Frankreich:Der bestreikte König

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Bleibt vorerst der einzige Charles III. in Paris: Mitarbeiter des Grévin-Wachsfigurenmuseums in Paris legen am Freitag letzte Hand an eine Wachsfigur an, die den britischen König darstellen soll. (Foto: Thomas Samson/AFP)

Eine Parade auf den Champs-Élysées, ein Abendessen im Schloss von Versailles: Das Programm für den ersten Staatsbesuch von Charles III. in Frankreich stand schon. Warum jetzt doch alles abgesagt wurde.

Von Kathrin Müller-Lancé, Paris

Es hätte so schön werden können. King Charles und Roi Emmanuel, wie den französischen Präsidenten schon länger einige seiner Kritiker nennen, vereint in der Stadt der Liebe, der Lichter und von "Emily in Paris". In der kommenden Woche sollte der britische Monarch für drei Tage nach Frankreich reisen, es wäre sein erster Staatsbesuch gewesen, seit er im September des vergangenen Jahres zum König ernannt wurde.

Das Programm, das französische Medien schon seit Tagen verbreiten, las sich prächtig: eine Parade auf den Champs-Élysées, ein Galadinner im Schloss Versailles, eine Straßenbahnfahrt in Bordeaux. Auch diplomatisch wäre die Reise wichtig gewesen, um zu zeigen, dass man sich im Vereinigten Königreich bemüht, die Beziehungen zur Europäischen Union zu verbessern.

Doch zu alldem kommt es jetzt nicht. Der Besuch wurde kurzfristig verschoben, "angesichts der Ankündigung eines neuen Streiktages am kommenden Dienstag", wie der Élysée-Palast am Freitag mitteilte. Die Entscheidung sei nach einem Telefonat zwischen Macron und dem britischen König gefallen - "um Seine Majestät in Umständen zu empfangen, die unserer Freundschaft entsprechen". Wann genau die Reise nachgeholt werden soll, steht nicht fest. Der König und seine Frau freuten sich auf die Gelegenheit, Frankreich zu besuchen, sobald ein neuer Termin gefunden sei, teilte der Buckingham-Palast mit.

Schon seit Tagen wüten Menschen in Frankreich dagegen, dass Macrons Regierung ihre umstrittene Rentenreform ohne Abstimmung im Parlament durchgedrückt hat. Tagsüber blockieren die Demonstrierenden Raffinerien und Bahnhöfe, nachts brennen Mülltonnen. Nun fällt der erste Staatsbesuch den Protesten zum Opfer.

Auch die Arbeiter, die den roten Teppich ausrollen sollten, wollten streiken

Die Anzeichen dafür, dass das mit dem Besuch schwierig werden könnte, mehrten sich schon Tage vorher. Zunächst: das Problem mit dem roten Teppich. So hatte die französische Gewerkschaft CGT angekündigt, dass die Arbeiter des Mobilier national, die für die Bereitstellung von roten Teppichen und Möbeln für öffentliche Gebäude zuständig sind, nicht am Empfang des britischen Königs mitwirken wollten. Man empfinde es als Schande, einer Regierung dienen zu müssen, die den Willen des Volkes mit Füßen trete, hieß es in einer Erklärung.

Auch die Programmpunkte waren in Gefahr. Ausgerechnet in Bordeaux stand in der vergangenen Woche die Tür des Rathauses in Flammen, die Straßenbahnfahrt für den klimabewussten König hätte wegen des anstehenden Generalstreiks sowieso ausfallen müssen. Um das eigentlich im Schloss von Versailles geplante Abendessen hatte sich eine, wie man in Frankreich sagt, petite polémique entsponnen. "Wir werden dabei zusehen, wie Emmanuel Macron, der republikanische Monarch, Charles III. empfängt", schimpfte zum Beispiel die Grünen-Abgeordnete Sandrine Rousseau, "während das Volk auf der Straße tobt."

Bei dem großen Generalstreik in der vergangenen Woche hielt in Paris eine Demonstrantin ein Schild hoch mit einem Foto von Macron, der auf einem Thron aus Mülltüten sitzt. "Der König des Abfalls" stand darunter.

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