen würde?"

Aus Sicht der SzS-Vorsitzenden Iris Ziebart ist die Antwort darauf negativ. Zwar sei die Euphorie anfänglich groß gewesen angesichts der Nachricht, dass Bürgermeister Patrick Janik (CSU, UWG, SPD, BLS) eine Einigung mit der Bahn erzielt habe. Mittlerweile aber habe "Ernüchterung über den Kompromiss" eingesetzt. Ziebart rechnet vor allem wegen des geplanten Abstell- und Wendegleises im Süden der Stadt mit Widerstand bei Anwohnern. Durch Emissionen, "extrem hohe Stützmauern" und eine Zufahrt zum Betriebsgebäude ergäbe sich eine "Entwertung dieser Region". Überdies hegt Ziebart Zweifel an einer Verbesserung des Seezugangs, sollten die Pläne - soweit bekannt - umgesetzt werden: Die Erreichbarkeit der Bahnsteige könne sich sogar verschlechtern.

"Was wird mit dem Blick auf See und Berge?"

"Klar wollen wir eine attraktive Promenade haben, einen Bahnhofsplatz mit höherer Qualität, weniger Verkehr und einen besseren Zugang zum See", sagte Ziebart. Sie plädierte dafür, die Wünsche der Bahn auf ein machbares Minimum zu reduzieren bei "maximaler Summe aller Wünsche" für die Stadt. Wiederholt stellte Ziebart die Frage: "Was wird mit dem Blick auf See und Berge?" - und plädierte für einen Abriss der Nebengebäude im Umfeld des historischen Bahnhofs. "Wir wollen das Projekt ja nicht ablehnen", sagte sie, "sondern die Zielkonflikte vor Augen führen, Anregungen geben mit Korrekturen und eine verträgliche Lösung finden - solange es noch möglich ist". Ansonsten warnte sie vor "einer großen Enttäuschung". Alternativen hatte sie nicht parat.

Aus dem Publikum - darunter Vertreter von WPS, BMS und FDP - kam die Anregung, den Regionalzughalt am See zu belassen und das Wendegleis am Bahnhof Nord einzurichten. Eine Frau monierte das Fehlen von Autos in einer idealisierten Darstellung des Vereins im Bereich des Bahnhofs. Ein Vertreter des Fahrgastverbands "Pro Bahn" warnte vor einer "Riesenbaustelle", Wolfgang Ziebart empfahl, die bestehende Gleislage nicht anzutasten. Und Volker Prusseit glaubt: "Das Projekt wird nie und nimmer durchgeführt, das wird keiner hier im Saal erleben." Konkrete Fragen - etwa nach dem Interesse der Bahn am Projekt oder möglichen Alternativen - vermochte der Ex-WPS-Stadtrat und Moderator Markus Mooser allerdings nicht zu beantworten: Er betonte, der Verein wolle lediglich informieren und "die Stimmungslage heraushören". Er empfahl eine Teilnahme an der Bürgerversammlung am Donnerstag, 23. März, in der Schlossberghalle.

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