NS-Medizinverbrechen:Erlanger Stadtrat lehnt Stopp für HuPfla-Abriss ab

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Vorher: Die historische Heil- und Pflegeanstalt wurde in der Nazi-Zeit zum Ort von Medizinverbrechen, der "Euthanasie". Die sogenannte Hupfla musste medizinischen Forschungseinrichtungen weichen. (Foto: Olaf Przybilla)

Mit einem Kompromissvorschlag wollten mehrere Parteien neuerliche Gespräche über den Erhalt eines Gebäudeflügels der historischen Heilanstalt erreichen. Ohne Erfolg.

Von Olaf Przybilla, Erlangen

Die Chancen auf den Erhalt größerer Teile der historischen Heil- und Pflegeanstalt in Erlangen (HuPfla) werden immer geringer. Am Donnerstag hat sich der Stadtrat gegen einen von fünf Parteien eingebrachten Kompromissvorschlag entschieden. Ein Dringlichkeitsantrag sah vor, "zumindest zusätzlich ein kleines Stück der Fassade" des noch verbliebenen Gebäudeflügels "als Abbruchkante" zu erhalten.

Mit Stimmen von CSU und SPD votierte der Erlanger Rat dagegen mehrheitlich dafür, die bisherigen Pläne fortzuführen. In der "Heilanstalt" waren zur NS-Zeit Hunderte Patientinnen und Patienten zu Tode gehungert worden. Die Tatorte befanden sich hauptsächlich im Souterrain der beiden Gebäudeflügel. Zugunsten universitärer Forschungseinrichtungen soll auch der zweite Flügel demnächst abgerissen werden.

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Der federführend von den Grünen eingebrachte Alternativvorschlag hätte eine "Irritation" zum Ziel gehabt. In Gesprächen mit staatlichem Bauamt und Uniklinikum sollten auch Vorschläge von Auschwitz Komitee und der Jüdischen Kultusgemeinde geprüft werden. Beide lehnen die Abrisspläne ab. Die jüdische Gemeinde hat vorgeschlagen, das noch verbliebene Untergeschoss einer Hungerstation zu erhalten und mit begrüntem Flachdach zu versehen.

Die Stadtratsmehrheit befürchtet dagegen, der Bau von Forschungsbauten könnte sich verzögern. Würde die Abbruchkante nicht vertikal, sondern schräg ausgeführt, so würde dies "erneuten Umplanungsbedarf auslösen". OB Florian Janik (SPD) weist darauf hin, beim jetzigen Plan handele es sich schon um einen Kompromiss. Dieser sehe vor, im Mittelrisalit des Baus plus "Appendixen" einen Erinnerungsort einzurichten. In Abwägung aller Interessen sei festgestellt worden, dass die geplanten Bauten ohne weiteren Abbruch "nicht oder nur unter Hinnahme inakzeptabler Nachteile" realisiert werden könnten. Auch die Staatsregierung hatte kürzlich eine Eingabe des Auschwitz Komitees, den Abriss zu stoppen, abschlägig beschieden.

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