Neuer Nabokov:Stimme aus dem Jenseits

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Der letzte Wille von Vladimir Nabokov war es, sein letztes Manuskript verbrennen zu lassen. Warum sein Sohn es nun doch veröffentlicht? Ganz einfach: Vladimir hat posthum sein Okay gegeben.

Ijoma Mangold

Über Jahre hat Dmitri Nabokov, der Sohn Vladimir Nabokovs, mit sich und der Fan-Gemeinde gerungen, denn es war keine einfache Entscheidung: Sollte er den letzten, den testamentarischen Willen seines Vaters vollstrecken und das Manuskript von Vladimir Nabokovs Fragment gebliebenem Roman "The Original of Laura" verbrennen?

Vladimir Nabokov war vor allem bekannt für seinen Roman "Lolita", hier Sue Lyon in der Verfilmung von Stanley Kubrick, 1961. (Foto: Foto: dpa)

Das Manuskript lagerte seit Jahrzehnten in einem Schweizer Banksafe. Schon Nabokovs Witwe Vera wollte keine Fakten schaffen. Daraufhin lag die Last der Verantwortung auf Dmitris Schultern.

Einerseits glaubte Dmitri an die große literarische Qualität auch dieses Fragments. Andererseits fürchtete er, dass die Interpretations- und Auslegungswut der internationalen Nabokov-Gemeinde gerade bei einem Fragment, das aufgrund seiner Leerstellen besonders deutungsoffen ist, wild und unkontrolliert sich austoben würde. Sein Impuls war wohl stark, das Andenken seines geliebten Vaters vor dem Witz und dem Vorwitz der Exegeten zu bewahren.

Doch nun gibt es eine frohe Nachricht. Nachdem die Welt lange diesem Entscheidungsprozess bangend gefolgt war, erklärt Dmitri Nabokov nun, dass er das Manuskript nicht dem Feuer übergeben, sondern es publizieren wird. Die Agentur Wylie betreut die Rechte an diesem "neuen Nabokov", und schon im nächsten Jahr wird bei Rowohlt die deutsche Übersetzung erscheinen.

Und als habe er die Welt die ganze Zeit nur genarrt mit seinen Skrupeln, sagt Dmitri nun im Interview mit Vanity Fair, er habe nie im Ernst über Verbrennen nachgedacht. Man muss sich das wohl so vorstellen, dass ihn das Dilemma zwar gequält hat, seine geheime innere Überzeugung aber immer ganz fest gewesen ist.

"Ich wusste einfach nicht, wie ich mit der Angelegenheit umgehen sollte", sagt er nun. Da kam Hilfe von unerwarteter Seite. Es sei ihm gewesen, als spräche sein Vater aus dem Jenseits mit einem trockenen Lächeln zu ihm: "Schau, ich seh, in welcher Zwickmühle du steckst. Warum veröffentlichst du es nicht einfach? Hab' Spaß. Verdien' ein bisschen Geld damit, wenn du willst, und mach dir ansonsten keine Sorgen." So sprach er die unsterblichen Worte.

© SZ vom 14.8.2008/sst - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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