Michael Ballweg:Staatsanwaltschaft klagt "Querdenken"-Gründer an

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Michael Ballweg auf einer Querdenken-Demo in Düsseldorf 2020. Weil es Hinweise auf Fluchtpläne gab, sitzt er in Untersuchungshaft. (Foto: Christoph Hardt/Imago)

Seit neun Monaten sitzt Michael Ballweg in Untersuchungshaft, ermittelt wurde wegen versuchten Betrugs und versuchter Geldwäsche. Das Landgericht Stuttgart muss nun entscheiden, ob es die Anklage zulässt.

Von Max Ferstl

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat Anklage gegen Michael Ballweg, den Gründer der "Querdenken"-Bewegung, erhoben. Das bestätigte ein Sprecher der Behörde der Süddeutschen Zeitung am Dienstagvormittag. Offen bleibt zunächst die Frage, was die Staatanwaltschaft dem 48-Jährigen konkret vorwirft. Weitergehende Auskünfte könnten derzeit nicht erteilt werden, heißt es.

Ballweg sitzt seit rund neun Monaten in Untersuchungshaft. Zunächst ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts des Betrugs in Höhe von rund 640 000 Euro sowie der Geldwäsche in Höhe von rund 430 000 Euro. Ballweg, so vermuteten die Ermittler, habe seine Anhänger um Spenden gebeten, diese aber nur teilweise für die Zwecke von "Querdenken" eingesetzt.

Später dimmte die Staatsanwaltschaft die Vorwürfe herunter, allerdings ohne auf die Gründe einzugehen. Ermittelt wurde zuletzt nur noch wegen versuchten gewerbsmäßigen Betrugs und versuchter Geldwäsche. Weil es laut den Ermittlungsbehörden konkrete Hinweise gab, dass sich Ballweg ins Ausland habe absetzen wollen, wurde er festgenommen und ins Gefängnis Stuttgart-Stammheim gebracht.

Ballwegs Anwalt spricht von einer "Freiheitsberaubung seitens des Staates"

Der Sprecher von Ballwegs Anwaltsteam, Alexander Christ, machte am Montagabend auf seinem Telegram-Kanal die Anklageerhebung öffentlich. "Kurzfristig" habe man davon erfahren. Die Anwälte haben die Behörden immer wieder scharf attackiert. Mal, weil Ballweg keine Akteneinsicht gewährt worden sei, mal, weil ein Richter einen Haftprüfungstermin vorzeitig abgebrochen habe. Zuletzt waren Ballwegs Anwälte mit einer Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert. Christ sprach mit Blick auf die Untersuchungshaft unter anderem von einer "Freiheitsberaubung seitens des Staates".

Die Sichtweise dominiert auch in den einschlägigen Telegram-Kanälen, wo seine Anhänger Ballweg die Treue gehalten haben. Sie halten ihn für das Opfer eines übergriffigen Staates. Ballwegs Briefe aus dem Gefängnis, in denen er die Zustände im Gefängnis beklagte und seine Unschuld beteuerte, wurden hier euphorisch aufgenommen. Regelmäßig demonstrierten Fans vor der Justizvollzugsanstalt im Norden Stuttgarts für Ballwegs Freilassung.

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Die Staatsanwaltschaft hat sich in den vergangenen Monaten mit öffentlichen Äußerungen sehr zurückgehalten. Die meisten Details, die über die Ermittlungen bekannt wurden, stammen aus einem Schreiben, das die Behörden an zahlreiche frühere Spender Ballwegs verschickten. Sie wollten offenbar herausfinden, ob die Unterstützer wussten, dass Ballweg ihr Geld womöglich privat verwenden würde.

In dem Schreiben erfuhr man auch, dass Ballweg sein Haus in Stuttgart verkauft und Vorkehrungen getroffen habe, seinen "Lebensmittelpunkt nach Costa Rica" zu verlagern. Deshalb auch die Untersuchungshaft: wegen Fluchtgefahr. Nun wird das Landgericht Stuttgart entscheiden, ob es die Anklage zulässt.

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