Konversion:Gute Vorbereitung ist alles

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Der östliche Bereich der Start- und Landebahn liegt auf Bockhorner Gemeindegebiet. (Foto: Renate Schmidt)

Um den Zuschlag für das Areal des Fliegerhorsts zu bekommen, legt sich Erding ganz schön ins Zeug, auch finanziell. Der Kaufvertrag ist noch nicht in trockenen Tüchern, dafür gibt es bereits Studien, Untersuchungen und Konzepte für die künftige Gestaltung.

Von Regina Bluhme, Erding

Erding legt sich ganz schön ins Zeug, damit es auch klappt mit dem Zuschlag für das Fliegerhorst-Areal. Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) würde lieber heute als morgen zugreifen, doch noch sind die Verhandlungen mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) zu keinem Abschluss gekommen. Inzwischen hat Erding bereits diverse Studien, Gutachten und Konzepte auf den Weg gebracht. Am Donnerstag hat sich der Stadtentwicklungsausschuss zum Beispiel mit der Frage beschäftigt, wie das Regenwasser in dem künftigen Stadtteil am besten genutzt werden kann.

Wenn Ende 2024 die Bundeswehr endgültig abgezogen ist, dann hat die Große Kreisstadt das Erstzugriffsrecht auf das rund 350 Hektar große Areal. In den kommenden 30 Jahren soll hier ein neuer Stadtteil für circa 6500 Menschen entstehen. Einer der zentralen Punkte bei der späteren Nutzung des Fliegerhorstgeländes wird der neue Bahnhof Erding sein - ein Knotenpunkt für S- und Regionalbahnverkehr, an dem einmal die Verbindungen zwischen München, dem Flughafen und Salzburg zusammenlaufen.

Um die Konversion zu stemmen, wird das Personal aufgestockt

Erding will also gut vorbereitet sein und Erding muss auch gut vorbereitet sein, schon um den Kauf erfolgreich abzuwickeln zu können. Das wirkt sich auch aufs Personal im Rathaus aus: Im Juli 2021 hatte der Stadtrat die für den Erwerb des Fliegerhorst-Areals notwendige Zweckerklärung sowie die Schaffung von zwei zusätzliche Vollzeitstellen im Rathaus, um die zusätzlichen Aufgaben durch die Konversion zu stemmen, einstimmig beschlossen.

Kürzlich nun haben sich die Stadträte mit der Frage beschäftigt, was mit dem Regenwasser auf dem Gelände einmal passieren wird. Eine Herausforderung ist die Bodenbeschaffenheit und der Umgang mit anfallenden Niederschlagswasser, erklärte dabei Bernadett Bleyleven von der Stadtentwicklung im Rathaus. Dies sei auch vor dem Hintergrund der militärischen Nutzung und möglichen Altlasten und Kampfmitteln zu betrachten. (Eine interaktiven Karte, die die Süddeutsche Zeitung nach gemeinsamer Recherche mit NDR und WDR vor kurzem veröffentlicht hat, weist den Fliegerhorst als Hotspot für PFAS aus).

Ein leerstehendes Unteroffiziersheim auf dem Gelände des Fliegerhorsts Erding. (Foto: Renate Schmidt)
Blick vom Tower: Eine riesige Fläche wartet nach dem Abzug der Bundeswehr auf eine neue Nutzung. (Foto: Renate Schmidt)

Außerdem ist laut Bleyleven von stark wasserundurchlässigen Bodenschichten auszugehen. Unterirdische Anlagen, wie zum Beispiel Tiefgaragen, seien daher auf dem Areal grundsätzlich nicht vorgesehen. Die derzeitige Planung sehe grundsätzlich vor, dass anfallendes Niederschlagswasser auf dem Areal nicht möglichst schnell versickert, es soll vielmehr zurückgehalten werden, verdunsten, offen abgeleitet, als Brauchwasser genutzt oder gespeichert werden. Eine Machbarkeitsstudie soll dies überprüfen. Der Beschluss des Stadtentwicklungsausschusses dazu ist notwendig, damit die Maßnahme durch die Regierung von Oberbayern im Sonderprogramm Militärkonversion gefördert werden kann. 80 Prozent sind möglich.

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Bereits 2013 wurde eine "Entwicklungsstudie Fliegerhorst Erding" angefertigt. Damit die Planungen weiter im Sonderprogramm Militärkonversion gefördert werden, wird es jetzt fortgeschrieben und angepasst, auch was die Frage des Einzelhandels betrifft. Untersucht werden soll nämlich, welches Sortiment und welche Verkaufsflächen am neuen Bahnhof und Fliegerhorst entstehen können, "ohne dass es schädliche Auswirkungen auf die Innenstadt gibt", sagt Bleyleven.

In der Bürgerwerkstatt im Juli dürfen die Erdinger mitreden

Ein wichtiger Punkt ist auch die Beteiligung der Bevölkerung. In den vergangenen Monaten brachte die Vortragsreihe "Rundflug Fliegerhorst" im Museum Erding der Zuhörerschaft schon mal Ideen und Visionen für zukunftsfähige Innenstädte, für nachhaltiges Bauen und moderne Mobilität näher. Am 8. und 9. Juli erhalten die Erdinger und Erdingerinnen in einer "Bürgerwerkstatt" im Sportpark Schollbach die Möglichkeit zur Mitsprache.

Allein diese Veranstaltung schlägt mit Raummiete, Technik, Druck, externe Moderation, Catering und einem eigens angefertigten Modell mit etwa 50 000 Euro zu Buche, wobei 80 Prozent der Kosten förderfähig sind.

Und wann kommt der Erdinger Ringschluss?

Eine bange Frage bleibt und die hat mit der Deutschen Bahn zu tun: Wie schnell geht es mit dem Erdinger Ringschluss voran? Im November vergangenen Jahrs hatte die Deutsche Bahn zum Spatenstich für den nächsten Abschnitt, die Strecke vom Flughafen München zum künftigen Kopfbahnhof Schwaigerloh in der Gemeinde Oberding, geladen. Wenn alles glatt läuft, werden dort Ende 2025 die ersten S1- und S8-Züge und auch der Flughafenexpress aus Regensburg einfahren. Bis es Richtung Erding weitergeht in einem echten Ring, wird es aber noch Jahre dauern.

Jahrzehnte wird es auf jeden Fall dauern, bis der neue Stadtteil auf dem ehemaligen Fliegerhorstgelände fertiggestellt ist. Stadträtin Helga Stieglmeier (Grüne) regte am Donnerstag daher auch an, vor allem junge Leute für die Bürgerbeteiligung zu begeistern. Zu den Vorträgen zu "Rundflug Fliegerhorst" sei vor allem ein älteres Publikum gekommen. Oberbürgermeister Max Gotz gab ihr Recht, er habe die Jugend "auch ein bisschen vermisst". Nun will die Stadt mit einem eigenen Rundschreiben die Schulen auf die Bürgerwerkstatt im Juli aufmerksam machen.

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