Münchner Momente:Unpassende Untertassen

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Staunen über die Stadt. Hier Passanten an einem Modell vor dem Frauendom. (Foto: Florian Peljak)

Wie groß die Unterschiede zwischen dem Leben auf dem Land und dem in der Landeshauptstadt sind, zeigt sich in Kleinigkeiten sehr deutlich - wie es unserem Autor, einem Oberfranken, aufgefallen ist.

Glosse von Jan Werner

Dass es innerhalb Bayerns große regionale Unterschiede gibt, ist ja kein Geheimnis. Wie groß die Gräben aber sind, über die sich staunen lässt, das offenbart sich an einem ganz normalen Wochenende in München - wenn man es als jemand erlebt, den es aus Oberfranken für einige Zeit in die Landeshauptstadt gezogen hat. Kulturschock ist ein großes Wort. Den einen oder anderen Staunmoment ob der kulturellen Unterschiede zwischen dem Land und seiner Hauptstadt - den gibt es aber schon.

Beispiel Nummer eins: Geht man in Oberfranken als Tourist aus dem Ausland ohne inländische Sprachkenntnisse in ein Bekleidungsgeschäft, so darf man froh sein, mit Englisch oder mittels Gestenkommunikation sein Begehr einigermaßen korrekt kommuniziert zu bekommen. Beim Besuch in einer Münchner Ladenpassage kann es einem genau umgekehrt ergehen: Auf Deutsch lässt sich der Größenwunsch nur näherungsweise vermitteln, auf Englisch kommt er prompt und exakt an.

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Beispiel Nummer zwei: In der Innenstadt von Hof wird eine kleine Tasse gefüllt mit Cappuccino für 2,60 Euro offeriert (und das sogar mit dem Extrawunsch "Sojadrink statt Milch"). In der Filiale einer Kaffeehauskette in gleicher Lage in München wird das Doppelte fällig. Der echte Schock aber kommt erst noch: Beim Service passt die Ober- nicht zur Untertasse! Für Franken, die sich - natürlich - noch daran erinnern, dass ihre Gegend einst ein Zentrum der deutschen Porzellan-Kunst war, ein absolutes Unding.

Womit wir bei Beispiel Nummer drei wären: Wenn es in oberfränkischen Kleinstädten noch Kinos gibt, dann haben die meist aktuelle Blockbuster im Programm. Wenn doch einmal ein Film der Arthouse-Kategorie läuft, ist das für die Interessierten in der Regel ein sehr exklusives Vergnügen, selbst an Wochenenden. In München dagegen kann es einem passieren, dass eine Nachmittagsvorstellung der nischigsten Kategorie ausgebucht ist. Kein Platz mehr frei im ganzen Saal. Und was ist das? Fast alle sind jenseits der 70. Auf dem Land zieht es Senioren am Sonntagnachmittag vielleicht in Scharen auf die Wanderwege, aber sicher nicht in die Kinosäle. Das Leben kann sehr unterschiedlich verlaufen, je nachdem, wo man es lebt. Warum der ältere Mann im Nebensessel wohl den ganzen Film verschläft? Liegt vielleich daran, dass viele Wohnungen in der Stadt klein sein sollen - und sehr hellhörig.

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